Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
So klappt der Umzug im Alter
Viele Ältere wagen diesen Schritt erst, wenn es unvermeidbar ist. Wie es leichter fällt
Heidelberg/frankfurt So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu wohnen, das ist für viele ältere Menschen nach wie vor das Ziel. Ein Großteil von ihnen verbindet einen anstehenden Umzug vor allem mit Stress. Doch es geht anders. Wie der Neuanfang gelingt:
Lieber frühzeitig Gedanken machen
Wenn die Stufen hinauf zur Wohnung unüberwindbar scheinen und der Haushalt zur immer größeren Herausforderung wird, beginnen viele ältere Menschen und ihre Angehörigen zu überlegen, ob nicht ein Umzug in eine barrierefreie Wohnung oder in eine betreute Wohnform das Leben erleichtern würde. Dadurch werde der Umzug allerdings oft negativ wahrgenommen, sagt die Psychologin Eva Asselmann. Nämlich als ein Hinweis darauf, dass man nicht mehr so fit und selbstständig ist. Wenn der Umzug dagegen noch nicht akut notwendig ist, lässt sich ein neutraleres Bild machen. Asselmann empfiehlt, sich schon mit 50 oder 60 Jahren zu überlegen, wie man in 15 Jahren leben möchte. „Wenn man noch fit ist, erscheint das Alter zwar in weiter Ferne, aber es kann auch beruhigend sein, so früh zu planen“, sagt sie.
Emotionale Gründe ernst nehmen
„Je älter Menschen werden, desto schwieriger werden Veränderungen für sie“, erklärt Sabrina Odijk, die das Soziale Ehrenamt beim Malteser Hilfsdienst leitet. Gerade alte Menschen vertrauen viel auf Routinen, insbesondere wenn noch eine Demenz hinzukommt. Ein kompletter Neuanfang kann oftmals verunsichern. Dazu kommt: Wer schon lange an einem Ort wohnt, ist oft stark gebunden an sein Zuhause, die Umgebung und die Nachbarschaft. „Umzüge gelten generell als kritische Lebensereignisse, die mit viel Umstellung verbunden sind“, sagt der Psychologe und Alternsforscher Hans-werner Wahl. Für die Betroffenen fühlt sich die Situation meist anders an, als sie von außen erscheinen mag. „Einige ältere Menschen gehen aus Gründen der Verbundenheit lieber das Risiko ein, auf ihrer Treppe zu stolpern, als diese Treppe umzubauen oder sich gar vom dazugehörigen Zuhause zu trennen“, sagt Alternsforscher Frank Oswald, der seit rund 20 Jahren zu Entwicklung, Lebensqualität und Wohnen im höheren Alter forscht. Angehörige sollten dies ernst nehmen.
Vorteile und Nachteile abwägen
Am besten setze man sich gemeinsam hin und schreibe eine Liste mit allen Vor- und Nachteilen auf, rät Hans-werner Wahl. Eine „wohlgemeinte Überfürsorglichkeit“könne indes schnell dazu führen, dass sich die ältere Person entmündigt fühlt, warnt Sabrina Odijk. Selbst bei kognitiv beeinträchtigten Menschen sei es wichtig, einen partnerschaftlichen Umgang zu wahren, sagt Wahl – damit die ältere Person Teil des Geschehens bleibe.
Mit neuem Wohnort beschäftigen
Fühlt man sich bei den wichtigen Entscheidungen zum Umzug gut eingebunden, gelingt die Anpassung an den neuen Ort oft besser. Besonders bedeutsam ist dabei, wie aktiv man dort am Leben teilhaben könne, sagt Psychologin Asselmann. Eine barrierefreie Wohnung bietet zwar eine wichtige Grundlage, bringt aber wenig, wenn die Umgebung nicht passt. Wie weit ist es zum nächsten Supermarkt und zur Apotheke? Welche Seniorentreffs und Freizeitangebote gibt es? Sind Familie und Freunde gut erreichbar? Wer sich möglichst viel und oft mit dem neuen Wohnort beschäftigt, kann neue Sicherheit gewinnen.
Zeit lassen für das Abschiednehmen
Ein erfolgreiches Ankommen beginnt schon beim Abschiednehmen von der alten Heimat, sagt Alternsforscher Oswald. Besonders wenn der Umzug mit einer Verkleinerung einhergeht, muss man sich von vielen lieb gewonnen Gegenständen trennen. Was wichtig ist, kann man nur selbst entscheiden – nicht die Angehörigen. Beim Entrümpeln sollte man sich, wenn es geht, unbedingt aktiv einbringen – die Angehörigen sollten hier darauf achten, dass das nach Möglichkeit geschieht. Das Aussortieren von Gegenständen fällt oft leichter, wenn ein Großteil nicht auf dem Sperrmüll landet, sondern weiterverschenkt oder für einen guten Zweck gespendet werden kann. Statt rigoros zu entsorgen, rät Hans-werner Wahl, sich bewusst Zeit für den Abschied zu nehmen und sich beispielsweise vor Augen zu führen, welche Rolle ein treues Möbelstück im Leben gespielt habe. Ein weiterer Tipp von Wahl: „Eine kleine Umzugsfeier, vielleicht auch noch mit gemeinsamen Essen, kann helfen, um sich abzunabeln.“