Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
„Titel Stanley-cup-sieger hilft definitiv“
Nico Sturm gewann mit Colorado Avalanche den Stanley Cup. Dann wechselte der Augsburger in der NHL zu den San José Sharks. Ein Gespräch über die neue Rolle im neuen Team, einen Ring, die WM und den Absturz der Panther.
Nico Sturm, wie würden Sie ihre Saison bisher beschreiben?
Nico Sturm, 27: Vom Team-aspekt her sind da natürlich auch frustrierende Abende dabei. Aber das wusste ich, als ich hier unterschrieben habe. Wir hatten einen sehr schweren Start mit sechs Niederlagen. Da hast du gleich ein fettes Loch, das du nur schwer wieder schließen kannst. Ansonsten sind wir in den allermeisten Spielen sehr wettbewerbsfähig. Wir lassen viele Punkte unnötig liegen. Es gab nur ein Spiel, einmal gegen Edmonton, in dem wir gar keine Chance hatten. Aber wir haben die Konstanz nicht und das ist eben ein Qualitätsmerkmal von guten Mannschaften. Das fehlt bei uns und deswegen stehen wir da, wo wir stehen als Mannschaft.
Sie sind vom Stanley-cup-sieger zu einem Außenseiter-team gewechselt. Dafür spielen Sie dort eine deutlich wichtigere Rolle. Wie schwer war diese doppelte Umstellung?
Sturm: Ich wusste ja, dass der Mannschaftserfolg nicht so aussehen wird wie in Minnesota oder Colorado. Aber es war auch nötig, eine Mannschaft zu finden, die ein bisschen schwächer aufgestellt ist, damit ich in eine wichtigere Rolle schlüpfen darf und mehr Spielzeit bekomme. In Colorado hätte ich diese Chance vermutlich nicht bekommen. Für mich war der Wechsel nötig um zu zeigen, dass ich das kann. Ich will mich als jemand etablieren, der nicht nur in der vierten Reihe neun Minuten spielt. Jetzt spiele ich 14, 15 Minuten, außerdem fest in Unterzahl und auch im Powerplay ab und zu. Offensiv wollte ich mein Potenzial besser ausschöpfen und den nächsten Schritt in meiner Karriere als Spieler gehen.
Sie haben mehr Verantwortung, in 43 Spielen elf Tore erzielt. Dazu kommen sechs Vorlagen. Wie viel Spaß macht die neue Rolle?
Sturm: Natürlich. Man hat das Gefühl, mehr gebraucht zu werden. Es macht mehr Spaß, wenn man mehr spielen darf und mehr den Puck hat. Wenn du dich offensiv ein paar Sachen trauen kannst und auch Fehler machen darfst.
Sie sind in San José als Stanleycup-sieger angekommen. Werden Sie durch diesen Erfolg anders wahrgenommen?
Sturm: Ja, das ist schon so. Der Titel Stanley-cup-sieger hilft definitiv. Es ist eben eine Erfahrung, die nur ganz wenige Spieler machen dürfen. Aber das bringt natürlich auch eine gewisse Erwartungshaltung mit sich. Dass man diese Mentalität auch mitbringt. Das ist aber kein Problem für mich, weil mich meine Arbeitseinstellung schon immer geprägt hat.
Haben Sie die ganzen Erlebnisse rund um diesen Erfolg inzwischen schon verarbeitet?
Sturm: Ich sag mal jein. Da ich nach Saisonende eine kleine Operation hatte, musste ich mich gleich wieder in die Saisonvorbereitung begeben. Ich hatte also die OP, dann war ich sechs Tage in Griechenland und bin dann sofort wieder ins Training eingestiegen. Von daher war da nicht viel Zeit, um das zu verarbeiten. Wenn man aber in einer Mannschaft spielt, mit der der Erfolg nicht so da ist, weiß man es umso mehr wertzuschätzen, wie schwer es eigentlich war, die ganze Sache zu gewinnen. Das wird man wohl erst verstehen, wenn man ganz fertig ist mit dem Spielen und zurückschauen kann. Es ist einfach so viel passiert in kurzer Zeit.
Jeder Stanley-cup-siege bekommt einen eigens angefertigten Ring. Haben Sie Ihren schon bekommen?
Sturm: Nein, wir haben noch nicht gegen Colorado gespielt. Den Ring werde ich dann wohl im März bekommen, wenn wir dort zu Gast sind. Ich habe ihn bisher nur auf Bildern gesehen und freue mich schon sehr darauf, ihn dann in Händen zu halten.
Die Play-offs mit San José zu erreichen ist nicht unmöglich, wird aber sehr schwer. Sollte es nicht klappen, könnten Sie stattdessen mit der deutschen Nationalmannschaft
an der WM teilnehmen. Welche Rolle spielt das in Ihren Planungen?
Sturm: Wenn ich fit bin, gesund bin, dann ist es eine Ehre, für die Nationalmannschaft zu spielen.
Ich würde sehr gerne spielen, wenn ich eingeladen werde. Aber ich bin keiner, der sich frühzeitig hinstellt und sagt, dass wir die Play-offs nicht schaffen. Natürlich sehe ich die Tabelle und bin Realist, aber da geht es ums Prinzip. Dafür bin ich einfach nicht der Typ. Aber grundsätzlich steht die Nationalmannschaft ganz oben auf meiner Liste.
Ganz oben auf Ihrer Liste steht auch immer ihr Heimat-klub, die Augsburger Panther. Die stecken in einer schwierigen Lage und können den Abstieg kaum noch verhindern. Wie eng ist Ihre Verbindung momentan?
Sturm: Mein Bruder Timo trainiert ja die U13 des AEV. Der ist bei allen Heimspielen, meine Eltern schauen auch fast jedes Spiel der Panther. Wegen der Zeitverschiebung ist es immer ein bisschen schwer für mich, die Spiele selbst zu sehen. Aber ich lese, was die Fans schreiben und hole mir die Scouting-reports von meinem Bruder und meinen Eltern. Ich habe auch Kontakt zu ein paar Spielern und zu den Betreuern. Meine Daumen sind gedrückt, dass sie es noch schaffen. Es wäre sehr schade für den Sportstandort Augsburg, wenn die Panther absteigen würden. Ich fiebere mit und hoffe einfach, dass sie in den verbleibenden Spielen noch irgendwie das Wunder schaffen und die Kurve kriegen.