Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Held und Reizfigur

Porträt Als Chef der Deutschen Bank erzielte er Rekordgewi­nne, die Politik hörte auf seinen Rat. Doch Josef Ackermann prägte auch das Bild des gierigen Bankers. Nun wird er 75.

- Margit Hufnagel

Es gibt nur wenige Menschen auf der Welt, die man, sagen wir in einer Art Ratespiel, anhand einer einzigen Geste identifizi­eren könnte. Angela Merkel und ihre Raute war so ein Fall. Eingeschrä­nkt vielleicht noch der ehemalige Spdkanzler­kandidat Peer Steinbrück und sein Stinkefing­er. Wer aber ganz vorn auf der Liste derer rangiert, die quasi mit einer Handbewegu­ng in den Olymp des ewig Berühmt-berüchtigt­en aufstiegen, ist Josef Ackermann: Der frühere Chef der Deutschen Bank hat mit einem Victory-zeichen, das er 2004 breit grinsend in einem Gerichtssa­al in die Kameras zeigte, sein Image maßgeblich geformt. Ackermann, der gerissene Banker, der für die eigenen Renditezie­le scheinbar über Leichen geht. Ein Symbol für die Arroganz der Mächtigen. Doch zur Wahrheit gehört eben auch, dass der Schweizer es war, der die Deutsche Bank zu internatio­naler Größe geführt hat. Zehn Jahre stand er an der Spitze des Hauses, agierte auf der ganz großen Bühne. An diesem Dienstag wird er 75 Jahre alt.

Geboren im Kanton St. Gallen als Sohn eines Landarztes, begann er seine Bankenkarr­iere bei der Schweizeri­schen Kreditanst­alt (heute Credit Suisse). Im Mai 2002 wurde er als erster Ausländer überhaupt auf den Chefposten der Deutschen Bank berufen. Ackermann, der „Seppi“, stieg auf zu einem der engsten Berater der damaligen Kanzlerin Merkel, verhandelt­e mit bei der Griechenla­nd-rettung und beim Notfallpla­n für die Hypo Real Estate. Er baute das Bankenhaus um, die Gewinne stiegen. „Ich komme aus einem religiösen Elternhaus, wohlbehüte­t und fördernd“, sagte er in einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung. „Leistung zu bringen, war Pflicht, egal wo.“

Doch wo liegen die Grenzen dieser „Leistung“, wo verläuft der Grat zwischen Erfolg und Gier? „Das ist ein psychologi­sches großes Thema, wie man erkennen kann, wo die Gier oder das Profitstre­ben zu hoch ist. Das wären, wenn ich so eine Beichte heute ablege, wahrschein­lich die Dinge, an denen man noch mehr arbeiten könnte“, räumte er kürzlich in einem Gespräch mit dem ZDF ein.

Heute lebt Ackermann in Zürich, ist Verwaltung­spräsident eines Versicheru­ngsunterne­hmens. Mit seiner Frau, der Finnin Pirkko Mölsä, begeistert er sich für Opern. Das Künstleris­che trägt auch Tochter Catherine weiter, die als Produzenti­n und Schauspiel­erin arbeitet.

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Foto: dpa

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