Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Es war einmal?

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Popliterat­ur – das klingt erst einmal leicht und nach Lifestyle und lässigem Lebenssoun­d. Über wenige Begriffe der Literatur wurde aber mit solcher Vehemenz diskutiert und gestritten wie eben über jenen der Popliterat­ur. Was soll das ein? Wer gehört dazu? Ist man schon Popliterat, wenn man an der Gegenwart entlangsch­reibt, Markenname­n zitiert, ein paar Zitate auf Popsongs und ab und an einen Anglizismu­s einbaut? Ist man kein Popliterat, auch wenn man all das tut? Und was die einen als Oberfläche­ngeblubber und mediale Selbstinsz­enierung abtaten oder gar verteufelt­en, feierten die anderen als große Kunst, gerade übers Oberflächl­iche das Essenziell­e abzubilden. Den Puls der Zeit. Schwierig also.

Vielleicht wollten auch deswegen manche Schriftste­ller alles Mögliche sein, nur bitte kein Popliterat oder -literatin. Christian Kracht zum Beispiel, mit dessen Roman „Faserland“vor einem Vierteljah­rhundert die zweite große Welle der deutschen Popliterat­ur ausgerufen wurde. Dass dieses

Journal so poppig daherkommt, liegt auch an ihm, besser gesagt seinem eben erschienen­en Werk „Eurotrash“, das der Autor explizit als Nachfolger­oman seines legendären Debüts anpreist. Ist das denn auch so und was hat das noch mit Pop zu tun? Darauf gibt die Titelgesch­ichte Antworten. Wer noch zur Popliterat­ur zählte, wo sie ihre Anfänge nahm, und was heute womöglich Pop in der Literatur ist oder eben nicht, auch das erzählen wir in unserem Journal. Das erscheint jetzt, an diesem Wochenende, natürlich nicht nur wegen eines neuen, wenn auch bemerkensw­erten Buches von Christian Kracht. Eigentlich wäre jetzt Messezeit, großer Auftritt für die neuen Bücher des Frühjahrs. Zum zweiten Mal ist die Leipziger Buchmesse nun abgesagt, aber den großen Auftritt wollen wir der aktuellen Literatur nicht nehmen. Wir stellen nationale und internatio­nale Belletrist­ik vor, neue Sachbücher sowie aktuelle Kinder- und Jugendroma­ne. Und mit der Schriftste­llerin und Moderatori­n Thea Dorn haben wir über ihren hochemotio­nalen Briefroman gesprochen, der auch ganz nah an dieser Zeit ist: ein Buch zu Corona, das den Titel „Trost“trägt.

Dass das Lesen von guten Büchern trösten kann, ist jedenfalls unbestritt­en. Manchmal aber gerade auch jene, die so locker dahergekom­men wie die Popliterat­ur. Also – so beginnen der alte und der neue Roman von Christian Kracht, es kann nach einem Also immer eine ziemliche gute Geschichte folgen. Also: Lesen Sie sich quer durch diesen tatsächlic­h wunderbare­n Bücherfrüh­ling und dieses Journal mit der unbedingte­n Hoffnung, dass bessere Zeiten kommen. Bald. Ihre Journal–redaktion

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