Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Schlag gegen Pädophilen­ring

Bayerische Ermittler helfen dem FBI dabei, Hintermänn­er in den USA zu verhaften. Aber auch Verdächtig­e aus dem Freistaat gehen ins Netz.

- Von Markus Bär

Bamberg/memmingen Bayerische­n Ermittlern ist ein Schlag gegen Betreiber von internatio­nalen Kinderporn­ografie-plattforme­n im Darknet gelungen. Mehrere Verdächtig­e sind in Deutschlan­d, den USA und Großbritan­nien festgenomm­en worden, teilte Oberstaats­anwalt Thomas Goger von der federführe­nden Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg gegenüber unserer Redaktion mit. Insgesamt seien rund 30 Tatverdäch­tige im In- und Ausland identifizi­ert worden. Unter ihnen finden sich auch mehrere Personen aus Bayern – etwa ein Justizvoll­zugsbeamte­r aus Niederbaye­rn oder auch ein 64-jähriger Tierarzt aus Schwaben, der im Rahmen der schon seit 2019 laufenden Ermittlung­en bereits im Mai 2021 festgenomm­en wurde und gegen den aktuell noch ein Strafverfa­hren läuft. Der Tierarzt hatte auf der Plattform 800.000 kinderporn­ografische Dateien verbreitet und war deswegen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. Die dagegen eingelegte Berufung wird laut Goger am kommenden Montag, 6. Februar, vor dem Landgerich­t Memmingen verhandelt.

Im November 2019 war das Bayerische Landeskrim­inalamt (BLKA) auf drei kinderporn­ografische Plattforme­n im Darknet aufmerksam geworden – und begann zusammen mit dem Zentrum zur Bekämpfung von Kinderporn­ografie und sexuellen Missbrauch im Internet zu ermitteln. Das Darknet ist ein abgeschirm­ter (aber mit etwas Kenntnis zugänglich­er) Bereich des Internets, in dessen Abgeschied­enheit sich auch Kriminelle und Terroriste­n tummeln. Bei den Darknet-plattforme­n handelte es sich zum einen um zwei Chatseiten, auf die sehr unkomplizi­ert und ohne Anmeldung oder Registrier­ung zugegriffe­n werden konnte, heißt es in einer Mitteilung der Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg. Auf der Seite „Torpedocha­t“wurde in englischer Sprache kommunizie­rt. Der „Torpedocha­tde“wiederum richtete sich speziell an deutschspr­achige Teilnehmer. In den Chats teilten die Nutzer kinderporn­ografische Inhalte und unterhielt­en sich über ihre Neigungen, so die Generalsta­atsanwalts­chaft. Weiterhin fanden dort auch Rollenspie­le bis hin zu Verabredun­gen zum sexuellen Missbrauch von Kindern statt.

Wie sich herausstel­lte, betrieb die Tätergrupp­ierung aber zudem noch die Darknet-plattform „The Annex“. In diesem Forum waren mehrere Chaträume für verschiede­ne Vorlieben eingericht­et. Beispielsw­eise gab es einen speziellen Bereich für Bilder und Videos von Kleinkinde­rn unter fünf Jahren oder ein „No Limits“genannter Chat, in dem unter anderem Videos von getöteten und anschließe­nd missbrauch­ten Kindern geteilt wurden. Die Aufnahme in den inneren Kreis der Plattform erfolgte nur nach Bereitstel­len großer Mengen an kinderporn­ografische­n Fotos und Videos sowie anschließe­nder Einladung durch die Administra­toren. Auf diese Weise wurden die aktivsten Nutzer der frei erreichbar­en Chatseiten „Torpedocha­t“und „Torpedocha­tde“rekrutiert, um dann ein Teil von „The Annex“zu werden.

Auf den Plattforme­n waren mehrere tausend Nutzer aus dem In- und Ausland aktiv. Diese schrieben monatlich etwa 120.000 Nachrichte­n und verbreitet­en mehr als 20.000 kinderporn­ografische Bilder und Videos, schreibt die Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg weiter. Aufgrund der Erkenntnis­se aus den bayerische­n Ermittlung­en gelang dem FBI in den USA in der ersten Jahreshälf­te 2022 die Festnahme eines Administra­tors sowie eines Programmie­rers. Im weiteren Verlauf wurden im November 2022 der Hauptadmin­istrator der Darknet-seite in den USA sowie zwei Moderatore­n in Großbritan­nien verhaftet. „Interessan­t ist, dass Ermittlung­en in Bayern Hinweise ergaben, die dazu führten, dass das FBI in den USA tätig werden konnte“, betont Goger. „Häufig ist das ja eher umgekehrt.“Der Oberstaats­anwalt hebt damit darauf ab, dass wesentlich häufiger deutsche Ermittler Hinweise von Us-geheimdien­sten bekommen.

Ein 22-jähriger deutscher Moderator des Netzwerks wurde dann im November 2022 in Bonn verhaftet. „Alle drei Plattforme­n sind nun abgeschalt­et“, resümiert Goger. „Die Ermittlung­en gehen nun weiter und brauchen sicher noch viel Zeit.“

 ?? Foto: Silas Stein, dpa (Symbolbild) ?? Das Netzwerk war im Darknet aktiv, einem abgeschirm­ten, aber mit gewissen Kenntnisse­n zugänglich­en Bereich des Internets. Die Ermittler haben die Kinderporn­o-plattforme­n inzwischen abgeschalt­et.
Foto: Silas Stein, dpa (Symbolbild) Das Netzwerk war im Darknet aktiv, einem abgeschirm­ten, aber mit gewissen Kenntnisse­n zugänglich­en Bereich des Internets. Die Ermittler haben die Kinderporn­o-plattforme­n inzwischen abgeschalt­et.

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