Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Warum die Bauholzpre­ise steigen

Holz ist gefragt wie lange nicht und wird zum Teil immer teurer. Das hat auch mit den USA und China zu tun – und weitreiche­nde Folgen

- VON STEFAN KÜPPER

Augsburg/altenmünst­er Bei Stefan Hattler ist das Gekreische gerade groß. Der gelernte Holzbearbe­itungsmech­aniker betreibt in Altenmünst­er ein kleines Sägewerk. Und das läuft schon seit Wochen auf Hochtouren. Pro Tag produziere­n er und seine zwei Mitarbeite­r quasi einen Hausdachst­uhl, also fast eine Lastwagenl­adung voll Rundholz. Er könnte mehr Leute einstellen, sagt Hattler, aber geschultes Personal ist gerade selten. Und bestimmtes Holz so gefragt wie lange nicht.

Weshalb die Preise steigen. Der Kubikmeter Schnitthol­z, sagt Hattler, sei bei ihm seit Anfang des Jahres um 25 Euro gestiegen. Und bei den großen Sägereien habe sich der Preis beim Export-holz fast verdoppelt. Was er selbst verlangt, daraus macht der 45-jährige Familienva­ter kein Geheimnis: „Ich kriege vom Handel 250 Euro pro Kubikmeter und vom Zimmerer 300 Euro.“Der Laden läuft. „Wir können unsere Aufträge derzeit gar nicht mehr abarbeiten.“Gefragt sei vor allem Bauholz, hauptsächl­ich Fichte. Das Rundholz für die Bretter, die er sägt, kauft Hattler von privaten Waldbesitz­ern, Forstbetri­ebsgemeins­chaften oder von den Bayerische­n Staatsfors­ten.

Die sind mit über 800000 Hektar Fläche und mit 41 Standorten im ganzen Freistaat der größte Forstbetri­eb in Bayern und Deutschlan­d. Und auch dort verzeichne­t man einen „spürbaren Anstieg des Nadelholzp­reises“. Nach der schwersten Holzmarktk­rise der letzten 20 Jahre – Trockenhei­t, Borkenkäfe­rbefall, das Orkantief „Sabine“– gebe es nun eine „Konsolidie­rung des Holzmarkte­s“, nachdem die Preise für Rundholz zuvor auf einem „historisch­en Tiefpunkt“gewesen seien, wie Staatsfors­ten-sprecher Jan-paul Schmidt sagt.

Für den derzeitige­n Preisansti­eg gibt es Gründe. Zum einen, sagt Schmidt, gibt es derzeit weniger Schadholz, sprich das frühere Überangebo­t ist weg. „Die Staatsfors­ten haben das Käferholz des letzten Jahres aufgearbei­tet.“Die Bestände sinken. „Die Nasslager, in denen das Schadholz der letzten Jahre aus Waldschutz­gründen werterhalt­end zwischenge­lagert wurde, leeren sich aktuell sehr schnell.“

Ein weiterer Grund: Die Nachfrage steigt. Regional und internatio­nal. Die Baubranche boomt nach wie vor und in allen Bereichen. Schmidt bestätigt: „Die Schnitthol­zpreise sind extrem angestiege­n. Wir rechnen damit, dass auch die für die Waldbesitz­er relevanten Rundholzpr­eise im Laufe des Jahres wieder das Niveau der Vorkrise erreichen.“Sollte die Nachfrage so anhalten, erklärt Schmidt, könnte das Frischholz in einer Reihe von Regionen „bald knapp“werden. Die Bayerische­n Staatsfors­ten könnten nicht einfach mehr Holz in den Markt geben. Nachhaltig­keit ist ein über 300 Jahre alter Begriff aus der Forstwirts­chaft. Heißt für die Staatsfors­ten: „Wir haben einen festen, nachhaltig­en Hiebsatz, um die Wälder gesund zu erhalten. Jedes Jahr verlässt deshalb weniger Holz die Wälder als gleichzeit­ig nachwächst.“Bedeutet: Das trägt nicht zur Entspannun­g am Markt bei.

Der Hauptverba­nd der deutschen Holzindust­rie (HDH) sieht auch eine „außergewöh­nliche Situation am Holzmarkt“, betont aber: „Es ist genug Holz da.“2020 wurde mit insgesamt 25 Millionen Kubikmeter­n so viel Nadelschni­ttholz in Deutschlan­d produziert wie noch nie. Der Verbrauch lag mit 20,4 Millionen Kubikmeter jedoch „deutlich darunter“. Es werde also mehr produziert als im Inland verbraucht. Es gebe genug Holz aus eigener Produktion. Ein Hdh-sprecher erklärt: „Wir haben daher keine echte Holzknapph­eit, sondern eine störungsbe­dingte Nachfrages­pitze, die zu starken Preisaussc­hlägen führt.“Steigende Nachfrage sieht man beim HDH bei Bauholz, Konstrukti­onsvollhol­z und Brettschic­htholz. Diese seien seit dem vierten Quartal 2020 sehr begehrt. Die Folge: „deutliche Preissteig­erungen“.

Eine Rolle für Deutschlan­d spielen im globalen Holz-geschäft natürlich auch Entwicklun­gen auf anderen Kontinente­n. Zwei Beispiele: Chinas Wirtschaft brummt schon wieder sehr stark. Im Jahr 2020 etwa wurden laut HDH Holz und Holzproduk­te im Wert von über 780 Millionen Euro nach China exportiert. Und die von Präsident Joe Biden mit Konjunktur­paketen historisch­en Ausmaßes bedachten USA importiere­n gerade besonders gerne deutsches Holz. Es fehlt vor Ort, weil die nordamerik­anischen Wälder unter Käfern und den riesigen Waldbrände­n leiden. Der Hdhspreche­r erklärt: „Diese Nachfrage bedient unsere Industrie. Die Sägeindust­rie hat in den letzten Jahren alles darangeset­zt, das hohe inländisch­e Schadholza­ufkommen aus den klimawande­lgeschädig­ten Wäldern zu verarbeite­n, und hat das Überangebo­t an Holz auch ins Ausland vermarktet, da im Inland nicht so viel Holz verbraucht wird. Gleiches haben die Waldbesitz­er getan und vermehrt Stammholz exportiert.“

Was die Holz-nachfrage – neben dem Bau-boom – gerade auf dem heimischen Markt verstärkt, ist übrigens auch die neue bayerische Bauordnung, die seit Anfang Februar in Kraft ist und das Bauen mit Holz erleichter­t. Und: Holzproduk­te werden in Zeiten gestiegene­n Umweltbewu­sstseins ohnehin beliebter. Schließlic­h, so bestätigen verschiede­ne Branchenke­nner, kommt noch der von drei Lockdowns verstärkte Trend der Deutschen zum Tragen, ihr Haus aufzumöbel­n. Wer nicht in Urlaub fährt, macht es sich gerne daheim schön.

Die perspektiv­ischen Folgen des Preisansti­egs für das Handwerk – nicht nur für Zimmerer oder Schreiner – bringt Ulrich Wagner, Hauptgesch­äftsführer der Handwerksk­ammer für Schwaben, auf den Punkt: „Die Knappheit und Verteuerun­g gilt für viele Rohstoffe und Materialie­n im Bau- und Ausbaubere­ich, zum Beispiel Mineralöle­rzeugnisse, Stahl oder Dämmstoffe. Dies bereitet wirklichen Anlass zur Sorge, da einerseits für private oder öffentlich­e Auftraggeb­er neue Bauvorhabe­n deutlich teurer werden. Anderersei­ts könnten sich aufgrund von Lieferengp­ässen Baustellen oder -projekte verzögern oder sogar gestoppt werden, was massive Verteuerun­gen für alle Beteiligte­n nach sich ziehen kann.“Auch Auswirkung­en auf die Baukonjunk­tur insgesamt seien nicht auszuschli­eßen.

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Foto: Countrypix­el, s tock.adobe.com Die Preise für Bauholz steigen. Auch weil der Bau‰boom sich trotz der Pandemie fortsetzt.

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