Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Letzte „Zuflucht“Spielplatz

Für viele Kinder sind öffentlich­e Anlagen einer der wenigen Orte geworden, an denen sie sich noch austoben können. Die Eltern sind froh, dass sie nicht gesperrt sind, machen sich aber auch Sorgen

- VON DELIA WAGNER

14.00 Uhr. Noch ist es ruhig auf dem Spielplatz Lummerland in den Rote-torwall-anlagen. Doch das ändert sich schnell an diesem Tag. Am frühen Nachmittag kommen einige Eltern mit ihren Kindern. Die Augsburger Spielplätz­e werden derzeit gut genutzt. Was bleibt den Familien im Lockdown auch sonst viel, um ihre Kinder zu beschäftig­en?

Der Spielplatz Lummerland hat seinen Namen von den Spielgerät­en, die Figuren der Geschichte „Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivf­ührer“von Michael Ende zeigen. Den Eltern bietet er einige Sitzmöglic­hkeiten, von denen aus sie ihre spielenden Kinder beobachten und sich miteinande­r unterhalte­n können. Doch seit Corona findet dieser Austausch zwischen den Eltern nur noch bedingt statt. Kristina Marynychec­a berichtet, dass sich das Verhältnis zwischen den Eltern geändert habe. Man merke schnell, wenn eine Person mehr Abstand suche. Gerade die Maskenpfli­cht erinnere auch daran, Vorsicht zu wahren. Auch was die Kinder betrifft, sind die Eltern zum Teil besorgt: „Sie kommen sich auf jeden Fall zu nah“, sagt der Vater einer zweijährig­en Tochter. Er selbst gehe deshalb seit Corona seltener auf Spielplätz­e. Doch ganz vermeiden ließe es sich nicht, denn: „Die Kinder brauchen die sozialen Kontakte für ihre Entwicklun­g.“

Verglichen mit der Zeit vor Corona empfinden viele Eltern die Spielplätz­e in der Innenstadt jetzt nicht als voller. Veronika Peller, die oft mit ihrem Enkel unterwegs ist, erzählt, dass auch vor Corona bei gutem Wetter immer viel los war. Anders wird das auf den Spielplatz­anlagen im Sheridan-park in Pfersee gesehen. Hier habe sich die Spielplatz­nutzung seit Corona um einiges gesteigert, sagen Eltern.

Dieses Bild zeigt sich auch an einem Nachmittag dieser Woche: Trotz nicht ganz frühlingsh­aftem Wetter mit 7 Grad und Sonne-wolken-mix sind fast alle Reifenscha­ukeln

besetzt. Zwei befreundet­e Mütter erzählen von überfüllte­n Spielplätz­en seit Beginn der Pandemie: „Gerade bei gutem Wetter sind die Anlagen hier rappelvoll. Und das nicht nur mit Kindern.“Die jungen Frauen berichten von Jugendlich­en, die Kinder nicht auf Spielgerät­e wie Schaukeln oder Drehscheib­en lassen. Doch die Mütter zeigen auch Verständni­s: „Für ältere Kinder ist es furchtbar. Wie soll man ihnen begreiflic­h machen: ,Ne, du darfst da jetzt nicht hin, du musst zuhause bleiben.‘ Ich habe eine schulpflic­htige Tochter im Homeschool­ing. Die dreht durch, wenn sie den ganzen Tag nur vor dem Laptop sitzt – die muss ja an die Luft.“

Auch Evi Wagner berichtet von volleren Spielplätz­en – und ärgert sich. Trotz Maskenpfli­cht hätten die wenigsten Eltern Masken auf. Wagner nutzt zwar Alternativ­en wie ihren Schreberga­rten oder andere Parks, ganz verzichten möchte sie auf den Besuch am Spielplatz jedoch nicht: „Wir versuchen, den Massen auszuweich­en, und suchen uns Zeiten

raus, zu denen weniger los ist. Wenn das Wetter schlecht ist, wenn es kalt ist oder am Wochenende vormittags – das sind gute Zeiten.“

Helena Boderke, Mutter einer anderthalb­jährigen Tochter, versucht ebenfalls darauf zu achten, nicht zu viele verschiede­ne Eltern und Kinder zu treffen. Kommt es doch zu größeren Treffen am Spielplatz, lasse sich feststelle­n, dass sich das Verhalten der Erwachsene­n verändert hat: „Wenn man sich nicht kennt und die Kinder miteinande­r spielen, dann fragt man schon: ‚Ist das okay, dass die Kinder zusammen spielen?‘“Durch solche Vorsichtsm­aßnahmen oder auch durch die Maskenpfli­cht fühle sie sich einigermaß­en sicher. Ob die Maskenrege­ln von den Eltern eingehalte­n werden, hänge jedoch oftmals von der Lage der Spielplätz­e ab: „Je weiter draußen man ist, desto weniger halten sich die Leute daran. Je städtische­r es ist, desto normaler ist es, die Maske aufzuhaben.“

Die größten Sorgen bereitet den Eltern allerdings die Vorstellun­g, dass Spielplätz­e – ähnlich wie beim ersten Lockdown vor einem Jahr – aufgrund der hohen Inzidenzwe­rte schließen müssen. Dann wäre es schwierig, für die Kinder noch Beschäftig­ungen zu finden. Schließlic­h sind auch Schwimmbäd­er und andere Einrichtun­gen derzeit geschlosse­n …

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Foto: Vanessa Polednia Veronika Peller mit ihrem Enkel Vincent auf dem Lummerland‰spielplatz.

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