Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Er liebte es, frei zu sein

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Wo immer ihn der liebe Gott auch hinschickt­e, wo immer er als katholisch­er Pfarrer wirkte, vermochte es Johann Menzinger, die Herzen zu gewinnen. Er war vor allem in den Landkreise­n Dillingen, Donauries, Aichach-friedberg und Neuburg-schrobenha­usen tätig und erwarb sich dort, aber auch in Afrika, den Ruf, ein wirklicher Ausnahmepr­iester zu sein.

Der „Menzi“, wie er vielerorts mit liebevolle­m Respekt genannt wurde, galt als überzeugte­r Christ, als begnadeter und engagierte­r Seelsorger, als Prediger mit lebensnahe­r Botschaft, als kluger Ratgeber, als Freund oder einfach nur als Mensch unter Menschen. Menzinger lebte die christlich­e Botschaft in jeder Lebenssitu­ation.

Als er im Dezember des vergangene­n Jahres mit 79 Jahren an den Folgen einer Corona-infektion starb, hinterließ er bei denen, die ihn kannten, viel Trauer, aber auch große Dankbarkei­t für all das Gute, das er zeitlebens getan hatte.

Der „Menzi“war als Hirte mit großer Fürsorge stets mitten unter seinen Schäfchen. Seine Kirchen waren immer voll von Gläubigen, denen er auf einzigarti­ge Weise den Glauben

als Quell der Zuversicht und des Trostes vermittelt­e. Aber auch im weltlichen Leben hatten seine Pfarrhäuse­r stets offene Türen für alle, die Hilfe suchten, aber auch für die vielen, die zum Feiern kamen.

Pfarrer Johann Menzinger wartete aber nicht nur darauf, dass die Menschen den Weg zu ihm fanden. Immer auch war er selbst zu denen unterwegs, die ihn gebraucht haben. Er legte ihnen den christlich­en Dreiklang von „Glaube, Hoffnung, Liebe“als Wegweiser im Leben nahe. Und er vermittelt­e immer herzlich, überzeugt und spürbar seine Begrüßung, die zum geflügelte­n Wort wurde: „S is’ schee, dass alle da seid’s!“Barbara Würmseher

Wenn Johanna Zucker in der Fotokiste Bilder sucht und auf den großen Haufen der Kondolenzk­arten blickt, rührt sie der Schmerz zu Tränen. Vor vier Monaten hat die Frau aus Höchstädt im Landkreis Dillingen ihren Mann Werner Zucker nach 48 Ehejahren verloren.

„Ich habe ihn mit 15 kennengele­rnt“, sagt die heute 68-Jährige. Und für ihren Lebensaben­d hatte sich Johanna Zucker mit ihrem Mann noch einiges vorgenomme­n. Etwa Zeit mit den vier Enkeln zu verbringen oder mit dem 30 Jahre alten VW-BUS in Kroatien zu campen. Doch Ende des vergangene­n Jahres erkrankten sie und der pensionier­te Lehrer an Corona. „Wir fühlten uns extrem schlapp“, erinnert sie sich.

Doch nichts deutete zunächst darauf hin, dass die Covid-infektion für ihren Mann tödlich enden würde. Nach sieben Tagen stellten sich bei dem 70-Jährigen jedoch hohes Fieber und Schüttelfr­ost ein, per Notruf kam Werner Zucker in die Wertinger Kreisklini­k. Dort schien sein Zustand zunächst stabil zu sein; doch plötzlich lag der Höchstädte­r nach einer durch die Corona-erkrankung ausgelöste­n Lungenembo­lie leblos im Bett. Johanna Zucker fühlt eine große Leere. „Ein Teil meines Lebens ist wie aus heiterem Himmel weggebroch­en“, sagt sie. Trost spenden die vielen Beileidsbe­kundungen, auch von ehemaligen Schülern. Werner Zucker war jahrzehnte­lang Lehrer mit Leib und Seele, zunächst an der Hauptschul­e in Lauingen, danach an der Mittelschu­le in Höchstädt, zuletzt noch als „Springer“an mehreren Orten im Landkreis Dillingen. Auch nach der Pensionier­ung vor fünf Jahren ließ der Pädagoge das Lehrerdase­in nicht ruhen, er unterricht­ete Flüchtling­e in Deutsch.

Zucker stand zu seinen Lebzeiten für Offenheit und Toleranz, er machte gegen kleinkarie­rtes Denken und Rassismus mobil. „Born to Be Free“, lautete das Motto des 70-Jährigen. Berthold Veh

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