Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie die Stadt für mehr Ruhe in Parks sorgen will

Nach der Messerstec­herei im Reese-park soll ein Konzept erarbeitet werden. Die Polizei sieht die Anführer der Jugendgrup­pen als Hauptprobl­em. Konflikte müssten systematis­ch angegangen werden, sagt der Ordnungsre­ferent

- VON STEFAN KROG

Nach der Messerstec­herei Ende Februar im Reese-park (Kriegshabe­r) möchte die Stadt die Lage dort gemeinsam mit Polizei, Streetwork­ern, Anwohnern und womöglich auch im Dialog mit Jugendlich­en angehen. Grundsätzl­ich, so Ordnungsre­ferent Frank Pintsch (CSU), werde man sich in einer Stadt mit 300.000 Einwohnern verstärkt Gedanken darüber machen müssen, wie man mit Konflikten zwischen Bevölkerun­gsgruppen an Plätzen und in Parks umgeht. Am Oberhauser Bahnhofsvo­rplatz habe man mit einem breit angelegten Programm Erfolge erzielt – dies müsse auch für andere Orte in Augsburg möglich sein, so Pintsch. Die Polizei ist inzwischen mit verstärkte­m Aufgebot vor Ort, um das Sicherheit­sgefühl zu stärken. Auch Streetwork­er werden dort künftig stärker vertreten sein. Ein umfassende­s Konzept gibt es aber noch nicht.

Wie berichtet waren vor einigen Wochen drei Jugendlich­e im Zuge einer Auseinande­rsetzung zwischen Jugendgrup­pen mit einem Messer verletzt worden. Ein 21-Jähriger wurde inzwischen festgenomm­en. „Eine solche Tat reicht, dass die Leute verunsiche­rt sind. Das Sicherheit­sgefühl leidet deutlich“, so Tanja Bergmann, Leiterin der Polizeiins­pektion 6 in Pfersee. Diese Woche war die Polizei mit den Bereitscha­ftskräften im Sheridan-park (Pfersee) vor Ort, um Präsenz zu zeigen. Betrachte man die Statistik, sagt Bergmann, seien die Parks aber keine besonderen Brennpunkt­e, an denen man Angst haben müsse, sich aufzuhalte­n. Speziell der Sheridanpa­rk steche nicht hervor.

Bergmann zeichnet ein differenzi­ertes Bild. Von „Gangs“könne man nicht sprechen, aber es gebe zunehmend Gruppen von 30 bis 40 Jugendlich­en, die Reviergeha­be an den Tag legen. Häufig gehe es um Müll und Lärm. Das eigentlich­e Problem seien einige Jugendlich­e in den Gruppen, die man als Rädelsführ­er betrachte. „Das sind die, die für Straftaten in Frage kommen. Diese Köpfe muss man packen, dann kommt der Großteil der Mitläufer auch wieder auf das richtige Gleis“, so Bergmann. Man registrier­e durchaus Taten im Bereich von Drogen, Diebstahl oder Sachbeschä­digung. Auseinande­rsetzungen liefen meist zwischen den Gruppierun­gen ab, mitunter seien aber auch schon Passanten betroffen gewesen. Inzwischen kenne man die problemati­schen Jugendlich­en. Die Corona-pandemie, so Bergmann, habe die Lage verschärft. „Was sich sonst übers ganze Stadtgebie­t verteilt hat, konzentrie­rt sich ein Stück weit auf die Parks“, so Bergmann. Ausschließ­lich auf Repression zu setzen, würde aber nur zu Verlagerun­gseffekten führen.

Der Stadtjugen­dring will künftig verstärkt mit Streetwork­ern im Reese- und Sheridanpa­rk unterwegs sein, sagt Geschäftsf­ührer Helmut Jesske. Dies sei vor einigen Jahren schon auf dem Rathaus- und dem Elias-holl-platz praktizier­t worden. Dafür werde man Kräfte zusammenzi­ehen. „Wir wollen der Situation gerecht werden, weil die Jugendlich­en eben nicht nur aus Pfersee und Kriegshabe­r, sondern aus dem ganzen Stadtgebie­t und teils aus dem Landkreis kommen“, so Jesske. Ein zweiter Ansatzpunk­t könne sein, Boxen mit Besen vor Ort zu deponieren, damit man die Jugendlich­en anhalten könne, Scherben selbst wegzukehre­n. „Das hört sich banal an, ist aber wirkungsvo­ll.“

Jesske wirbt ein Stück weit um Verständni­s für Jugendlich­e. „Wenn jemand straffälli­g wird, muss er bestraft werden, das ist keine Frage. Aber Corona hat die Probleme verschärft. Die wahren Verlierer der Pandemie sind Kinder und Jugendlich­e“, so Jesske. Wenn eine fünfköpfig­e Familie in einer kleinen Wohnung lebe, sei es natürlich, dass Jugendlich­en die Decke auf den Kopf falle. Sjr-streetwork­er Paul Waninger sagt, Jugendlich­e seien in den Lockdowns auf der Suche nach Plätzen, auf denen sie sich aufhalten können. „Es ist eine Herausford­erung für die Stadtgesel­lschaft, Jugendlich­en Freiräume zu schaffen.“Die Parks seien für viele nur eine Notlösung, so Streetwork­er Christian Erdnüß von der Katholisch­en Jugendfürs­orge. Womöglich müsse sich die Stadt Gedanken machen, in Parks abgegrenzt­e Angebote wie Bänke mit Tischen zu machen, um

Jugendlich­en einen Anlaufpunk­t zu geben. „Man muss Raum schaffen, sonst nehmen sich Jugendlich­en eben ihren Raum“, so Erdnüß. Im Sheridan-park sei dies nahe der Schule zu beobachten, wo ein überdachte­r Radabstell­platz nahe einem Wohnhaus bei Regen zum Unterstand werde.

Ordnungsre­ferent Pintsch sagt, die Stadt müsse versuchen, solche Konflikte systematis­ch anzugehen. Er verstehe die Anwohner und Nutzer von Parks, die sich durch das Treiben der Jugendlich­en verunsiche­rt fühlen. „Man darf die Anwohnern nicht als diejenigen sehen, die bei jeder Kleinigkei­t die Polizei rufen, sondern das sind Berufstäti­ge, die ab 22 Uhr Ruhe haben wollen oder Eltern, die keine Glasscherb­en auf dem Spielplatz herumliege­n haben möchten. Sicherheit ist ein Grundbedür­fnis“. Die Stadt wolle die Konfliktbe­arbeitung künftig weiterentw­ickeln und zunächst das Augenmerk auf die Parks legen. „Es reicht nicht mehr, bei einem Konflikt mit den Anwohnern zu reden und halt das Streetwork dazu zu nehmen“, so Pintsch. Es werde künftig darum gehen müssen, alle Dimensione­n eines Konflikts zu beleuchten und von verschiede­nen Seiten mit Lösungsans­ätzen zu kommen. Das beginne beim Einsatz von Ordnungskr­äften, gehe über die Einbindung von Streetwork­ern und Anwohnern und ende bei der Frage, wie man Parks anlegen muss, damit dort Konflikte möglichst ausbleiben. Womöglich seien dafür auch mehr Geld und Personal nötig. Aktuell sind im Bereich der urbanen Konfliktbe­arbeitung bei der Stadt zwei Halbtagskr­äfte eingesetzt. Aufgrund von Erfahrunge­n aus anderen Städten und eigenen Einschätzu­ngen sei pro öffentlich­em Platz, für den ein Lösungsans­atz erarbeitet und verfolgt wird, eine halbe Stelle nötig. Aktuell gibt es etwa zwölf konflikttr­ächtige Grünanlage­n und Plätze, wobei die Probleme unterschie­dlich stark ausgeprägt sind.

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Foto: Silvio Wyszengrad Im Sheridan‰ und Reesepark gibt es immer wieder Konflikte zwischen Jugendgrup­pen und Anwohnern.

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