Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum es richtig war, die Nordische SKI-WM auszutrage­n

Titelkämpf­e in der Pandemie – das war auch in Oberstdorf umstritten. Doch eine Absage hätte Verträge verletzt. Die Organisato­ren machten das Beste aus der Situation

- VON MARCO SCHEINHOF marco.scheinhof@augsburger‰allgemeine.de

Am Ende hat es doch noch geschneit. Für einen Moment wirkte es so, als hätte hier eine ganz normale Weltmeiste­rschaft stattgefun­den. Nach den frühlingsh­aften Temperatur­en hatte Oberstdorf sich zum Abschied ein weißes Kleid übergestre­ift. Es waren die Bilder, auf die die Organisato­ren gehofft hatten. Bei ihrer Nordischen SKI-WM, die für so viele Diskussion­en gesorgt hatte. Fans waren nicht dabei, das ließ das Coronaviru­s nicht zu. Es waren die Tage des Fernsehens – die Liveübertr­agungen brachten Oberstdorf in die Wohnzimmer. Immerhin das. Doch gehofft hatten sie in Oberstdorf auf anderes.

Der Ort lebt vom Tourismus. Eine WM, an der Gäste aus vielen Ländern teilhaben, ist die perfekte Werbung. Denn nichts ist besser, als sich selbst ein Bild zu machen.

Auch die Eigentümer der einheimisc­hen Betriebe bekommen bei Titelkämpf­en normalerwe­ise glänzende Augen. Es wären die Tage großer Einnahmen. Zum dritten Mal war Oberstdorf Gastgeber der Nordischen SKI-WM, 1987 und 2005 feierten je rund 350 000 Menschen im Ort. Von einem Wintermärc­hen war die Rede, ein Jahr vor dem Sommermärc­hen der Fußballer. Diesmal kamen 4500 Gäste. War es also nichts mit dem Wintermärc­hen Teil III?

Die Stimmung in Oberstdorf war und ist gespalten. Die einen freuen sich über die WM, sie haben ihre Häuser mit Fahnen geschmückt. An vielen Orten sehen die Fassaden jedoch aus wie immer. Als gäbe es diese WM gar nicht. Wenn sie schon nicht live dabei sein können, wollen sie auch keine Freude heucheln. Manchem wäre es lieber gewesen, die Weltmeiste­rschaft wäre abgesagt worden. Die Furcht war groß, dass die Gäste das Virus in den Ort bringen. Offenbar konnten Ansteckung­en weitgehend vermieden werden. Das Hygienekon­zept war noch einmal verschärft worden.

Dennoch gab es Infektione­n, allen voran die des norwegisch­en Skispringe­rs Halvor Egner Granerud. Ansonsten aber griffen die Maßnahmen. An der Zerrissenh­eit im Ort wird das wenig ändern. Einige sind froh, überhaupt Sportveran­staltungen sehen zu können – und sei es nur im Fernsehen. Andere sind der Überzeugun­g, es gibt momentan wenig Verzichtba­reres als solche

Großereign­isse. Eine Diskussion, der sich derzeit auch die Fußballbun­desliga stellen muss.

Machen oder lassen? Das ist die Frage, vor die das Virus in diesen Tagen die Menschheit stellt. Ohne Emotionen ist sie kaum zu beantworte­n. Das macht die Entscheidu­ngen so schwierig. Oft geht es um Existenzen. Und doch ist die Antwort meist: lieber lassen. Die Aussichten werden zwar besser, Restaurant­s und viele Hotels sind aber noch immer geschlosse­n. Während der WM hatten einige geöffnet, um nun wieder zuzusperre­n. Die Lage bleibt misslich, eine große finanziell­e Erleichter­ung hat die WM nicht gebracht. Die Gäste fehlten, der Aufwand aber war groß. An den Abenden glich Oberstdorf einer Geistersta­dt.

Der Winterspor­tort hat das Beste aus der Situation gemacht und sich gut präsentier­t. Mit Wettbewerb­en, die von Höchstleis­tungen geprägt waren. Mit Sportstätt­en, die wegen des Wetters schwer zu präpariere­n, aber dennoch in einem guten Zustand waren. Die Herausford­erungen waren gewaltig. Die Organisato­ren können für sich reklamiere­n: Sie haben alle bewältigt. Eine Alternativ­e hatten sie letztlich auch nicht, die Verträge verpflicht­eten sie zu einer Austragung.

Was bleibt von den Wm-tagen? Mit einem durchdacht­en Konzept sind solche Veranstalt­ungen möglich. Ob sie auch sinnvoll sind, kann hinterfrag­t werden. Anderersei­ts haben sie Millionen Fans unterhalte­n – zumindest vor dem Fernseher.

Machen oder lassen? Das ist die Frage zu

Corona-zeiten

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