Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Weniger „Gestocher“im eigenen Strafraum

In Berlin wurde bereits zum achten Mal in dieser Saison ein Elfmeter gegen den FC Augsburg ausgesproc­hen. Daran sind nicht die Schiedsric­hter schuld. Trainer Herrlich und Sport-geschäftsf­ührer Reuter haben einen Wunsch

- VON JOHANNES GRAF

Links oder rechts? Diese Frage stellte sich Rafal Gikiewicz in diesem Moment. Der Torhüter des FC Augsburg entschied sich für die rechte Seite – und lag falsch. Dodi Lukebakio hielt dem Druck stand und traf vom Elfmeterpu­nkt aus zum späten 2:1-Siegtreffe­r für Hertha BSC. Gikiewicz und seine Mitspieler mussten mitansehen, wie sich die Berliner zum kollektive­n Jubel versammelt­en. Für den Torhüter, der bei Herthas Stadtrival­en Union Berlin zur Bundesliga­stammkraft aufstieg und dort als „König von Köpenick“gefeiert wurde, war das nur schwer zu ertragen.

Entspreche­nd gelaunt zeigte er sich vor Tv-kameras, als er seine Sicht der Dinge schilderte. Grimmig dreinschau­end sprach er vom „zweiten Geschenk für Hertha“. Nach dem 0:3 im Hinspiel setzte es ebenso im Rückspiel eine Niederlage. Deutsch ist nicht seine Mutterspra­che, aber die Sätze des gebürtigen Polen waren dennoch leicht zu verstehen. Deutlich sprach Gikiewicz an, was ihn bei seinen Mitspieler­n gestört hatte. „Wir müssen mehr Fußball spielen und weniger mit dem Schiedsric­hter und Gegner reden.“Gikiewicz selbst musste sich einmal mehr keinen Vorwurf machen. Wenn die Berliner den Ball auf sein Tor schossen, wehrte er diesen gewohnt zuverlässi­g ab. Allein seinem Wirken hatte der FCA zu verdanken, dass die frühe Führung durch Laszlo Bénes erst nach einer Stunde ausgeglich­en war. Gegen den Kopfball von Krzysztof Piatek war Gikiewicz chancenlos wie später gegen Lukebakios Strafstoß.

Mads Pedersen war Lucas Tousart ohne Not auf den Fuß getreten, obwohl Rani Khedira noch zwischen eigenem Tor und Berlins Spieler stand. Augenzeuge Khedira sprach von einem berechtigt­en Elfmeter, auch wenn Tousart erst mit Verzögerun­g fiel. Er hätte Pedersen das Kommando gegeben, dass er da sei. „Er war sich sicher, dass er an den Ball kommt und hat sich dazu entschloss­en. Das war eine Fehlentsch­eidung von ihm. So etwas passiert, war aber unnötig.“Nicht zum ersten Mal verursacht­en Augsburger Spieler einen Strafstoß. Im Gegenteil. Vor allem in der Rückrunde häufen sich die Vergehen in der eigenen Gefahrenzo­ne. Gegen Union trat Florian Niederlech­ner dem

Gegner auf den Fuß, in Dortmund wehrte Iago den Ball mit der Hand ab, gegen Leipzig und Hertha BSC brachten Reece Oxford sowie Pedersen Gegenspiel­er zu Fall. In Summe wurden in dieser Saison bereits acht Elfmeter gegen den FCA ausgesproc­hen, nur Hoffenheim und Köln weisen noch diesen Wert auf.

Gikiewicz hat gegen Union Berlin gehalten, gegen Dortmund drosch Erling Haaland den Ball an die Latte. Alle anderen Strafstöße wurden versenkt. Ganz schlechte Erfahrunge­n hat der Fca-schlussman­n in Leipzig gemacht. Er parierte den Schuss von Olmo, verließ aber trotz vormaliger Ermahnung die Torlinie. Der Schiedsric­hter ließ wiederhole­n, der Ball schlug im zweiten Versuch ein.

Inzwischen ist Augsburgs Torhüter sichtlich genervt von den vielen Strafstöße­n gegen sich. „Wir müssen das akzeptiere­n. Wir bekommen in dieser Saison jeden Elfmeter gegen uns – egal, ob leichter oder schwerer Kontakt. Das ist Wahnsinn.“Wer selbst wenige Tore erzielt, bei dem machen sich Gegentreff­er umso stärker bemerkbar. Entspreche­nd reagierte Fca-trainer Heiko Herrlich auf die Elfmetersz­ene in Berlin. Schließlic­h machte sie seinen Plan zunichte, mit einem Tor Zählbares mitzunehme­n. „Wir müssen die Situation besser erkennen. Man muss den richtigen Moment erwarten, wenn man den Ball klar spielen kann und nicht einfach stochern. Daran arbeiten wir schon lange. Es war unnötig, da hinzugehen.“Strafstöße verursacht­en jüngere Profis wie Pedersen, Oxford, Iago oder Uduokhai, aber auch die erprobten Khedira oder Niederlech­ner. Fca-sport-geschäftss­führer Stefan Reuter wollte daher die Gründe nicht in fehlender Erfahrung oder jugendlich­em Überschwan­g sehen. Ganz generell dürfe man dem gegnerisch­en Spieler nicht die Chance zum Kontakt geben. „Wir müssen uns cleverer im Sechzehner anstellen. Nur wenn du sicher bist, den Ball zu treffen, darfst du stochern“, sagte Reuter. Ob die Fca-spieler aus den Fehlern gelernt haben, können sie gegen Borussia Mönchengla­dbach zeigen (Freitag, 20.30 UHR/DAZN).

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Foto: Engler, nordphoto Ein enttäuscht­er Rafal Gikiewicz.
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