Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Maskenaffäre stürzt Union in die Krise
CSU-CHEF Söder fordert Nüßlein zum sofortigen Rücktritt auf. Der will aber bleiben
Augsburg Die Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (CSU) und Nikolas Löbel (CDU) werden zur immer größeren Belastung für die Union. Beide Politiker kassierten sechsstellige Provisionen dafür, dass sie Masken-herstellern zu staatlichen Aufträgen verhalfen. Trotz des massiven Ärgers darüber – auch in den eigenen Reihen – wollen sie ihre Mandate allerdings behalten. Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth forderte sie auf, sofort zurückzutreten. Auch CSU-CHEF Markus Söder erhöhte den Druck – vergeblich.
Nüßlein hatte am Freitag seinen Posten als Fraktionsvize der Union niedergelegt und den Verzicht auf eine weitere Kandidatur erklärt. Abgeordneter will er aber bis zum Sommer bleiben. Genauso wie sein Mannheimer Cdu-kollege Löbel. Die Parteifreunde, die einen klaren Schlussstrich fordern, wurden am Wochenende allerdings nicht nur immer mehr, sondern auch immer hochrangiger.
Schon früh hatte sich der Cdueuropaabgeordnete Dennis Radtke positioniert. „Es gibt keinen sachlichen Grund, warum die beiden auch nur einen Tag länger im Amt bleiben sollten“, sagte er unserer Redaktion. Später forderte auch Excdu-chefin Annegret Krampkarrenbauer Nüßlein und Löbel auf, ihre Mandate umgehend niederzulegen. Ihr Nachfolger Armin Laschet schloss sich in einem Interview mit dem Südkurier an. Die Csu-spitze nahm sich etwas mehr Zeit. Am Sonntagnachmittag twitterte Parteichef Markus Söder dann eine Art Machtwort: „Alle Betroffenen sollten umgehend reinen Tisch machen und grundlegende Konsequenzen ziehen.“
Einige Stunden später zog Nüßlein tatsächlich weitere Konsequenzen. Ob die Debatte damit erledigt ist, darf dennoch bezweifelt werden. Über seinen Anwalt ließ er zwar seinen sofortigen Austritt aus der Unionsfraktion
mitteilen. An einen Rückzug aus dem Bundestag denkt er jedoch weiterhin nicht. „Gleichwohl werde ich das Mandat, das mir die Wähler 2017 übertragen haben, bis zum Ende dieser Wahlperiode mit bestmöglichen Einsatz ausüben“, heißt es in der Erklärung. Seine Entscheidung, die Fraktion zu verlassen, begründete Nüßlein mit einer „öffentlichen Vorverurteilung“seiner Person. Diese habe „ein Maß erreicht, das für mich, aber vor allem auch für meine Partei unerträglich ist“. Der schwäbische Csu-vorsitzende Markus Ferber kommentierte Nüßleins Rückzug auf Raten am Abend mit Unverständnis: „Ich halte es für geboten, dass Herr Nüßlein sich so schnell wie möglich aus der Politik zurückzieht und sein Mandat niederlegt.“
Die Masken-affäre stürzt die Union, die ohnehin mit sinkenden Umfragewerten kämpft, zum Auftakt des Superwahljahres in eine Glaubwürdigkeitskrise. Dementsprechend groß ist die Nervosität. Die Aufstellung der Cdu-bundestagskandidaten in Mecklenburgvorpommern erfolgte somit zum denkbar unglücklichsten Zeitpunkt. Ganz oben auf der Landesliste steht der Name eines Abgeordneten, der bereits im Sommer wegen fragwürdiger Lobbygeschäfte in die Schlagzeilen geraten war: Philipp Amthor.
Bundestagsvizepräsidentin Roth sprach sich dafür aus, genauer zu prüfen, welche Nebentätigkeiten Abgeordnete ausüben dürfen. „Politiker, die privat Geschäfte machen, nutzen doch auch dafür ihre Netzwerke, die sie als Abgeordnete geknüpft haben“, sagte die Grünenpolitikerin. CDU-MANN Radtke warnte zwar vor einer „grundsätzlichen Kriminalisierung, wenn jemand neben seinem Mandat noch einen Beruf ausübt“. Im Bezug auf Nüßlein und Löbel stellte er aber klar: „Es gibt Dinge, die mögen vielleicht sogar legal sein, sind aber trotzdem nicht vertretbar.“