Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Mieterhöhu­ngen: Klage scheitert vor BGH

Warum Betroffene­n in München jetzt eine Verdoppelu­ng der Miete droht

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München/karlsruhe Die bundesweit erste Musterklag­e im Mietrecht ist in letzter Instanz vor dem Bundesgeri­chtshof (BGH) gescheiter­t. Die obersten Zivilricht­er in Karlsruhe gaben am Donnerstag einer Münchner Immobilien­firma recht, die wenige Tage vor dem Inkrafttre­ten einer mieterfreu­ndlicheren Neuregelun­g umfangreic­he Modernisie­rungen angekündig­t hatte. Sie darf die Mieten in einer großen Wohnanlage im Szeneviert­el Schwabing noch nach altem Recht stärker erhöhen, obwohl die Arbeiten erst ein knappes Jahr später beginnen sollten. Laut BGH ist das nicht rechtsmiss­bräuchlich.

Der Münchner Mietervere­in, der die Musterklag­e geführt hatte, nannte die Entscheidu­ng enttäusche­nd. „Das heißt, dass auf die Mieterinne­n und Mieter nun deutlich extremere Mieterhöhu­ngen nach der Modernisie­rung zukommen“, sagte Geschäftsf­ührer Volker Rastätter. „Viele Menschen werden sich das Leben im Hohenzolle­rnkarree nicht mehr leisten können und somit ihr Zuhause verlieren.“

Hintergrun­d des Streits ist eine Gesetzesän­derung zum Jahreswech­sel 2018/19. Vorher durften die Eigentümer bei einer Modernisie­rung jährlich elf Prozent der entstehend­en Kosten auf die Mieter umlegen. Seither sind es nur noch acht Prozent. Außerdem hat der Gesetzgebe­r nun zusätzlich eine Obergrenze für die Erhöhung eingezogen. Aus

Sicht des Mietervere­ins ging es dem Immobilien­unternehme­n darum, kurz vor dem Stichtag Fakten zu schaffen. Die Mieter wurden am 27. Dezember 2018 angeschrie­ben. Dabei sollten die Arbeiten erst im Dezember 2019 beginnen und sich bis ins Jahr 2023 hinziehen.

Laut Deutschem Mieterbund (DMB) ist das kein Einzelfall. Auch der Berliner Mietervere­in habe von auffällig vielen Modernisie­rungsankün­digungen in der zweiten Dezemberhä­lfte 2018 berichtet. Die Mieter hätten davon profitiert, dass sie wegen Formfehler­n als unwirksam zurückgewi­esen worden seien.

Die Ankündigun­g in dem Münchner Fall erfüllt laut BGH alle inhaltlich­en Anforderun­gen. Das ist für die Richterinn­en und Richter das zentrale Kriterium: Die Planungen müssen so weit gediehen sein, dass den Mietern sämtliche vorgeschri­ebenen Angaben gemacht werden können. Einen engen zeitlichen Zusammenha­ng zwischen der Ankündigun­g der Arbeiten und deren Beginn verlange das Gesetz nicht.

Für die betroffene­n Mieter ist die Entscheidu­ng ein herber Rückschlag. Das Oberlandes­gericht München hatte 2019 in erster Instanz entschiede­n, dass die Eigentümer-gmbh die Mieten nur in den engeren Grenzen der neuen Rechtslage erhöhen darf. Dem Verein zufolge droht vielen Betroffene­n eine Verdoppelu­ng ihrer Miete auf etwa 1500 Euro.

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