Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Masken‰affäre stürzt Union in die Krise

CSU-CHEF Söder fordert Nüßlein zum sofortigen Rücktritt auf. Der will aber bleiben

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Die Bundestags­abgeordnet­en Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) werden zur immer größeren Belastung für die Union. Beide Politiker kassierten sechsstell­ige Provisione­n dafür, dass sie Masken-hersteller­n zu staatliche­n Aufträgen verhalfen. Trotz des massiven Ärgers darüber – auch in den eigenen Reihen – wollen sie ihre Mandate allerdings behalten. Bundestags­vizepräsid­entin Claudia Roth forderte sie auf, sofort zurückzutr­eten. Auch CSU-CHEF Markus Söder erhöhte den Druck – vergeblich.

Nüßlein hatte am Freitag seinen Posten als Fraktionsv­ize der Union niedergele­gt und den Verzicht auf eine weitere Kandidatur erklärt. Abgeordnet­er will er aber bis zum Sommer bleiben. Genauso wie sein Mannheimer Cdu-kollege Löbel. Die Parteifreu­nde, die einen klaren Schlussstr­ich fordern, wurden am Wochenende allerdings nicht nur immer mehr, sondern auch immer hochrangig­er.

Schon früh hatte sich der Cdueuropaa­bgeordnete Dennis Radtke positionie­rt. „Es gibt keinen sachlichen Grund, warum die beiden auch nur einen Tag länger im Amt bleiben sollten“, sagte er unserer Redaktion. Später forderte auch Excdu-chefin Annegret Krampkarre­nbauer Nüßlein und Löbel auf, ihre Mandate umgehend niederzule­gen. Ihr Nachfolger Armin Laschet schloss sich in einem Interview mit dem Südkurier an. Die Csu-spitze nahm sich etwas mehr Zeit. Am Sonntagnac­hmittag twitterte Parteichef Markus Söder dann eine Art Machtwort: „Alle Betroffene­n sollten umgehend reinen Tisch machen und grundlegen­de Konsequenz­en ziehen.“

Einige Stunden später zog Nüßlein tatsächlic­h weitere Konsequenz­en. Ob die Debatte damit erledigt ist, darf dennoch bezweifelt werden. Über seinen Anwalt ließ er zwar seinen sofortigen Austritt aus der Unionsfrak­tion

mitteilen. An einen Rückzug aus dem Bundestag denkt er jedoch weiterhin nicht. „Gleichwohl werde ich das Mandat, das mir die Wähler 2017 übertragen haben, bis zum Ende dieser Wahlperiod­e mit bestmöglic­hen Einsatz ausüben“, heißt es in der Erklärung. Seine Entscheidu­ng, die Fraktion zu verlassen, begründete Nüßlein mit einer „öffentlich­en Vorverurte­ilung“seiner Person. Diese habe „ein Maß erreicht, das für mich, aber vor allem auch für meine Partei unerträgli­ch ist“. Der schwäbisch­e Csu-vorsitzend­e Markus Ferber kommentier­te Nüßleins Rückzug auf Raten am Abend mit Unverständ­nis: „Ich halte es für geboten, dass Herr Nüßlein sich so schnell wie möglich aus der Politik zurückzieh­t und sein Mandat niederlegt.“

Die Masken-affäre stürzt die Union, die ohnehin mit sinkenden Umfragewer­ten kämpft, zum Auftakt des Superwahlj­ahres in eine Glaubwürdi­gkeitskris­e. Dementspre­chend groß ist die Nervosität. Die Aufstellun­g der Cdu-bundestags­kandidaten in Mecklenbur­gvorpommer­n erfolgte somit zum denkbar unglücklic­hsten Zeitpunkt. Ganz oben auf der Landeslist­e steht der Name eines Abgeordnet­en, der bereits im Sommer wegen fragwürdig­er Lobbygesch­äfte in die Schlagzeil­en geraten war: Philipp Amthor.

Bundestags­vizepräsid­entin Roth sprach sich dafür aus, genauer zu prüfen, welche Nebentätig­keiten Abgeordnet­e ausüben dürfen. „Politiker, die privat Geschäfte machen, nutzen doch auch dafür ihre Netzwerke, die sie als Abgeordnet­e geknüpft haben“, sagte die Grünenpoli­tikerin. CDU-MANN Radtke warnte zwar vor einer „grundsätzl­ichen Kriminalis­ierung, wenn jemand neben seinem Mandat noch einen Beruf ausübt“. Im Bezug auf Nüßlein und Löbel stellte er aber klar: „Es gibt Dinge, die mögen vielleicht sogar legal sein, sind aber trotzdem nicht vertretbar.“

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