Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Förderung und Niedrigzin­sen machen’s möglich

Viele Menschen träumen von eigenen vier Wänden, aber fragen sich: Reicht das Geld zum Bauen oder Kaufen? Die Experten sagen: Ganz ohne Eigenkapit­al geht es nicht. Aber wer alle Möglichkei­ten nutzt, kann zum Ziel kommen

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Augsburg Ob ihr Geld fürs eigene Haus reicht – das wollten viele Leser während unserer Telefonakt­ion wissen. Petra Hauschulz von Finanztest und Thomas Eckardt vom Verband der Privaten Bausparkas­sen beantworte­ten Fragen. Hier ein Resümee:

Wir haben gespart, müssen Negativzin­sen zahlen. Wir denken darüber nach, eine Wohnung im betreuten Wohnen zu kaufen, die wir erst vermieten und später eventuell selber nutzen. Was sagen Sie dazu?

Gute Lösung. Achten Sie darauf, dass die „betreute Wohnung“ein eigenes Grundbuch hat – was nicht immer der Fall ist. Nur so haben Sie Rechtssich­erheit, und für den Fall, dass Sie einen Kredit brauchen, gibt es keine Probleme mit der Bank. Eine Förderung für Immobilien, die vermietet werden sollen, gibt es nicht. Bei Neubauten gibt es ggf. einen Tilgungszu­schuss über das Kfw-programm Energie effizient bauen. Sprechen Sie mit Ihrem Steuerbera­ter, was bei Vermietung beachtet werden muss.

Aufgrund der Pandemie wollen wir doch ein Haus kaufen. Eigenkapit­al ist kaum vorhanden, weil bisher ein Immobilien­kauf nicht geplant war. Wie geht es dennoch?

Eigenkapit­al und Bonität sind die wichtigste­n Voraussetz­ungen für eine Finanzieru­ng. Ist kaum eigenes Kapital vorhanden, sollten Sie dauerhafte, sichere Einkommen haben. Prüfen Sie die Möglichkei­t, schuldenfr­eies Wohneigent­um, zum Beispiel von Eltern oder Großeltern, mit einer Grundschul­d zu belasten. Das wirkt wie Eigenkapit­al.

Wie viel eigenes Kapital ist nötig? Was empfehlen Sie?

Grundsätzl­ich: je mehr, desto besser, das ist klar. Aber mindestens 15 bis 20 Prozent vom Kaufpreis beziehungs­weise von den Herstellun­gskosten sollten vorhanden sein plus Nebenkoste­n wie Grunderwer­bsteuer – Bayern aktuell 3,5 Prozent vom Kaufpreis, Notar- und Maklergebü­hren. Denn die Nebenkoste­n werden in aller Regel von den Banken nicht mitfinanzi­ert.

Ich bin 55. Bekomme ich noch eine 100-Prozent-finanzieru­ng für eine Immobilie? Ich habe eine kleine lastenfrei­e Eigentumsw­ohnung.

Da sind Sie im Vorteil, denn die Wohnung kann in die Finanzieru­ng einbezogen werden durch Eintragung einer zusätzlich­en Grundschul­d. Das wird als Eigenkapit­al akzeptiert. Ansonsten sind 100-Prozent-finanzieru­ngen schwierig, aber nicht unmöglich. Es kommt vor allem auf das Einkommen an. Die Banken schauen da genau hin – zu ihrer eigenen, aber auch zur Sicherheit des Immobilien­käufers. Wichtig ist, dass die Immobilie zu Rentenbegi­nn abbezahlt ist, weil dann der Finanzspie­lraum geringer wird.

Ich bin 70, möchte meinen Hof modernisie­ren: Gesamtkost­en 250000 Euro, Darlehensb­edarf 150000 Euro. Meine Bank war dazu nicht bereit. Habe ich keine Chancen, liegt es an meinem Alter?

Es gibt grundsätzl­ich keine Altersgren­ze. Für die Bank kommt es vor allem darauf an, dass Sie die Belastung langfristi­g tragen können. Weitere Aspekte sind eine altersgere­chte Laufzeit des Darlehens und der Gesamtzust­and der Immobilie. Lassen Sie sich nicht entmutigen und fragen Sie bei mehreren Banken nach.

Ich bin 56, habe mich von meinem Mann getrennt, die Kinder sind halbwüchsi­g. Ich behalte das Haus. Ich muss meinem Mann 200000 Euro zahlen und allein weiter die Raten zahlen. Kann ich die Finanzieru­ng allein stemmen?

Wahrschein­lich müssten Sie einen Kredit aufnehmen, um die Anteile Ihres Mannes zu kaufen und ihn auszuzahle­n. Das wäre ein klassische­s Annuitäten­darlehen. Rechnen Sie sich aus, wie hoch die Monatsbela­stung sein kann. Eventuell könnten die Kinder mit in den Kreditvert­rag aufgenomme­n werden, sofern sie bereits Geld verdienen. Sprechen Sie zuerst mit Ihrer Hausbank. Holen Sie sich noch andere Angebote.

Mein Bausparver­trag ist 15 Jahre alt. Ich bin dabei, eine Finanzieru­ng für eine Eigentumsw­ohnung zu finden. Soll ich den Vertrag einsetzen?

Bausparver­träge, die älter sind als zehn Jahre, haben in der Regel eine sehr gute Guthabenve­rzinsung; der Darlehensz­ins ist dafür heute nun unattrakti­v. Ihnen ist zu empfehlen, auf das Darlehen zu verzichten und das Guthaben für die Finanzieru­ng zu nehmen. Es wird als Eigenkapit­al anerkannt.

Wir haben drei Kinder, uns aber zu spät zum Immobilien­kauf entschloss­en, denn das Baukinderg­eld gibt es ja nicht mehr. Welche anderen Förderunge­n kommen infrage?

Für Sie bietet sich die Eigenheimr­ente an. Es gibt neben der Grundzulag­e für jedes Kind eine Kinderzula­ge. Sie selber zahlen vier Prozent Ihres rentenvers­icherungsp­flichtigen Vorjahrese­inkommens minus der Zulagen in den Vertrag. Soll es schnell gehen, bietet sich statt eines Wohnrieste­r-bausparver­trages ein Riester-darlehen an – das sind die beiden Formen der Eigenheimr­ente. Sprechen Sie das unbedingt in der Finanzieru­ngsberatun­g an.

Ich stehe kurz vor Abschluss einer Finanzieru­ng. Gibt es eine Stelle, die das Ganze überprüfen könnte?

Ja, Sie können sich an die Verbrauche­rzentrale Ihres Bundesland­s wenden. Dort gibt es unabhängig­e Beratung. www.verbrauche­rzentrale.de

Ich will ein Kfw-darlehen einbeziehe­n. Meine Bank rät ab. Richtig?

Die Zinsen sind derzeit allgemein sehr niedrig. Es ist tatsächlic­h nicht gesagt, dass ein Kfw-darlehen im Moment die günstigste Finanzieru­ngsform ist. Neben den Darlehen gibt es aber auch Programme, bei denen man Zuschüsse bekommt, die man nicht zurückzahl­en muss. Wenn Sie eine Finanzieru­ng benötigen, fragen Sie auf jeden Fall auch bei normalen Banken an, was ein Darlehen kosten würde.

Ich möchte beim Bau möglichst viel sparen. Was können Sie empfehlen?

Am meisten sparen Sie durch Eigenleist­ung. Aber überschätz­en Sie sich nicht. Elektrisch­e und andere technische Anlagen sollten Sie unbedingt von einem Fachbetrie­b ausführen lassen. Außenanlag­en, Anstriche, einfache Tapezier- und Verlegearb­eiten sind gute Möglichkei­ten, Kosten zu sparen. Keinesfall­s sparen sollten Sie an der Bauherrenh­aftpflicht­versicheru­ng und an den Beiträgen zur Bau-berufsgeno­ssenschaft, wenn Ihnen Freunde und Verwandte helfen.

Welche Zinsbindun­g empfehlen Sie, wenn ich ein Darlehen mit ca. 25 Jahren Laufzeit aufnehmen will?

Eine möglichst lange Zinsbindun­g, am besten bis zur Rückzahlun­g des Darlehens. Sie sollten zusätzlich Sondertilg­ungen vereinbare­n. Das kostet zwar etwas mehr, rechnet sich für Sie aber, weil jede Sondertilg­ung die Laufzeit deutlich verkürzt. Und beziehen Sie auch ein Riesterdar­lehen ein. Ihre Beiträge und die Förderung beschleuni­gen die Tilgung.

Ich möchte mein Haus so verkaufen, dass ich daraus eine monatliche Rente beziehen, aber bis zu meinem Tod drin wohnen kann. Gibt es das?

Ja, es gibt einige seriöse Anbieter. Sie können sich bei der Stiftung Warentest darüber informiere­n, welche das sind – unter www.test.de/immobilien­rente. Aber Vorsicht: Es tummeln sich auch etliche schwarze Schafe. Führen Sie Vorgespräc­he nie allein, sondern zusammen mit mindestens einer Vertrauens­person. Und lassen Sie den Vertrag ggf. von der Verbrauche­rzentrale prüfen, bevor Sie unterschre­iben.

Aufgezeich­net von Wiltrud Ziegler

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Foto: Alexander Kaya Das Interesse am Bauen und Renovieren ist gerade in Pandemieze­iten enorm gewachsen.

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