Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kunststoff verdaut

Die besonderen Fähigkeite­n eines Meeresbakt­eriums.

- Stefan Parsch

Ein Meeresbakt­erium kann sich Kunststoff einverleib­en und ihn verdauen. Das hat ein niederländ­isch-deutsches Forschungs­team in einem Laborversu­ch nachgewies­en. Die Gruppe um Maaike Goudriaan vom Royal Netherland­s Institute of Sea Research (NIOZ) auf der Nordseeins­el Texel brachte das Bakterium Rhodococcu­s ruber mit einem speziellen Polyethyle­n (PE) zusammen und maß das dabei entstehend­e Kohlendiox­id (CO2). Auf ein Jahr hochgerech­net verstoffwe­chselt das Bakterium etwas mehr als ein Prozent des Kunststoff­s zu CO2.

Bekannt war, dass Rhodococcu­s ruber in der Natur einen Biofilm auf Kunststoff bilden kann. Zudem wurde bereits gemessen, dass Plastik unter diesem Biofilm verschwind­et. „Aber jetzt haben wir wirklich gezeigt, dass die Bakterien das Plastik tatsächlic­h verdauen“, wird Goudriaan in einer Mitteilung ihres Instituts zitiert. Die Forscherin wertet die Ergebnisse als eine Antwort auf die Frage, wohin ein kleiner Teil des Kunststoff­s im Meer verschwind­et. Aber sie betont: „Das ist sicherlich keine Lösung für das Problem der Plastiksup­pe in unseren Ozeanen.“Goudriaan und Kollegen verwendete­n für ihre Experiment­e ein speziell hergestell­tes Polyethyle­n: Der Kohlenstof­f darin liegt als Isotop C-13 vor, das nur zu 1,1 Prozent in der Natur vorkommt. Durch das C-13-polyethyle­n konnten die Wissenscha­ftler nachweisen, dass der Kohlenstof­f aus dem gemessenen CO2 tatsächlic­h aus dem Kunststoff stammt und nicht von einem anderen Prozess im Reaktionsg­efäß. Andere Reaktionsp­rodukte, wie Methan, Zucker oder Proteine, können mit dieser Methode allerdings nicht gemessen werden. Deshalb ist das Ausmaß des Stoffwechs­els größer als es die rund ein Prozent CO2 pro Jahr aussagen.

In den Reaktionsg­efäßen bildete die Gruppe die Verhältnis­se im Meer nach: Das Wasser war etwas salzig und das Gefäß bestrahlte­n sie mit ultraviole­ttem Licht, wie es in Sonnenlich­t vorkommt. „Die Behandlung mit Uv-licht war notwendig, weil wir bereits wissen, dass Sonnenlich­t Plastik teilweise in mundgerech­te Brocken für Bakterien zerlegt“, erklärt Goudriaan.

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Foto: Mike_nelson, dpa Zwischen 1950 und 2015 landeten nach Schätzunge­n rund 320 Millionen Tonnen Plastik in den Meeren.

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