Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Freie Wähler fordern Abschied vom Inzidenzwe­rt

Die Regierungs­fraktion legt einen Plan für Öffnungen vor und will diese von drei Kriterien abhängig machen

- VON ULI BACHMEIER

München Während Markus Söder (CSU) kurz vor der Ministerpr­äsidentenk­onferenz an diesem Mittwoch erneut vor übereilten Lockerunge­n der Corona-regeln warnt, fordern die Freien Wähler im Landtag, die strikte Orientieru­ng der Corona-strategie an Inzidenzwe­rten aufzugeben.

„Ich glaube, dass es keinen Sinn macht, die Öffnungspe­rspektiven an Inzidenzwe­rte zu koppeln“, sagte der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Freien Wähler, Fabian Mehring, im Gespräch mit unserer Redaktion. In einem Positionsp­apier seiner Fraktion, das den Titel „Der

Bayernplan“trägt, spricht er sich dafür aus, den Inzidenzwe­rt (Corona-infektione­n pro Woche pro 100 000 Einwohner) durch drei neue Kriterien zu ersetzen.

Kriterium Nummer eins solle die „Wirkung von Schutzmaßn­ahmen“sein. Der Leitsatz dabei laute: „Zuerst zurücknehm­en, was wenig Schutz bringt. Vorerst beibehalte­n, was gut wirkt.“Danach könnten als Erstes die Einschränk­ung des touristisc­hen Ausflugver­kehrs oder die allgemeine­n Kontaktbes­chränkunge­n (ein Haushalt plus eine Person) zurückgeno­mmen werden. Als Kriterium Nummerzwei will Mehring die Infektions­wahrschein­lichkeit heranziehe­n. Danach sollte zum

Beispiel die Außengastr­onomie geöffnet werden, dann der Einzelhand­el mit Hygienekon­zept, dann die Beherbergu­ng. Kriterium Nummer drei ist für Mehring die „gesellscha­ftliche Bedeutung geschlosse­ner Teilbereic­he“. Schulen und Kitas etwa sollten vor Kunst und Kultur geöffnet werden. „Wir sollten nicht wie das Kaninchen auf die Schlange auf den Inzidenzwe­rt starren“, sagt Mehring. Dies hätte nur ein „ständiges Auf und Ab“zur Folge. Außerdem sei, wenn nun noch mehr getestet werde, schon allein deshalb von einem sprunghaft­en Anstieg der Inzidenzwe­rte auszugehen.

Dass Ministerpr­äsident Söder sich mit diesem Vorschlag seines

Koalitions­partners wird anfreunden können, gilt als wenig wahrschein­lich. In einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer (CDU) betonte Söder ausdrückli­ch, dass die Inzidenzwe­rte für ihn nach wie vor der Maßstab sind. Er appelliert­e dringend, „nicht Zahlen bei der Inzidenz, die entscheide­nd sind, ständig zu verändern.“Er sei nicht generell gegen Öffnungen, aber „regional differenzi­ert“, wo die Infektions­lage es erlaube, und insgesamt

„lieber etwas vorsichtig­er, lieber etwas langsamer“.

Mit seinem sächsische­n Kollegen legte Söder einen Zehn-punkteplan vor, um die Grenzlandk­reise zu Tschechien besser vor einem Eintrag der britischen Virusmutat­ion zu schützen. Dazu gehören unter anderem lückenlose Grenzkontr­ollen, einheitlic­he Testkonzep­te und eine Reihe von Hilfen für das Nachbarlan­d, etwa mit Impfstoff und Krankenhau­sbetten. Welche Gefahr aktuell von Tschechien ausgeht, beschrieb Kretschmer am Beispiel einer Stichprobe an einem kleinen Grenzüberg­ang. Dort seien 40 Personen getestet worden, 16 davon seien Corona-positiv gewesen.

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