Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Wissen und Meinen
Wer eine klare Haltung hat, glaubt, sich auszukennen.
Ob Impfstoffe, Klimakrise oder gentechnisch veränderte Organismen: Manche wissenschaftliche Themen rufen teils gegensätzliche und dabei sehr starke Meinungen hervor. Abgelehnt würden Erkenntnisse aus solchen Forschungsgebieten tendenziell vor allem von Menschen mit eher wenig Fachwissen, bestätigt eine in der Zeitschrift vorgestellte Studie vorherige Analysen. Und: Menschen mit einer starken Haltung pro oder kontra Wissenschaft schätzen demnach ihr eigenes Wissen als sehr hoch ein.
Konkret befragten die Forschenden 2000 britische Erwachsene anhand verschiedener Forschungsthemen im Bereich Genetik über ihre Einstellung zur Wissenschaft und dazu, wie sie ihr eigenes Verständnis beurteilten. Dabei beobachteten sie, dass Befragte mit den ausgeprägtesten Einstellungen – sowohl Befürworter als auch Gegner der Wissenschaft – stärker von ihrem eigenen Wissen überzeugt waren. Das mache psychologisch Sinn, so das Team: Um eine starke Meinung zu haben, müsse man fest an sein Wissen über die grundlegenden Fakten glauben. Tatsächlich vorhanden ist dieses Basiswissen allerdings nicht zwingend: Wie die Analyse bestätigt, verfügen gerade jene, die sich am negativsten zu einem Forschungsbereich äußern, tendenziell über wenig Wissen zum Thema.
Grundsätzlich verallgemeinern ließen sich die Ergebnisse nicht, betont das Forscherteam auch. Bei der Evolution zum Beispiel spielten religiöse Einstellungen eine große Rolle, bei der Klimakrise politische Positionen. Wie stark das subjektive Verständnis Anteil habe, sei bei solchen Themen noch zu klären.
Laut Eva Thomm von der Universität Erfurt bestätigen die aktuellen Befunde die Ergebnisse früherer Studien. „Die Konsequenz einer Überschätzung des eigenen Wissens im Zusammenhang mit einer kritischen Einstellung gegenüber Wissenschaft kann sein, dass man fragwürdigen Informationen aus fragwürdigen Quellen aufliegt“, erläuterte die Psychologin. Die von den britischen Forschern gefundenen Zusammenhänge ließen sich zumindest zum Teil auch auf Deutschland übertragen. (dpa)