Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Das erwarten die Händler von der Politik
Beim Neujahrsempfang der Stadtratsfraktion Bürgerliche Mitte spricht Handelsexperte Andreas Gärtner über die Lage der Innenstadt. Es geht auch um das Auto.
Die Stadtratsfraktion Bürgerliche Mitte steht nach eigenen Angaben „für die Mitte der Gesellschaft“. Drei Stadträte der Freien Wähler, ein FDP-MANN und eine Kommunalpolitikerin von Pro Augsburg bilden das Team. Die Nähe zur Wirtschaft wird gerne betont. Es war insofern kein Wunder, dass beim Neujahrsempfang der Fraktion ein Experte aus dem Handel als Festredner eingeladen war. Andreas Gärtner, Geschäftsführer des schwäbischen Einzelhandelsverbands, sollte über Augsburgs Innenstadt sprechen. Dies tat er in pointierter Form, was ihm immer wieder einen Zwischenapplaus einbrachte. Gärtner sagte an die Adresse der Stadträte, was sich die Händler in Augsburg von der Politik erwarten.
Zur Lage der Innenstadt hat sich Gärtner in der Vergangenheit mehrfach geäußert. Dass er den einjährigen Verkehrsversuch einer autofreien Maximilianstraße skeptisch betrachtet, war den 150 Gästen beim Empfang bekannt. Es gebe Chancen, sollte der Kurs der Stadtregierung von CSU und Grünen einschlagen. Für ihn blieben jedoch Zweifel.
Eine autofreie Maximilianstraße bedeutet, dass ab Mai für den Teilabschnitt zwischen Moritzplatz und Herkulesbrunnen strenge Auflagen für Autofahrer gelten. Der Bereich wird zur Fußgängerzone, die Aufenthaltsqualität soll erhöht werden. „Dies mag eine Chance sein, eine Innenstadt der Zukunft zu testen“, sagte Gärtner. Die Stadtregierung erhoffe sich durch die Verkehrsberuhigung mehr Erlebniswelt. Gärtner sagt, die Einschätzung teile er. Nur: Das mag in den Sommermonaten funktionieren, im Herbst oder Winter sehe es anders aus. Aus seiner Sicht sei es ein falscher Denkansatz zu glauben, „dass Bäume in der Maximilianstraße über die Zukunft dieser Straße entscheiden“.
Der Handelsexperte betonte wiederholt, dass Augsburgs Innenstadt attraktiv und zukunftsfähig sei. Aufgrund der allgemein schwierigen wirtschaftlichen Lage stelle man gerade fest, dass die Mieten teils zurückgehen. Dies sei eine Chance für junge Unternehmen. Gärtner machte deutlich, dass man sich womöglich in den nächsten Jahren von dem einen oder anderen alteingesessenen Geschäft in Augsburg verabschieden müsse. Dies liege, so Gärtner, nicht zwingend an der finanziellen Lage: „Man muss aber sehen, dass inhabergeführte Betriebe aufhören könnten, weil kein Nachfolger gefunden wird.“Den meisten Beifall bekam Gärtner für seine Ausführungen über die Erreichbarkeit der Innenstadt, wobei es nicht allein um den Stellenwert des Autos ging. „Augsburg braucht die Kunden aus dem Umland.“Eine problemlose und günstige Erreichbarkeit werde über die Zukunft der Innenstadt entscheiden, prognostiziert er. Der Handel sei wichtiger Baustein, aber auch Gastronomie und das kulturelle Leben spielen eine Rolle. Gärtner griff die Stadtregierung nicht an, sprach aber „von einer gefühlten schweren Erreichbarkeit“. Dieses Signal gehe an das Umland. Höhere Parkgebühren und der Verkehrsversuch der autofreien Maximilianstraße könnten falsch verstanden werden: „Man möchte das Umland nicht.“Für die Geschäftswelt in Augsburg wäre es jedoch fatal, kämen immer weniger Auswärtige in die Stadt. Positiv sei allerdings, dass das Weihnachtsgeschäft gut gelaufen sei.
Die fünf Stadträte der Bürgerlichen Mitte nahmen an diesem Abend keine politische Bewertung vor. Ihnen ging es mehr um persönliche Kontakte im Anschluss an den knapp eineinhalbstündigen offiziellen Teil. „Wir sind glücklich, dass wir nach der Corona-zeit wieder Empfänge ausrichten können“, sagte die Fraktionsvorsitzende Regina Stuber-schneider.