Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
FCA leistet einmal mehr Aufbauhilfe
Gegen Hertha BSC verhält sich der FC Augsburg nach früher Führung derart passiv, dass der Gegner zu Toren kommen muss. Trainer Heiko Herrlich sucht nach Erklärungen
Berlin Als Schiedsrichter Florian Badstübner das Bundesligaspiel zwischen Hertha BSC und dem FC Augsburg abpfiff, nahmen Augsburgs Spieler und Verantwortliche dies mehr oder minder teilnahmslos zur Kenntnis. Der Schlusspfiff hatte bei ihnen keine ausufernden Emotionen ausgelöst, weder sanken Spieler zu Boden, noch bildete sich eine Jubeltraube. Anlass für einen Gefühlsausbruch hätte es gegeben, schließlich war den Berlinern erst kurz vor Schluss durch Dodi Lukebakio der erlösende Treffer zum 2:1 (0:1)-Erfolg gelungen. Obendrein durch einen Strafstoß, den Mads Pedersen verursacht hatte. Alles ärgerlich und bitter aus Augsburger Sicht.
Doch in den Augsburger Köpfen hatte sich wohl der rationale Gedanke durchgesetzt. Der Erfolg der Berliner mag glücklich zustande gekommen sein, nüchtern betrachtet, hatten sie ihn sich durch ihr spielerisches Übergewicht und ihre zahlreichen Torchancen verdient.
Augsburgs Trainer Heiko Herrlich unternahm zwar noch den zarten Versuch, den Auftritt seiner Mannschaft in einem besseren Licht erscheinen zu lassen. Sprach davon, dass man einen Punkt verdient gehabt hätte. Ärgerlich sei es, nichts Zählbares mitgenommen zu haben. Doch auch er musste einsehen, dass einem nicht in jedem Spiel das Glück zur Seite stehen kann.
Dabei hätte das Spiel keinen besseren Beginn für den FCA nehmen können. Auf der Pressekonferenz vor dem Spiel hatte Herrlich hellseherische Fähigkeiten, als er von einem baldigen Torerfolg von Neuzugang Laszlo Benes erzählte. Keine zwei Minuten waren gespielt, als die Mönchengladbacher Leihgabe äußerst sehenswert zur Führung traf. Mancher Spieler hätte sich einen Knoten in die Beine gebunden, er traf volley aus der Drehung ins lange Toreck.
Dieser Treffer begünstigte Augsburgs Spielidee zusätzlich. Vor dem Spiel hatte Hertha-coach Pal Dardai von „gewinnen müssen“gesprochen, nun mussten die Berliner noch mehr. Während die Augsburger sich in ihren kompakten Abwehrblock zurückzogen. Dass seine Spieler derart passiv und mutlos zu Werke gingen, war selbst ihrem defensiv orientierten Trainer eine Spur zu viel. Für ihn sei das unerklärlich, meinte Herrlich. „Es gab keinen Grund, einen Gang zurückzuschalten. Wir waren immer stark, wenn wir aus der Kompaktheit heraus Hertha unter Druck gesetzt haben.“
So aber stießen die Berliner erfolgreich in Augsburger Lücken, die sie zu Flanken und Torchancen nutzten. Die bulligen Stoßstürmer Jhon Córdoba und Krzysztof Piatek kamen zu Abschlüssen, ebenso der umtriebige Santiago Ascacibar.
Rani Khedira versuchte sich am Verdichten der Räume, scheiterte daran aber ebenso wie seine Augsburger Kollegen. „Das war insgesamt von uns zu wenig. Wir waren nicht aktiv genug, nicht aggressiv genug“, erklärte er später. Weil sich Weltmeister Sami verletzt hatte, kam es zu keinem Bruderduell in der Bundesliga. In dicker Daunenjacke saß Sami Khedira auf der Tribüne des weitläufigen Olympiastadions und war Zeuge Berliner Überlegenheit. Dennoch: Mit Glück hätte der FCA gar auf 2:0 erhöht, als Florian Niederlechner kurz vor der Pause per Kopfball den Außenpfosten traf. Augsburg hätte sich in seiner Effektivität übertroffen und so über spielerische Mängel hinweggetäuscht. Diese waren Herrlich nicht entgangen. Er musste eingestehen, dass die Probleme nicht erst in Berlin aufgetreten waren, sondern sich durch die Saison ziehen. „Uns hat die Ruhe gefehlt. Wenn wir die Möglichkeit einer Spielverlagerung hatten, haben wir wieder ins gleiche Loch gespielt.“Fca-sport-geschäftsführer
Stefan Reuter ergänzte, man würde zu schnell und zu oft nach Eroberungen den Ball wieder verlieren. „Das kostet Kraft und baut den Gegner auf“, betonte Reuter.
Nicht nur im Kleinen erwies sich der FCA als Aufbaugegner, ebenso im Großen. Nach neun sieglosen Spielen holte Hertha drei Punkte. Die Augsburger hingegen verpassten die Chance, Berlin in der Tabelle auf Distanz zu halten und einen gewaltigen Schritt Richtung Klassenerhalt zu tätigen. Extrem ärgerlich sei das, meinte Sportchef Reuter. Am Freitagabend empfängt Augsburg Borussia Mönchengladbach (20.30 UHR/DAZN). Deren Trainer Marco Rose steht nach sechs sieglosen Bundesliga-partien gehörig unter Druck. Erneut ein Spiel, in dem der FCA eine Krise des Gegners verschärfen kann. Oder beenden. Hertha BSC Jarstein – Klünter, N. Stark, M. Dardai – Zeefuik (65. Lukebakio), Tou sart (90.+1 Alderete), Ascacibar (46. Guendouzi), Mittelstädt (46. Netz) – Darida (86. Löwen) – Piatek, Córdoba FC Augs burg Gikiewicz – Framberger, Gouwe leeuw, Uduokhai, Pedersen – Strobl, R. Khedira (89. Vargas) – D. Caligiuri, Bénes (74. M. Richter), Hahn (90. Sarenrenba zee) – Niederlechner (83. Gregoritsch) Tore 0:1 Bénes (2.), 1:1 Piatek (62.), 2:1 Lukebakio (89./Foulelfmeter) Schieds richter Badstübner (Windsbach)