Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Hilfe auf dem Weg zum Erwachsenwerden
In einer Wohngruppe des Vereins Prisma lernen junge Leute, die nicht mehr zuhause leben können, auf eigenen Beinen zu stehen. Bei der Einrichtung half die Kartei der Not. Der angespannte Wohnungsmarkt machte die Suche nach der Immobilie schwierig
Der angespannte Wohnungsmarkt macht in Augsburg Tausenden von Menschen zu schaffen. Wer etwas Passendes gefunden hat, gibt das Domizil meist nicht so ohne Weiteres auf, denn die Suche nach einer Alternative gestaltet sich in der Regel sehr schwierig. Als der Verein Prisma erfuhr, dass seine Jugendwohngruppe wegen des Verkaufs der Immobilie nicht mehr lange in der Lechhauser Humboldtstraße bleiben kann, „war das für uns ein Schlag ins Gesicht“, sagt Einrichtungsleiterin Tanja Schiebler. Wie soll der Verein bloß eine passende Unterkunft für acht bis neun Jugendliche plus der nötigen Gemeinschaftsräume finden, wenn schon Alleinstehende oder kleine Familien leer ausgehen? Nicht nur die Betreuerin hat in dieser Zeit schlecht geschlafen. „Wir hatten Angst, dass es die Wohngruppe nicht mehr lange geben wird.“
Nach vier Jahren „intensiver Suche“stieß Prisma nicht allzu weit vom bisherigen Domizil entfernt in der Stätzlinger Straße auf ein viergeschossiges Haus, das für die Wohngemeinschaft wie geschaffen schien. Der Verein erwarb die Immobilie. Doch sowohl für den Umbau als auch für die Ausstattung war er auf Hilfe angewiesen. Während die Aktion Sternstunden den Umbau finanzierte, griff die Kartei der Not, das Leserhilfswerk unserer Zeitung, dem privaten Jugendhilfeträger bei der Einrichtung unter die Arme.
Das Kuratorium der Kartei der Not habe zur Förderung der neuen Jugendwohngruppe eine Beihilfe in
Höhe von 20.890 Euro beschlossen, um einen Beitrag zu einem möglichst guten Start der jungen Leute in ihr eigenes Leben zu leisten, sagt Arnd Hansen, der Geschäftsführer der Kartei der Not. Tanja Schiebler ist für die Spenden dankbar: „Ohne diese Hilfe hätten wir den Umzug nicht stemmen können“.
Eines der neuen Möbel steht im Wohnzimmer. Dennis hat es sich auf dem Sofa bequem gemacht. Dass er mit seinen 17 Jahren aktuell der jüngste Bewohner ist, mag verwundern. Prisma hat sich auf die Betreuung von älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen spezialisiert und kümmert sich in der Stätzlinger Straße um junge Frauen und Männer zwischen 16 und 21 Jahren. Ziel sei es, sie auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu begleiten – mit allem, was dazugehört wie Geld einteilen, Kochen und den Haushalt führen. „Fast niemand von unseren Bewohnern kehrt mehr in seine Ursprungsfamilie zurück“, erklärt Schiebler. Die Gründe, warum die jungen Menschen nicht bei ihren Eltern leben, seien vielfältig und reichten von Überforderung bis hin zur emotionalen Vernachlässigung.
Auch Dennis ist „schon länger von zuhause weg“. Über die Gründe schweigt sich der schmale 17-Jährige aus. Lieber erzählt er, dass er sich in der Stätzlinger Straße wohlfühle und das Verhältnis zu seinen Betreuern entspannt sei. „Auch wir Jugendlichen kommen miteinander gut klar.“„Wir“, das sind fünf junge Frauen und drei heranwachsende Männer, die alle in der Wohngruppe ein eigenes Zimmer haben. Wie lange Dennis der Gemeinschaft angehört, bleibt abzuwarten. Zunächst will er den Schulabschluss schaffen und einen Ausbildungsplatz finden. „Ich möchte gerne Karosseriebauer werden.“
Zum privaten Jugendhilfeträger Prisma gehören drei betreute Wohngruppen und -gemeinschaften sowie diverse ambulante Hilfen. Darüber hinaus ist der Verein Träger des Familienstützpunktes im Bärenkeller.