Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Wie Rafal Gikiewicz seinen Fehler erklärt

Der Torwart patzt beim Gastspiel auf Schalke entscheide­nd und weiß genau, was er vor dem 0:1 falsch gemacht hat. Die Teamkolleg­en machen ihm deswegen keine Vorwürfe. Und Aufbauhilf­e ist auch nicht nötig, wie Trainer Heiko Herrlich befindet

- VON MARCO SCHEINHOF

Rafal Gikiewicz wäre gerne schnell verschwund­en. Er war schon auf dem Weg in Richtung Kabine, als er noch gebremst wurde. Der Torwart des FC Augsburg sollte noch schnell vor die Fernsehkam­eras. Kein Wunder, war der Pole doch mal wieder ein entscheide­nder Mann an diesem Sonntagnac­hmittag bei der 0:1-Niederlage auf Schalke und deshalb ein gefragter Gesprächsp­artner. Diesmal allerdings nicht so, wie er und die FCA-FANS sich das vorstellen.

Gikiewicz ist für das Augsburger Spiel so wichtig wie der Bergbau jahrzehnte­lang für Gelsenkirc­hen. Gikiewicz ist eine Art Lebensvers­icherung für den FCA. Seit seinem Wechsel vor dieser Saison von Union Berlin nach Augsburg hat er sich als Konstante erwiesen. Immer im oberen Bereich, was ihn zu einem der derzeit besten Torhüter der Bundesliga machte. Diese Klasse wissen seine Kollegen sehr wohl zu schätzen. So sagte Marco Richter auch anerkennen­d: „Wir wissen, was wir an ihm haben.“

Gikiewicz ist ein Punktegara­nt. Fehler schienen bei ihm so beliebt wie Nacktschne­cken im eigenen Garten. Er duldete sie einfach nicht. Bis zu diesem 28. Spieltag auf Schalke. Bereits in der 4. Minute ließ er einen Ball fallen, von dem er wahrschein­lich nicht einmal wusste, dass man ihn in einer solchen Situation aus den Händen flutschen lassen kann. Eine flache Hereingabe, ohne Druck, leicht zu fangen. Einfachste

Torwartsch­ule, sagte er hinterher. Denkste. Ihm unterlief ein technische­r Fehler, wie er in der Bundesliga selten zu sehen ist. Gikiewicz aber ist der im wohl ungünstigs­ten

Moment unterlaufe­n. In der Anfangspha­se gegen das Schlusslic­ht. Der Augsburger Plan war damit früh erledigt, das Tor erwies sich als ideale Aufbauhilf­e für das Schlusslic­ht.

Die Schalker haben sich unter Dimitrios Grammazis zwar stabilisie­rt, in Punkten aber hatte sich das bislang nicht niedergesc­hlagen. Bis der FCA am Sonntag kam.

Gikiewicz also ließ sich nach Spielschlu­ss noch aufhalten und stellte sich den Fragen. Das ist ihm hoch anzurechne­n, anderersei­ts gab es auch keinen Grund, zu flüchten. Nicht für einen Typen wie Gikiewicz, der Missstände gerne offen anspricht. Bei seinen Teamkolleg­en, wie nach der Niederlage in Bremen, als ihm nicht gefiel, dass einige Kollegen lachend nach dem Schlusspfi­ff auf dem Rasen herumliefe­n. Aber auch bei sich selbst. „Ich nehme die Niederlage auf meine Kappe, das tut mir sehr leid“, sagte der 33-Jährige. Er habe mit seinem Fangfehler den kompletten Plan des FC Augsburg frühzeitig kaputtgema­cht. „Ich habe Schalke damit aufgebaut“, meinte der Torwart. Er sei sich sicher gewesen, diesen harmlosen Ball zu fangen. In Gedanken hatte er schon überlegt, wie er die Spielforts­etzung gestalten möchte. Mit einem langen Ball auf André Hahn. „Aber erst muss ich den Ball mal fangen“, sagte er.

Das gelang ihm nicht, was seine Teamkolleg­en in eine verzwickte Situation brachte. Mehr als 15 Minuten brauchten sie, um den Schock zu verdauen. In der Folge waren sie zwar dominant, die Chancen aber blieben trotz mehr Ballbesitz Mangelware wie einst Bananen in der DDR. Und wer dann auch noch bei der Verwertung schludert, muss sich über eine Niederlage nicht wundern. Selbst beim abgeschlag­enen Schlusslic­ht.

Aufbauhilf­e wird Rafal Gikiewicz wohl nicht benötigen. Dafür ist er nicht der Typ. „Ich bin sicher, dass er genug Selbstbewu­sstsein hat, um damit umzugehen“, sagte Fcatrainer Heiko Herrlich, „das war bestimmt nicht sein erster Fehler. Und trotzdem hat er es so weit gebracht.“Zumal er in dieser Saison bislang überragend gehalten und schon viele Punkte gesichert habe. „In einem solchen Moment muss eben die Mannschaft einstehen und den Fehler wettmachen. Das hat sie heute nicht geschafft“, sagte Herrlich. Obwohl Gikiewicz meinte: „Wir haben kein schlechtes Spiel gemacht.“Im Abschluss habe aber die Präzision gefehlt.

Und da war ja noch sein Fehler, der überhaupt erst den FC Augsburg in diese Situation gebracht hatte. „Ich gehe jetzt in die Kabine und entschuldi­ge mich“, sagte der Torwart noch, ehe er verschwind­en durfte. Es war einfach nicht sein Tag. Auch wenn er in der Schlusspha­se noch einen Freistoß von Huntelaar stark abgewehrt hatte.

 ?? Foto: Lars Baron, Getty ?? Fca‰keeper Rafal Gikiewicz liegt geschlagen am Boden, Schalkes Suat Serdar (links) hat zur frühen Führung der Gastgeber ge‰ troffen. Es blieb das einzige Tor. Besonders bitter aus Augsburger Sicht: Ihr Torwart hatte gepatzt.
Foto: Lars Baron, Getty Fca‰keeper Rafal Gikiewicz liegt geschlagen am Boden, Schalkes Suat Serdar (links) hat zur frühen Führung der Gastgeber ge‰ troffen. Es blieb das einzige Tor. Besonders bitter aus Augsburger Sicht: Ihr Torwart hatte gepatzt.

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