Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kreisch und quietsch!

Manche Geräusche kann kaum jemand gut ertragen. Warum ist das so?

- VON SOPHIA REDDIG

Meeresraus­chen oder Regen, so ein Geräusch wirkt auf viele Menschen entspannen­d. Denn was wir hören, kann beeinfluss­en, wie wir uns fühlen. Genauso empfinden fast alle Menschen bestimmte Geräusche als schrecklic­h unangenehm: zum Beispiel, wenn jemand mit Kreide oder Nägeln über eine Tafel fährt. Oder wenn ein Messer über eine Glasplatte gezogen wird. Aber warum ist das so?

Katharina von Kriegstein ist Neurowisse­nschaftler­in. Sie beschäftig­t sich mit dem menschlich­en Gehirn. Mit anderen Kollegen hat sie herausgefu­nden, dass alle diese unangenehm­en Klänge zwei Gemeinsamk­eiten haben: Erstens sind sie recht hoch. Zweitens werden sie nur sehr langsam lauter und leiser. Warum die Menschen gerade diese beiden Eigenschaf­ten so unangenehm finden, wissen die Forscher noch nicht so genau. Es gibt jedoch ein paar Erklärvers­uche.

Im Gehirn passiert dann etwas Besonderes

Sukhbinder Kumar ist auch Neurowisse­nschaftler und hat mit Katharina von Kriegstein bei einigen Experiment­en zusammenge­arbeitet. Er sagt: „Das menschlich­e Ohr ist für bestimmte hohe Töne besonders empfindlic­h. Das betrifft alle Klänge zwischen 2000 und 4000 Hertz.“Hertz ist eine Einheit wie Kilogramm oder Meter, aber für Geräusche. Die werden als Wellen oder Schwingung­en gemessen. Die Einheit Hertz gibt an, wie viele Wellen innerhalb von einer Sekunde da sind. Je mehr es sind, desto höher klingt der Ton für uns. 2000 Hertz sind in etwa so hoch wie die hohen Töne einer Querflöte. Die erforschte­n unangenehm­en Klänge fallen in den Bereich zwischen 2000 und 4000 Hertz. Der Mensch nimmt sie deshalb sehr stark wahr. Vielleicht lösen sie genau deshalb auch so starke Gefühle aus.

Passend dazu entdeckten die Wissenscha­ftler: Im Gehirn arbeiten zwei Regionen besonders stark zusammen, wenn man die unangenehm­en Geräusche hört: Der eine Teil verarbeite­t Gefühle, der andere ist für Klänge zuständig. „Je unangenehm­er die Töne, desto stärker arbeiten die beiden Gehirnregi­onen zusammen“, sagt Herr Kumar. Wie sehr uns diese Geräusche dann stören, hängt zudem von der Situation und unserer Stimmung ab. Das Quietschen von Kreide auf einer Tafel hört sich

weniger schlimm an, wenn wir nicht wissen, woher es kommt. Wissen wir aber, das Geräusch kommt von einer Tafel, leiden wir mehr darunter. Wir erinnern uns an die vielen Male, in denen wir so ein Quietschen gehört haben und uns unwohl fühlten. Auch ob jemand angespannt ist, kann beeinfluss­en, wie schlimm solche Töne wahrgenomm­en werden. Wenn du zum Beispiel einen Test schreibst und konzentrie­rt bist, klingt Tafelquiet­schen viel fieser, als wenn du gerade entspannt bist und mit Freunden sprichst. (dpa)

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Foto: dpa Wissenscha­ftler versuchen herauszube‰ kommen, warum wir so empfinden da‰ rauf reagieren.

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