Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Hayböck ist plötzlich zum Geburtstag daheim

Der Österreich­er hat es nicht ins Aufgebot für die beiden abschließe­nden Wm-wettbewerb­e von der Großschanz­e geschafft und ist bereits abgereist. Warum sich wohl vor allem Stefan Kraft darüber ärgert

- VON MARCO SCHEINHOF

Oberstdorf Jetzt muss sich Stefan Kraft selbst um seine technische­n Probleme kümmern. Zumindest um die, die nichts mit der Schanze zu tun haben, den Alltag in der Corona-pandemie aber deutlich erschweren. Pressekonf­erenzen finden wegen des Hygienekon­zeptes bei der Nordischen SKI-WM in Oberstdorf nur virtuell statt. So trafen sich in dieser Woche Kraft, sein Kollege Michael Hayböck und Trainer Andreas Widhölzl mit den Journalist­en per Video aus dem Teamhotel der Österreich­er. Kraft war dabei im Zimmer geblieben, Hayböck hatte sich ins Bad verzogen. Kraft allerdings schaffte es nicht, seinen Ton am Laptop so einzustell­en, dass er zu hören war. Nur Hayböck vernahm seine Stimme durch die Wand. Da Kraft bei der Lösungssuc­he scheiterte, gab ihm Hayböck seine Kopfhörer – und plötzlich waren alle zu verstehen. „Der Kraft und Technik“, sagte Hayböck und schmunzelt­e.

Seine Laune war zu diesem Zeitpunkt noch gut. Von der Normalscha­nze hatte er Platz sieben geholt, mit dem Mixed-team sogar die Bronzemeda­ille. Nun aber hat er die

Teilnahme am Wettbewerb von der Großschanz­e am Freitag (17 Uhr) verpasst. Seine Leistungen im Training waren enttäusche­nd, sodass sich Widhölzl für andere Athleten entschied. Das werden Kraft, Philipp Aschenwald, Daniel Huber und Jan Hörl sein. Für Hayböck ist das eine Enttäuschu­ng. Er ist bereits aus Oberstdorf abgereist und wird seinen 30. Geburtstag am Freitag im

Kreis seiner Familie feiern. Lieber aber wäre er noch einmal im Kampf um die Medaillen angetreten. Daraus wird nun nichts. Dafür haben seine Kollegen im Vergleich zu ihm zu starke Leistungen gezeigt.

Die Mixed-medaille hat den Skispringe­rn des Österreich­ischen Skiverband­s (ÖSV) etwas Ruhe gebracht, Kritik aber gibt es in dem winterspor­tbegeister­ten Land trotzdem. Widhölzl weiß das, er sagte: „Es ist kein einfacher Winter für uns.“Ein Vorwurf war wohl, dass die Athleten zu schnell zufrieden seien und sich nicht über schlechte Platzierun­gen ausreichen­d ärgern würden. Fehlender Ehrgeiz also? „Bei uns ist keiner mit dem 20. Platz zufrieden, sonst wäre er am falschen Platz“, sagte Widhölzl.

Er selbst hatte 2005 bei der WM in Oberstdorf zweimal Gold im Team geholt. Und dabei seine Kollegen Thomas Morgenster­n, Wolfgang Loitzl und Martin Höllwarth besonders motiviert. Er hatte den Text der Nationalhy­mne ausgedruck­t und seinen Kollegen in die Hand gedrückt mit den Worten: „Lernt das, wir brauchen das noch.“Es wirkte. Stefan Kraft sagte nun dazu: „Das braucht es diesmal nicht, den Text kennen wir schon.“

 ??  ?? Michael Hayböck
Michael Hayböck

Newspapers in German

Newspapers from Germany