Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Steigende Löhne reißen das Ruder nicht herum Von Andrea Baumann
In der Altenpflege zeigen sich die Auswirkungen der Corona-pandemie besonders deutlich. Neben der hohen Arbeitsbelastung hat die Einführung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht den bereits zuvor vorhandenen Mangel an Personal noch verstärkt. Aus diesem Grund können die Heimleitungen und Träger gar nicht mehr alle vorhandenen Plätze belegen. Gleichzeitig lässt die zunehmend älter werdende Bevölkerung auch in Augsburg den Bedarf an stationären Pflegeheimen steigen. Die Möglichkeit, auf ambulante Angebote auszuweichen und sich für die Betreuung in den eigenen vier Wänden professionelle Hilfe zu holen, ist begrenzt. Denn viele Sozialstationen können ebenfalls wegen fehlender Fachkräfte gar keine neuen Kundinnen und Kunden mehr annehmen.
Die steigenden Löhne und Gehälter werden es nicht schaffen, das Ruder herumzureißen. Es wird weiter schwierig bleiben, neues Personal zu gewinnen und vorhandenes zu halten. Hinzu kommt, dass sich das Einsparpotenzial seitens der Einrichtungen in Grenzen halten dürfte: Alte Menschen, die schnell frieren und sich kaum bewegen, dürften kaum mit einer Raumtemperatur von 19 Grad zurechtkommen.
Gleichzeitig treibt Senioren die Sorge um, sich den Platz im Heim nicht mehr leisten zu können. Tatsächlich dürfte die Zahl derjenigen, die zusätzlich Sozialhilfe und damit Steuergelder in Anspruch nehmen müssen, in den nächsten Jahren steigen. Dies liegt auch an der 2020 in Kraft getretenen Gesetzesänderung, wonach Kinder nur dann für die Eltern Unterhalt leisten müssen, wenn ihr jährliches Bruttoeinkommen über 100.000 Euro liegt. Auf der anderen Seite sind Träger in Sorge, dass sie Häuser nicht mehr wirtschaftlich betreiben können und sie die eine oder andere Einrichtung sogar komplett schließen müssen. Augsburg hat erst Anfang des Jahres schon vor der Energiekrise durch die Zwangsschließung des Seniorenheims Ebnerstraße rund 100 stationäre Plätze verloren. Ein weiterer Verlust an Pflegeplätzen wäre in Augsburg kaum zu verschmerzen.