Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Maaßen stellt Bedingunge­n

Der ehemalige Verfassung­sschutzprä­sident hält die Vorwürfe der Cdu-spitze gegen ihn für abstrus. Im Austrittss­treit sei er bereit zu einer guten Lösung, wenn sich Friedrich Merz mit ihm an einen Tisch setze.

- Von Christian Grimm

Berlin Hans-georg Maaßen ist sich seiner Relevanz bewusst. Wenn es nicht einen langen, lauten Zank voller Empörung um seine Mitgliedsc­haft in der CDU geben soll, dann muss der Vorsitzend­e persönlich das Parteiauss­chlussverf­ahren stoppen. „Wenn Friedrich Merz sich mit mir an einen Tisch setzt, werden wir sicher eine gute Lösung finden“, sagte er im Interview mit dem Journalist­en und Schriftste­ller Alexander Wallasch, der es auf seiner Internetse­ite veröffentl­ichte. Würde er letztlich doch rausgeschm­issen, sei das der Beweis, „dass die CDU eine ökosoziali­stische Partei ist“, meinte der in Ungnade gefallene frühere Verfassung­sschutzprä­sident.

Das wiederum würde Friedrich Merz sicher vehement bestreiten. Der Cdu-vorsitzend­e will das Problemmit­glied mit dem Hang zu Afd-positionen loswerden. Maaßen hatte zuletzt wieder verbal eskaliert und von einer „rot-grünen Rassenlehr­e“gesprochen. „Das Maß ist voll“, hatte ihm Merz vor wenigen Tagen entgegnet und zum freiwillig­en Austritt aufgeforde­rt. Maaßens Sprache und das Gedankengu­t, das er damit zum Ausdruck bringe, hätten in der CDU keinen Platz. Das Ultimatum ließ das ungeliebte Mitglied am Sonntag verstreich­en.

In dem Interview kontert der ehemalige Spitzenbea­mte, dass er gar nicht in der Sprache der Verschwöru­ngstheoret­iker sprechen könne, weil er in diesem Milieu nicht verkehre. Neben diesem Vorwurf bringe die Parteiführ­ung gegen ihn vor, dass er Vorsitzend­er der Werte-union sei, jener Gruppe am rechten Rand der Partei. Das Präsidium vertrete die Meinung, dass die „Werte-union eine Vorfeldorg­anisation und ein politische­s Instrument der AFD“sei, zitiert Maaßen aus dem Schriftsat­z. Die Werte-union ist keine offizielle Gliederung der Union, sondern ein parteiinte­rn heftig umstritten­er Verein, der sich der Pflege des konservati­ven Markenkern­s verschrieb­en hat. Maaßens Vorgänger als Vorsitzend­er des Vereins war der Wirtschaft­sprofessor Max Otte, der vergangene­s Jahr von der AFD als Kandidat zur Wahl des Bundespräs­identen aufgestell­t wurde.

Völlig aus der Luft gegriffen ist die Einordnung der Werte-union als Vehikel der AFD also nicht, und sie bildet auch den Kern der kniffligen Frage, ob Maaßen Teil der CDU bleiben soll und darf. Die vor genau zehn Jahren gegründete Alternativ­e für Deutschlan­d hat sich trotz aller Skandale und ihrer Radikalisi­erung erfolgreic­h rechts von der CDU etabliert. Sie kostet die CDU Wählerstim­men und hat in Ostdeutsch­land ihre Hochburgen. In Sachsen und Thüringen führt sie die Umfragen an. Vor allem dort bekommt die von der CDU hochgezoge­ne Brandmauer Risse. In Stadt- und Gemeinderä­ten stimmen schwarze und blaue Ratsmitgli­eder immer wieder zusammen. In Thüringen geschah es sogar im Landtag.

Diese Zusammenar­beit sorgt regelmäßig für Aufregung und

Im Osten verliert die Union den Zugriff auf die Macht

bringt Merz jedes Mal in Erklärungs­not, wie stark die Mauer noch ist. Doch im Osten bedeutet die Stärke der Konkurrent­en, dass die Union der Zugriff auf die Macht abhandenge­kommen ist oder sie in ungeliebte Koalitione­n zwingt. „Wir werden in Zukunft auch Regierungs­verantwort­ung übernehmen können“, sagte Afdchef Tino Chrupalla anlässlich des zehnten Gründungsj­ubiläums. Das ginge nur gemeinsam mit der CDU. In ostdeutsch­en Landesverb­änden sind die inhaltlich­en Übereinsti­mmungen bei der Einwanderu­ngsund der Finanzpoli­tik und der Gegnerscha­ft zur Genderspra­che groß.

Maaßen nimmt für sich in Anspruch, die klassische­n Positionen der Christdemo­kraten zu vertreten, die noch unter Helmut Kohl Richtschnu­r gewesen seien und von Angela Merkel vergessen wurden. Der frühere Spitzenbea­mte will seine alte Partei wieder. Gleichzeit­ig will er nicht aufhören, Staub aufzuwirbe­ln. „Die seit Wochen laufende Schmutzkam­pagne gegen mich zeigt, dass wir alles richtig machen. Nur Gegenwind gibt unserer Sache Auftrieb“, erklärt Maaßen trotzig.

Das Parteienge­setz stellt hohe Hürden vor einen Parteiauss­chluss. Die Meinungsfr­eiheit ist auch hier besonders geschützt, um zu verhindern, dass missliebig­e Mitglieder leicht ausgeschlo­ssen werden können. Die SPD benötigte beispielsw­eise zehn Jahre, um Thilo Sarrazin loszuwerde­n. Die Cduspitze wird sich voraussich­tlich Anfang nächster Woche mit der heiklen Personalie befassen. Maaßen hat bis Donnerstag Zeit, schriftlic­h auf die Anschuldig­ungen zu antworten. Unterstütz­er haben im Internet eine Petition gestartet, die von der CDU verlangt, die „Schmutzkam­pagne“gegen ihn zu beenden. Sie zählte bis zum Nachmittag bereits 25.000 Unterzeich­ner.

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Foto: Martin Schutt, dpa Hans-georg Maaßen, Ex-verfassung­sschutzche­f und Cdu-mitglied, sorgt immer wieder für scharfe Debatten. Jetzt hat die Partei genug.

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