Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Neue Coronaregeln
Alles hängt im Moment an der Sieben-tage-inzidenz: In Augsburg darf der Handel ab Montag wohl nur sehr eingeschränkt öffnen, im Umland dagegen stehen größere Lockerungen an. Kommt ein Einkaufs-tourismus?
In Augsburg darf der Handel ab Montag wohl nur sehr eingeschränkt öffnen. Im Umland dagegen stehen bereits größere Lockerungen an. »
Ab Montag soll der Lockdown gelockert werden und Geschäfte können, abhängig vom Infektionsgeschehen vor Ort, wieder öffnen. Was das genau für die Stadt Augsburg bedeutet, ist noch unklar. Es sieht aber nicht nach größeren Öffnungen aus. Oberbürgermeisterin Eva Weber (CSU) sagte am Freitag, die Regelungen für die Öffnung seien „komplex“. Das stelle die Stadt vor eine „große Herausforderung“. Die Stadt werde deshalb tagesaktuell bekannt geben, welche Lockerungen des Lockdowns möglich seien. Der entscheidende Wert ist dabei weiter die sogenannte Siebentage-inzidenz, also die Summe der Neuinfektionen binnen einer Woche, gerechnet auf 100.000 Einwohner. Viel hängt ab von der Frage, ob der Wert über oder unter 50 liegt. In Augsburg könnte das in der nächste Zeit eine knappe Angelegenheit werden - denn seit Mitte Februar bewegt sich die Inzidenz nahe an dieser 50er-grenze.
Vorgesehen in Bayern ist, dass der Einzelhandel wieder öffnen darf, wenn die Inzidenz in einer kreisfreien Stadt wie Augsburg oder einem Landkreis unter 50 liegt. Für die Geschäfte gilt dann eine Begrenzung der Kundenzahl und eine Ffp2-maskenpflicht. Ansonsten aber darf wieder normal verkauft werden. Liegt die Inzidenz dagegen über der Schwelle von 50, dann bleibt es bei starken Einschränkungen. Kunden dürfen dann zwar auch wieder in die Geschäfte kommen, aber nur mit Voranmeldung und Registrierung, damit im Fall einer Infektion die Kontakte nachverfolgt werden können. Die Staatsregierung hat beschlossen, dass die Inzidenz drei Tage hintereinander unter 50 liegen muss, um die größeren Lockerungen zu erlauben.
Bei der Stadt Augsburg geht man davon aus, dass erst einmal die Regeln für einen Sieben-tage-wert jenseits der 50 gelten - also ohne größere Öffnungen im Handel. Das sei derzeit am wahrscheinlichsten, sagt OB Weber. Spätestens am Sonntag will der Freistaat bekannt geben, welcher Region wie eingestuft wird. Ein bisschen mehr Freizeitprogramm ist aber auch bei einer Inzidenz über 50 wieder möglich. Zoo und Botanischer Garten dürfen dann wieder für Besucher öffnen, wenn diese vorher einen Termin buchen und ihre Daten registriert werden. Dasselbe gilt für Museen, Galerien und Gedenkstätten. Die Museen würden auf eine Wiederöffnung aktuell vorbereitet, sagt Eva Weber. Ab nächster Woche sollen der Innenhof des Maximilianmuseums und der Garten des Schaezlerpalais zugänglich sein, ab 15. März dann auch die Museen. Nur Mozarthaus und Brechthaus müssen wohl weiter ganz zu bleiben - da es in diesen Häuser zu beengt ist, um den Infektionsschutz zu gewährleisten. Für die Schulen würden die derzeitigen Inzidenzwerte in Augsburg bedeuten, dass ab 15. März über alle Schularten hinweg und für alle Jahrgangsstufen ein Wechselunterricht stattfindet, in den Kitas ein „eingeschränkter Regelbetrieb“.
Problematisch könnte in den nächsten Tagen und Wochen das Stadt-land-gefälle bei den Infektionen werden. Im Landkreis Augsburg lag die Inzidenz länger unter 50, inzwischen kratzt der Kreis aber wieder an der Marke. Gegenwärtig sieht es zwar so aus, als ob der Handel dort am Montag wieder öffnen kann. Die Frage ist jedoch, wie lange. Der Landkreis Aichach-friedberg hingegen liegt schon länger stabil unter 50 - hier dürfen die Geschäfte ab Montag wieder öffnen.
Im Augsburger Rathaus sieht man das mit Sorgenfalten. Es könnte ein Einkaufs-tourismus einsetzen, etwa ins Friedberger Fachmarktzentrum, das nur ein paar hundert Meter von der Stadtgrenze entfernt ist. Ähnlich wäre die Lage wohl im Stadtberger Gewerbegebiet, sollte der Kreis Augsburg stabil unter 50 bleiben. An was derzeit lieber keiner denken will: Sollte die Inzidenz wieder über 100 klettern, wie zuletzt vor rund einem Monat, käme der volle Lockdown zurück.
Eva Weber sagt, sie sei froh darüber, dass es jetzt eine Perspektive für Öffnungen gebe. Dafür sei es „an der Zeit“. Gleichzeitig sei aber weiter Disziplin erforderlich. Es gehe darum, die „Freiheit zu nutzen, aber nicht auszunutzen“. Die nächste Zeit werde eine Herausforderung, weil die Zahl der Neuinfektionen derzeit eher wieder steige. Die vom Robert-koch-institut berechnete Sieben-tage-inzidenz lag am Freitag in Augsburg bei 52,9.
Thomas Wibmer, der kommissarische Leiter des Augsburger Gesundheitsamtes, sieht die anstehenden Lockerungen mit gemischten Gefühlen. Er hätte dafür plädiert, den Lockdown noch drei Wochen länger durchzuhalten, sagt er. Es sei eine politische Entscheidung gewesen, die aber „tragbar“sei. Anders als zu Beginn der zweiten Coronawelle im Herbst könne man die Entwicklung der Infektionszahlen derzeit besser einschätzen. Im verstädtischen gangenen Herbst sei das durch viele Reiserückkehrer viel schlechter einzuschätzen gewesen. Wibmer sagt rückblickend: „Wir wussten nicht genau, was kommt.“Zahlreiche Rückkehrer hätten damals zudem keine korrekten Angaben gemacht.
Der Leiter des Gesundheitsamtes rechnet mit einer dritten Welle, ausgelöst vor allem durch Virusmutationen. Gleichzeitig ist er optimistischer, die Welle besser kontrollieren zu können. Die Infektionszahlen der vergangenen Wochen zeigen seiner Einschätzung nach auch, dass die Impfungen bereits wirken. Zunächst hatte die Stadt vor allem die Bewohner und Beschäftigten von Seniorenheimen impfen lassen. Das zahlt sich laut Thomas Wibmer schon jetzt aus. Die Zahl der Infektionen bei älteren Menschen gehe zurück, insbesondere die Infektionen in Heimen.