Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Ein Weg, den Investitionsstau an Schulen zu beseitigen“
Die International School aus Gersthofen gibt Aktien aus. Wie der Börsengang läuft, sagt Schulleiter Marcus Wagner
Herr Wagner, Sie wollen die Internationale Schule aus Gersthofen an die Börse bringen. Wie läuft die Zeichnungsfrist bisher, die noch bis Dienstag dauert?
Marcus Wagner: Unsere Eigenemission läuft gut. Hier sind schon knapp 850 000 Euro gezeichnet. Das ist ein erster positiver Hinweis. Insgesamt wollen wir 639580 Aktien für 12,50 Euro platzieren und bis zu acht Millionen Euro erlösen. Dies geschieht vorwiegend über die Depotbanken. Wie der Stand hier ist, wissen wir daher erst am Ende der Zeichnungsfrist.
Was planen Sie mit dem Geld? Wagner: Uns geht im bisherigen Schulgebäude der Platz aus. Aktuell haben wir 325 Schüler und wachsen beständig. Wir denken über eine Kindertagesstätte und ein Internat nach. Damit könnten wir eines Tages bis zu 500 Schüler haben. Unsere Schule hat die Gelegenheit, an einem neuen Ort – nahe am Bahnhof Gersthofen – einen Neubau zu errichten.
Wieso braucht es dafür einen Börsengang? Könnten Sie die Investition nicht auch anders finanzieren?
Wagner: Der Börsengang stärkt unser Eigenkapital. Damit haben wir die Möglichkeit, leichter an einen Bankkredit zu kommen. Eine gute Finanzierung ist wiederum die Basis, um staatliche Fördermittel zu erhalten. Unsere Rechnung sieht so aus: Inklusive der Mittel aus dem Börsengang bringen wir zehn Millionen Euro eigenes Kapital ein, das ist die Basis für einen Kredit über sechs Millionen Euro. Erhalten wir mit dieser Basis bis zu 16 Millionen Euro Fördermittel, können wir den Neubau finanzieren, der rund 32 Millionen Euro kostet.
Sie gehen als gemeinnützige AG an die Börse, die keine Dividende zahlen darf. Was hat ein Aktionär von Ihrer Aktie? Wagner: Durch den Börsengang kann ein neuer Campus entstehen, den es so nicht gäbe. Wir gehen davon aus, dass für die Aktionäre eine erhebliche Wertsteigerung in den nächsten Jahren möglich ist. Als gemeinnützige
AG sind wir von gewinnabhängigen Steuern befreit, schütten keine Dividenden aus und investieren die Gewinne vollständig in die Schule. Die Verwaltung muss zudem schlank sein. Der Fokus ist nicht die kurzfristige Rendite, sondern langfristige Wertsteigerung, zum Beispiel indem man einen neuen Physiksaal baut. Bisher gibt es nur zwei gemeinnützige AGS in Deutschland - den Berliner Zoo und den Tierpark Hellabrunn. Deren Wertentwicklung hat viele Dax-unternehmen in den letzten Jahren geschlagen.
Wer soll die Aktien kaufen?
Wagner: Wir setzen auf mittelständische Firmen und Lieferanten in der Region, die ihre international tätigen Kunden mit einer Internationalen Schule in der Region halten möchten, und denken an Menschen, die sich für Bildung interessieren und an Nachhaltigkeitskriterien orientiert sind. Natürlich auch an die Eltern unserer Schüler und unsere Alumni. Eigentlich alle, die gerne „Bildungsaktionär“werden möchten.
Die meisten Schulen sind staatlich, Ihre ist privat. Passen Bildung und Börse überhaupt zusammen? Wagner: Ich denke, dass der Börsengang einen Weg aufzeigt, wie sich der Investitionsstau an unseren Schulen beseitigen ließe. Den Investitionsstau sehen wir ja jeden Tag, zum Beispiel hat es lange gedauert, die Digitalisierung der Schulen in der Corona-krise zum Funktionieren zu bringen. Es wäre toll, wenn der Börsengang unserer Schule ein Zeichen für innovative Finanzierung von Bildung setzt.
Es gibt ja die staatlichen Schulen. Wo sieht die Internationale Schule, in der englisch unterrichtet wird, ihren Platz?
Wagner: Nur ein Beispiel: Kevin Danso, der Fußballspieler, der lange Jahre für den FCA gespielt hat, wäre als junger Spieler nie ohne die Internationale Schule nach Augsburg gekommen. Er ist in England aufgewachsen und konnte nicht parallel intensiv im Nachwuchsleistungszentrum trainieren, ein neues Bildungssystem
kennenlernen und sich eine neue Sprache aneignen. Ähnlich geht es Unternehmen oder der neuen medizinischen Fakultät mit internationalem Personal. Für deren Kinder ist dann die internationale Schule da.
Ärgert es Sie, dass Sie den Börsengang jetzt ausgerechnet in der Corona-zeit stemmen müssen?
Wagner: Internationale Firmen werden auch nach Corona Menschen nach Augsburg holen. Der Schulbetrieb kehrt zurück. Jetzt ist sogar ein guter Zeitpunkt für Neu-planungen, da man Lehren aus der Krise ziehen kann. Die neuen Anforderungen an die technische Infrastruktur kann man bei einem Neubau gleich berücksichtigen.
Interview: Michael Kerler
Marcus Wagner ist Leiter der International School in Gersthofen bei Augsburg. Die Schule ist eine private Einrichtung.