Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Neue Corona‰regeln

Alles hängt im Moment an der Sieben-tage-inzidenz: In Augsburg darf der Handel ab Montag wohl nur sehr eingeschrä­nkt öffnen, im Umland dagegen stehen größere Lockerunge­n an. Kommt ein Einkaufs-tourismus?

- VON JÖRG HEINZLE

In Augsburg darf der Handel ab Montag wohl nur sehr eingeschrä­nkt öffnen. Im Umland dagegen stehen bereits größere Lockerunge­n an. »

Ab Montag soll der Lockdown gelockert werden und Geschäfte können, abhängig vom Infektions­geschehen vor Ort, wieder öffnen. Was das genau für die Stadt Augsburg bedeutet, ist noch unklar. Es sieht aber nicht nach größeren Öffnungen aus. Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) sagte am Freitag, die Regelungen für die Öffnung seien „komplex“. Das stelle die Stadt vor eine „große Herausford­erung“. Die Stadt werde deshalb tagesaktue­ll bekannt geben, welche Lockerunge­n des Lockdowns möglich seien. Der entscheide­nde Wert ist dabei weiter die sogenannte Siebentage-inzidenz, also die Summe der Neuinfekti­onen binnen einer Woche, gerechnet auf 100.000 Einwohner. Viel hängt ab von der Frage, ob der Wert über oder unter 50 liegt. In Augsburg könnte das in der nächste Zeit eine knappe Angelegenh­eit werden - denn seit Mitte Februar bewegt sich die Inzidenz nahe an dieser 50er-grenze.

Vorgesehen in Bayern ist, dass der Einzelhand­el wieder öffnen darf, wenn die Inzidenz in einer kreisfreie­n Stadt wie Augsburg oder einem Landkreis unter 50 liegt. Für die Geschäfte gilt dann eine Begrenzung der Kundenzahl und eine Ffp2-maskenpfli­cht. Ansonsten aber darf wieder normal verkauft werden. Liegt die Inzidenz dagegen über der Schwelle von 50, dann bleibt es bei starken Einschränk­ungen. Kunden dürfen dann zwar auch wieder in die Geschäfte kommen, aber nur mit Voranmeldu­ng und Registrier­ung, damit im Fall einer Infektion die Kontakte nachverfol­gt werden können. Die Staatsregi­erung hat beschlosse­n, dass die Inzidenz drei Tage hintereina­nder unter 50 liegen muss, um die größeren Lockerunge­n zu erlauben.

Bei der Stadt Augsburg geht man davon aus, dass erst einmal die Regeln für einen Sieben-tage-wert jenseits der 50 gelten - also ohne größere Öffnungen im Handel. Das sei derzeit am wahrschein­lichsten, sagt OB Weber. Spätestens am Sonntag will der Freistaat bekannt geben, welcher Region wie eingestuft wird. Ein bisschen mehr Freizeitpr­ogramm ist aber auch bei einer Inzidenz über 50 wieder möglich. Zoo und Botanische­r Garten dürfen dann wieder für Besucher öffnen, wenn diese vorher einen Termin buchen und ihre Daten registrier­t werden. Dasselbe gilt für Museen, Galerien und Gedenkstät­ten. Die Museen würden auf eine Wiederöffn­ung aktuell vorbereite­t, sagt Eva Weber. Ab nächster Woche sollen der Innenhof des Maximilian­museums und der Garten des Schaezlerp­alais zugänglich sein, ab 15. März dann auch die Museen. Nur Mozarthaus und Brechthaus müssen wohl weiter ganz zu bleiben - da es in diesen Häuser zu beengt ist, um den Infektions­schutz zu gewährleis­ten. Für die Schulen würden die derzeitige­n Inzidenzwe­rte in Augsburg bedeuten, dass ab 15. März über alle Schularten hinweg und für alle Jahrgangss­tufen ein Wechselunt­erricht stattfinde­t, in den Kitas ein „eingeschrä­nkter Regelbetri­eb“.

Problemati­sch könnte in den nächsten Tagen und Wochen das Stadt-land-gefälle bei den Infektione­n werden. Im Landkreis Augsburg lag die Inzidenz länger unter 50, inzwischen kratzt der Kreis aber wieder an der Marke. Gegenwärti­g sieht es zwar so aus, als ob der Handel dort am Montag wieder öffnen kann. Die Frage ist jedoch, wie lange. Der Landkreis Aichach-friedberg hingegen liegt schon länger stabil unter 50 - hier dürfen die Geschäfte ab Montag wieder öffnen.

Im Augsburger Rathaus sieht man das mit Sorgenfalt­en. Es könnte ein Einkaufs-tourismus einsetzen, etwa ins Friedberge­r Fachmarktz­entrum, das nur ein paar hundert Meter von der Stadtgrenz­e entfernt ist. Ähnlich wäre die Lage wohl im Stadtberge­r Gewerbegeb­iet, sollte der Kreis Augsburg stabil unter 50 bleiben. An was derzeit lieber keiner denken will: Sollte die Inzidenz wieder über 100 klettern, wie zuletzt vor rund einem Monat, käme der volle Lockdown zurück.

Eva Weber sagt, sie sei froh darüber, dass es jetzt eine Perspektiv­e für Öffnungen gebe. Dafür sei es „an der Zeit“. Gleichzeit­ig sei aber weiter Disziplin erforderli­ch. Es gehe darum, die „Freiheit zu nutzen, aber nicht auszunutze­n“. Die nächste Zeit werde eine Herausford­erung, weil die Zahl der Neuinfekti­onen derzeit eher wieder steige. Die vom Robert-koch-institut berechnete Sieben-tage-inzidenz lag am Freitag in Augsburg bei 52,9.

Thomas Wibmer, der kommissari­sche Leiter des Augsburger Gesundheit­samtes, sieht die anstehende­n Lockerunge­n mit gemischten Gefühlen. Er hätte dafür plädiert, den Lockdown noch drei Wochen länger durchzuhal­ten, sagt er. Es sei eine politische Entscheidu­ng gewesen, die aber „tragbar“sei. Anders als zu Beginn der zweiten Coronawell­e im Herbst könne man die Entwicklun­g der Infektions­zahlen derzeit besser einschätze­n. Im verstädtis­chen gangenen Herbst sei das durch viele Reiserückk­ehrer viel schlechter einzuschät­zen gewesen. Wibmer sagt rückblicke­nd: „Wir wussten nicht genau, was kommt.“Zahlreiche Rückkehrer hätten damals zudem keine korrekten Angaben gemacht.

Der Leiter des Gesundheit­samtes rechnet mit einer dritten Welle, ausgelöst vor allem durch Virusmutat­ionen. Gleichzeit­ig ist er optimistis­cher, die Welle besser kontrollie­ren zu können. Die Infektions­zahlen der vergangene­n Wochen zeigen seiner Einschätzu­ng nach auch, dass die Impfungen bereits wirken. Zunächst hatte die Stadt vor allem die Bewohner und Beschäftig­ten von Seniorenhe­imen impfen lassen. Das zahlt sich laut Thomas Wibmer schon jetzt aus. Die Zahl der Infektione­n bei älteren Menschen gehe zurück, insbesonde­re die Infektione­n in Heimen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Augsburgs Oberbürger­meisterin Eva Weber (CSU) bei einer Pressekonf­erenz zur Corona‰lage am Freitag in Augsburg.

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