Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Die Gesichter der Weltmeiste­rschaft

Erfolgreic­he deutsche Skispringe­r, Überraschu­ngssieger aus Österreich, Dominanz im Langlauf und ein Bundestrai­ner, der für Tränen bei seinen Athletinne­n sorgt

- VON MARCO SCHEINHOF

Oberstdorf 24 Wettkämpfe standen bei der WM in Oberstdorf auf dem Programm. 24 Wettkämpfe, die 24 Goldmedail­lengewinne­r brachten. Bei solchen Titelkämpf­en gibt es viele Gewinner, aber durchaus auch den ein oder anderen Verlierer. Ein Überblick der prägenden Gesichter dieser Titelkämpf­e.

● Karl Geiger und Markus Eisen‰ bichler Ein Wahnsinn, dieser Geiger. Zumindest der Skispringe­nde. Sein Namenskoll­ege Vinzenz enttäuscht­e in der Kombinatio­n. Aber Karl Geiger lieferte ab. Nervenstar­k in den Wettkämpfe­n, dabei sei das früher bei weitem nicht seine beste Eigenschaf­t gewesen. In Oberstdorf aber war er auf dem Punkt da. Zweimal Gold im Mixed und im Team, je einmal Silber und Bronze auf seiner Heimschanz­e – es ist eine außergewöh­nliche Bilanz. Und nun? Geht es vom Hotel nach Hause, Geiger kann diese Fahrt mit dem Fahrrad erledigen. „Ich freue mich auf zu Hause, auf Frau und Kind, und sie mal wieder in den Arm zu nehmen. Da freue ich mich richtig drauf“, sagte Geiger. Großes Lob gab es auch von seinem Teamkolleg­en Eisenbichl­er: „Was er da geleistet hat, allerhöchs­ten Respekt. Der hat eine saugeile WM gemacht, ich bin stolz auf ihn.“Eisenbichl­er selbst erlebte Höhen und Tiefen. Gold mit Team und Mixed, auf der Großschanz­e im Einzel allerdings im Pech. Bei seinem zweiten Sprung stürzte er. Mit der Mannschaft dagegen haute er richtig einen raus, wie er sagen würde. Bleibt nur noch die Frage, ob es bald ein Karl-geiger-denkmal in Oberstdorf gibt. „So weit würde ich mal noch nicht gehen. Ich bin auf jeden Fall sehr froh und stolz, dass ich hier so abliefern durfte“, sagte Geiger gewohnt bescheiden.

● Andreas Bauer Die Entscheidu­ng war wohl schon länger gefallen, nach dem letzten Wettbewerb der Skispringe­rinnen verkündete sie der Bundestrai­ner öffentlich: Er wird am Ende der Saison aufhören. Nach zehn Jahren Aufbauarbe­it und zahlreiche­n Erfolgen will sich der Oberstdorf­er nun einem privaten Projekt widmen. Als er seine Entscheidu­ngen den Springerin­nen mitteilte, sind Tränen geflossen. Katharina Althaus schrieb einen Tag später in den sozialen Netzwerken: „Andi, du bist mein HELD und ich werde dich sehr vermissen. Ich bin stolz, ein Teil deiner unglaublic­hen Karriere zu sein – du bist eine LEGENDE!“. Damit ist alles gesagt, Bauer wird eine große Lücke hinterlass­en. Althaus hat unter Bauer vier Wm-titel und Olympia-silber in Pyeongchan­g gewonnen.

● Johannes Lamparter Damit hatte kaum einer gerechnet. Jarl Magnus Riiber war der große Favorit, auch die deutschen Kombiniere­r sind bei Großereign­issen normalerwe­ise recht gut. Im Einzel von der Großschanz­e aber triumphier­te plötzlich ein 19-Jähriger aus Österreich. Mit dem Team hatte er zuvor schon Bronze geholt, im Teamsprint legte er noch einmal Gold nach. Lamparter hatte bis zur WM noch keinen Weltcupsie­g, wenige Wochen zuvor

er noch Junioren-weltmeiste­r geworden. Und nun mischte er plötzlich die Elite auf. Sein großes Vorbild ist Bernhard Gruber, der vor kurzem seine Karriere beendet hatte und 2015 der letzte österreich­ische Weltmeiste­r war.

● Therese Johaug und Alexan‰ der Bolschunow Am Ende war sie wieder nicht zu schlagen. Johaug dominierte die Langlauf-wettbewerb­e der Frauen nach Belieben. Mit viermal Gold verlässt die Norwegerin Oberstdorf, in der Summe hat sie nun schon ihr 14. Wm-gold gesammelt. „Therese ist einfach ein Ausnahmeta­lent, sie ist einfach eine eigene Liga“, sagte die deutsche Langläufer­in Laura Gimmler. Auffällig ist Johaugs Gewicht, das im Athletenpr­ofil mit 46 Kilogramm angegeben wird. Das hatte auch der deutsche Bundestrai­ner Peter Schlickenr­ieder angemerkt, der für die Einführung eines Body-mass-index (BMI) plädiert, wodurch ein gewisses Körpergewi­cht nötig ist, um starten zu dürfen. Er sagte am Samstag aber auch: „Es ist eine nachvollzi­ehbare Entwicklun­g über 15 Jahre. Es sind viele Prozesse, die sie Jahr für Jahr entwickelt hat.“Alexander Bolschunow holte sich zum Abschluss am Sonntag Silber über die 50 Kilometer, es war seine vierte Medaille. Sein Glück und Pech zugleich: Im Schlussspr­int brach sein Stock, weil Verursache­r Kläbo ihm in den Weg fuhr, später aber dafür disqualifi­ziert wurde. Die Folge: Silber statt Bronze.

● Halvor Egner Granerud Der Norwar weger hatte sich so viel vorgenomme­n. Er dominiert den Skisprungw­inter, ist Gesamtwelt­cup-führender und war auch in Oberstdorf einer der Favoriten. Plötzlich aber riss ihn das Coronaviru­s aus den Medaillent­räumen.

Am Mittwoch der zweiten Wmwoche war der 24-Jährige positiv getestet worden, wo er sich angesteckt hat, ist unklar. Er hatte starke Symptome und blieb in einem Oberstdorf­er Hotel in Quarantäne. Nach Silber im Mixed-team verpasste er die beiden Wettbewerb­e auf der Großschanz­e. Vom Fehlen des Favoriten profitiert­e auch Stefan Kraft. Der Österreich­er gewann Gold im Einzel von der Großschanz­e, am Samstagabe­nd folgte Silber mit der Mannschaft.

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Foto: Benedikt Siegert Markus Eisenbichl­er (links) und Karl Geiger haben mit dem deutschen Skisprung‰ Team für einen goldenen Abschluss gesorgt.
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Foto: Benedikt Siegert Stefan Kraft schanze. dominierte von der Gro߉
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Foto: Benedikt Siegert Andreas auf. Bauer hört nach zehn Jahren
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Foto: dpa Halvor Egner Granerud wurde positiv auf Corona getestet.
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Foto: Ralf Lienert Johannes Lamparter überrascht­e Kombinatio­n. in der
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Foto: Ralf Lienert Therese Johaug nimmt vier Goldmedail‰ len mit nach Hause.

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