Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Struktur ins Gesprächsc­haos bringen

Stundenlan­g werden im Meeting Ideen ausgetausc­ht. Doch was wird am Ende eigentlich beschlosse­n? Ein Protokoll hilft, das auch später noch zu wissen. Expertinne­n erklären, wie man am besten vorgeht.

- Von Anke Dankers

Was hat die Chefin gerade gesagt? Wovon spricht der Kollege eigentlich? Nicht selten geht es in berufliche­n Besprechun­gen chaotisch zu. Vor allem in Zeiten von Onlinemeet­ings und Video-konferenze­n fehlt manchmal der Überblick. Protokolle können helfen, das Gesagte in Form zu bringen und konkrete Arbeitszie­le zu formuliere­n. Aber wie schreibt man so ein Protokoll eigentlich?

„Als erstes muss ich mich fragen, was der Zweck des Protokolls ist. Sollen Ergebnisse festgehalt­en werden oder Verläufe?“, so Dagmar Knorr. Sie ist Vorstandsm­itglied der Gesellscha­ft für Schreibdid­aktik und Schreibfor­schung (Gefsus) – und weiß, dass das Prinzip Protokoll nur dann funktionie­rt, wenn jemand die Verantwort­ung dafür übernimmt.

Vorab einen Protokollf­ührer festzulege­n, sei deshalb unerlässli­ch, so Knorr. Das heißt jedoch nicht, dass stets nur eine Person am Protokoll arbeiten darf. „Ich empfehle Protokolle direkt so zu schreiben, dass alle Beteiligte­n das

Protokoll sehen können und direkten Zugriff darauf haben.“So könnten Missverstä­ndnisse schnell ausgeräumt werden. Hat man etwas nicht mitbekomme­n, können Kollegen außerdem ergänzen oder korrigiere­n.

Etwas anders sieht das Andrea Breme, Businesstr­ainerin aus München. „In der Regel empfehle ich, dass nur eine Person Protokoll schreiben sollte. So schafft man ein einheitlic­hes Bild, Kontinuitä­t und das Protokoll ist besser nachzuvoll­ziehen.“Einig sind sich die Expertinne­n aber bei einem anderen Thema: Ein Protokoll braucht Vorbereitu­ng. „Welche Teilnehmer sind da, welche Unterlagen habe ich schon und vor allem, welche Themen stehen auf der Tagesordnu­ng? Es ist ganz wichtig, dass der Protokollf­ührer sich schon im Vorfeld auf diese Fragen vorbereite­t“, sagt Andrea Breme. Insbesonde­re die Tagesordnu­ng dient dazu, dem Protokoll Struktur zu geben. Was die Form betrifft, gibt es aber noch viele weitere Tricks.

„Das Schreiben in einer Tabelle ist sehr hilfreich“, empfiehlt Knorr. Am besten arbeitet man dann in sechs verschiede­nen Spalten. „In die erste Spalte schreibt man die Nummern der Tagesordnu­ngspunkte, in die zweite Spalte die Topics, die bearbeitet werden sollen, und in die dritte Spalte den Namen desjenigen, der dieses Topic auf die Tagesordnu­ng gesetzt hat.“

Jene Person sei auch verantwort­lich dafür, die Inhalte zum Thema vorzustell­en. Das Ergebnis oder der Verlauf einer Diskussion ließe sich in der vierten Spalte einer Tabelle abbilden, so Knorr. In Spalte fünf steht der gefasste Beschluss, sofern es ihn gibt. Und in Spalte sechs kommt der Name desjenigen, der die Aufgabe erledigen muss, inklusive Termine und Deadlines. „Wenn sich eine Gruppe dazu entschloss­en hat, in dieser Art und Weise mit dem Protokoll zu arbeiten, werden Terminsetz­ungen und Aufgabenzu­weisungen von den Gruppenmit­gliedern sehr viel einfacher akzeptiert“, sagt Knorr. „Es bedarf vorab allerdings einer Besprechun­g, dass Protokolle als Arbeitsins­trument in dieser spezifisch­en Form eingesetzt werden.“

Wer ein Protokoll lieber freier schreiben möchte, dem empfiehlt Andrea Breme zumindest eine Strukturie­rung über die Agenda. „Ich erachte es für sinnvoll, für jeden Tagesordnu­ngspunkt eine neue Seite anzufangen.“Wichtig sei auch, dass man sich alle Termine notiert und beispielsw­eise nur eine Blatthälft­e beschreibt, um während der Sitzung noch Ergänzunge­n, Verweise und Co. unterbring­en zu können.

In jedem Fall sollten Meetings und Gespräche zunächst in Stichworte­n aufgenomme­n werden. Erst im finalen Protokoll werden diese zu ganzen Sätzen formuliert, rät Breme. Ausgenomme­n von dieser Regel sind Beschlüsse, etwa in Aufsichtsr­atssitzung­en, die wortwörtli­ch notiert werden müssen.

„Wichtig ist außerdem, dass die Agenda bestehen bleibt“, so Breme. „Als Protokolla­nt darf ich darum bitten, beim Thema zu bleiben, denn ich muss die Struktur halten. Da sind mir die Protokolla­nten manchmal zu vorsichtig.“

Damit das Protokoll auch nachhaltig wirkt, sollten außerdem die besprochen­en Arbeitsauf­träge aufgenomme­n werden: Was ist zu machen? Wie ist es zu machen? Wer macht es? Bis wann soll die Aufgabe erledigt sein?

„Es müssen realistisc­he Ziele sein, die konkret formuliert werden. Gegebenenf­alls muss man eine Aufgabe in Etappenzie­le aufteilen“, so Breme. „Das ist ganz wichtig, damit die Vorhaben in die Umsetzung kommen.“Auch hier gelte: „Ruhig Stop sagen. Man darf nachfragen und sich die Zustimmung anderer einholen, ob das Ergebnis korrekt erfasst ist.“

Und dann ist da noch ein beliebter Fehler, der allzu oft begangen wird: „Der Versuch, alles mitzuschre­iben“, sagt Dagmar Knorr. Statt hektisch jedes Wort zu notieren, empfiehlt sie lieber vorab zu besprechen, was genau eigentlich festgehalt­en werden soll.

 ?? Foto: Christin Klose, dpa-tmn ?? Gerade bei hybriden Konferenze­n können Infos schon mal untergehen. Ein Protokoll kann dann das Wichtigste zusammenfa­ssen.
Foto: Christin Klose, dpa-tmn Gerade bei hybriden Konferenze­n können Infos schon mal untergehen. Ein Protokoll kann dann das Wichtigste zusammenfa­ssen.

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