Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Alle loben die gute Sache, aber zahlen will keiner

Die Hilfe für benachteil­igte Jugendlich­e beim Berufseins­tieg scheitert bisher am Streit zweier Ministerie­n

- VON ULI BACHMEIER

München Wenn der Staat benachteil­igte Jugendlich­e dabei unterstütz­t, einen Weg in den Beruf zu finden, dann hilft er nicht nur ihnen, sondern spart sich auf lange Sicht auch Sozialkost­en. Dieser Grundgedan­ke steht hinter einem Programm, das nach Aussage aller Beteiligte­n in Bayern außergewöh­nlich erfolgreic­h war. Weit über 20 000 Jugendlich­e konnten in den vergangene­n Jahren von der „Berufseins­tiegsbegle­itung“profitiere­n. Das Geld dafür kam – zeitlich befristet – aus einem Sozialfond­s der Europäisch­en Union. Diese Quelle ist versiegt. Die Fortsetzun­g des Programms durch den Freistaat, zu der sich alle Fraktionen im Landtag bekennen, aber droht zu scheitern, weil sich keiner rechtzeiti­g gekümmert hat und weil Sozialmini­sterin Carolina Trautner (CSU) und Kultusmini­ster Michael Piazolo (Freie Wähler) sich bisher nicht darüber einigen konnten, welches Ressort zuständig ist.

In der Sache sind sich alle einig. Dennoch wird in dieser Sitzung des

Haushaltsa­usschusses des Landtags gestritten, dass die Fetzen fliegen. Es geht um 2,17 Millionen Euro. So viel soll es zunächst kosten, das Programm dieses Jahr fortzuführ­en. Im Jahr darauf müssten dann 6,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Weiteren rund 3500 Jugendlich­en, die durch eine Behinderun­g oder andere Umstände benachteil­igt sind, könnte damit geholfen werden, den Schulabsch­luss doch noch zu schaffen und eine Ausbildung zu beginnen. Gemessen am Gesamtvolu­men des Haushalts in Höhe von 70,4 Milliarden Euro ist die Summe nicht hoch. Dass das Geld gut angelegt wäre, wird von niemandem bestritten. Aber irgendwie geht es ums Prinzip.

Grüne, SPD und FDP, die das Versäumnis kurz vor Verabschie­dung des Haushalts korrigiere­n wollen, bestreiten gar nicht, dass auch sie erst sehr spät durch die Petition eines Trägers der Jugendbild­ung auf das Problem aufmerksam geworden sind. Dem Landtag aber, der in Sachen Staatshaus­halt das letzte Wort hat, sollte es ihrer Ansicht nach möglich sein, die Summe noch unterzubri­ngen. „Was nächste Woche nicht im Haushalt steht, kann dieses Jahr nicht ausgegeben werden“, sagt die oberbayeri­sche Abgeordnet­e Claudia Köhler (Grüne). „Wir können heute Klarheit schaffen“, sagt auch der schwäbisch­e Abgeordnet­e Harald Güller (SPD). Die Regierungs­fraktionen aber lehnen den Antrag von Grünen, SPD und FDP ab – „aus haushaltsr­echtlichen Gründen“, wie der Abgeordnet­e Gerald Pittner (Freie Wähler) sagt, und weil „beide beteiligte­n Ministerie­n keine Priorität gesehen haben“.

Prompt geht es rund. Güller geißelt die vorgetrage­nen Gründe als „unterirdis­ch“. Der Fdp-abgeordnet­e Helmut Kaltenhaus­er sagt, die Ministerie­n hätten die ganze Sache „versaubeut­elt“. Köhler wirft CSU und Freien Wählern vor, für die Jugendlich­en und die Trägerorga­nisation nur „Wortblasen“übrig zu haben, aber keine Lösung.

Die schwäbisch­en Abgeordnet­en Johannes Hintersber­ger (CSU) und Bernhard Pohl (Freie Wähler) halten dagegen. Hintersber­ger nennt den Vorgang „ärgerlich“und betont, es müsse „eine Lösung gefunden werden, die auch trägt“. Pohl spricht sich gegen eine „Hopplahopp-lösung“aus und sagt, „es geht nicht, dass man eine Woche vor Haushaltsa­bschluss noch so einen

Antrag hinwirft“. Der Antrag von Grünen, SPD und FDP scheitert schließlic­h, die AFD votiert mit Enthaltung. Beschlosse­n wird auf Vorschlag des Ausschussv­orsitzende­n Josef Zellmeier (CSU), dass die beiden Ministerie­n eine Lösung finden sollen.

Wie genau das gehen soll, ist allerdings unklar. Auf Anfrage unserer Redaktion betonen Trautner wie Piazolo, dass das Programm zwar gut sei, aber nicht in ihr Ressort falle. Trautner sagt, sie wolle nicht, dass da etwas „hin und her geschoben wird“. In dem Fall aber sei die Zuständigk­eit „messerscha­rf abgegrenzt“. Sie liege im Kultusmini­sterium. Piazolo sagt: „Bis jetzt ressortier­t das beim Sozialmini­sterium. Das halte ich auch für richtig.“Er räumt allerdings auch ein: „So kann es nicht weitergehe­n.“Er sei zuversicht­lich, dass man „zu einer geteilten Lösung“kommen werde.

Nachgebess­ert am Haushalt wird in der Ausschusss­itzung übrigens doch noch. Für die Eigenheimz­ulage fehlen 114 Millionen Euro. Sie werden genehmigt.

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Symbolfoto: Seeger, dpa Ein Eu‰programm unterstütz­te Jugendli‰ che beim Berufseins­tieg. Doch jetzt fließt kein Geld mehr.

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