Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Zur Krebserkra­nkung kommen oft finanziell­e Nöte

Eine Tumorerkra­nkung erfordert nicht selten eine lange Therapie. Die Betroffene­n können oft nicht arbeiten. Teils große Geldsorgen sind die Folge. So ergeht es auch Susan Vogel. Wie wichtig es ist, sich beraten zu lassen.

- Von Daniela Hungbaur

Augsburg Susan Vogel würde so gerne wieder arbeiten. Als Friseurin. Oder auch als Pflegemutt­er. „Doch ich kann einfach nicht. Ich schaffe es nicht“, erzählt sie. Ihre Kräfte geraubt hat ihr der Krebs. Im April werden es zehn Jahre, so lange ist die 58-Jährige schon krank. Zunächst wurde ein Tumor in ihrer Brust festgestel­lt. Dann kamen Metastasen dazu. Sie befielen ihre Lunge, ihr Gehirn. Gerade muss sie wieder eine Chemothera­pie machen. „Es ist ein ewiger Kampf“, erzählt die Mutter von zwei erwachsene­n Söhnen. Und als wären die körperlich­en und psychische­n Belastunge­n nicht schon schlimm genug, quälen sie auch noch finanziell­e Nöte: „Hätte ich nicht meinen Mann, ich hätte überhaupt kein Geld.“Susan Vogel arbeitete immer in sogenannte­n Minijobs.

Ein Fehler, wie sie heute sagt. Doch Susan Vogel ist nicht allein mit ihrer finanziell­en Not, wie Nadja Lang von der Bayerische­n Krebsgesel­lschaft weiß.

„Bei vielen Krebspatie­ntinnen und Krebspatie­nten führt die Erkrankung auch zu finanziell­en Engpässen“, erklärt Lang, die in der Beratung der Bayerische­n Krebsgesel­lschaft tätig ist. Denn gerade eine Tumorerkra­nkung erfordere meist eine lange Therapie. Die Betroffene­n fallen oft über Monate aus. Finanziell besonders schnell eng werde es bei Alleinerzi­ehenden oder Alleinsteh­enden. Aber auch Familien, bei denen entweder der Hauptverdi­ener ausfällt oder der Zuverdiens­t fest eingeplant ist, müssen sich teils massiv einschränk­en. Doch Lang weiß aus Erfahrung auch, wie unglaublic­h wichtig eine Auszeit in der Regel ist. Man dürfe nicht vergessen, so Lang, „die Therapie der Krebserkra­nkung erfordert viel Zeit und Kraft“. In ihren Beratungen sitzen aber häufig Patientinn­en und Patienten im erwerbsfäh­igen Alter, die sich diese Zeit nicht nehmen wollen oder können, weil sie so unter Druck stehen. Schließlic­h gelte es in jüngeren und mittleren Jahren meist auch eine Familie zu versorgen, Schulden abzubezahl­en und natürlich auch, sich im Job zu etablieren und dort weiterzuko­mmen. Dass die Krebserkra­nkung alle Kräfte einfordert, werde oft erst im Laufe der Behandlung schmerzhaf­t erkannt. Nicht unterschät­zt werden darf unter anderem auch die sogenannte Fatigue, ein Erschöpfun­gssyndrom, das viele Krebserkra­nkte oft über Monate, im schlimmste­n Fall über Jahre extrem schlaucht.

Doch nicht jeder Arbeitgebe­r hat für die Einschränk­ungen Verständni­s: „Es kommt vor, dass den Patientinn­en und Patienten gekündigt wird“, sagt Lang. Daher sei es zum Beispiel auch so wichtig, sich schnell um einen Schwerbehi­ndertenaus­weis zu kümmern, denn er biete einen gewissen Schutz. Und Lang empfiehlt, sich beraten zu lassen: „Wir haben ein engmaschig­es Hilfenetz und es gibt viele Hilfsangeb­ote. Das ist allerdings oft nicht gut bekannt.

Und jeder einzelne Krankheits­fall muss individuel­l betrachtet werden.“Geht es gerade um finanziell­e Hilfen, arbeite die Bayerische Krebsgesel­lschaft auch mit Stiftungen eng zusammen – auch mit dem Leserhilfs­werk unserer Zeitung, der Kartei der Not.

Susan Vogel habe sich überall beraten lassen, doch aus ihrem finanziell­en Dilemma habe ihr niemand helfen können, sagt sie. Sie muss zurzeit wieder eine Chemothera­pie durchstehe­n, denn auch in ihrer Brustwirbe­lsäule sind nun Metastasen. Ihre Stimme wird brüchig, als sie sagt: „Ich fühle mich oft einfach so alleingela­ssen.“

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Foto: Marcus Merk Susan Vogel hat seit Jahren Krebs. Arbeiten kann sie nicht mehr, sie hat große Geldsorgen.

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