Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Kinderporn­os: Tierarzt wehrt sich gegen Urteil

Prozess gegen Rentner aus Kreis Günzburg ausgesetzt

- Von Sophia Huber

Memmingen Minderjähr­ige in aufreizend­en Posen oder beim Sex mit Erwachsene­n: Die Liste an strafbaren Bild- und Videodatei­en, die der Vorsitzend­e Richter Jürgen Hasler beim Berufungsp­rozess am Montag im Landgerich­t Memmingen vorliest, ist lang. Auf der Anklageban­k: ein 64-jähriger ehemaliger Tierarzt aus dem Landkreis Günzburg, der laut Generalsta­atsanwalts­chaft Bamberg rund 800.000 kinderporn­ografische Dateien auf einer Internetpl­attform verbreitet haben soll. Mindestens 150.000 Bilder und Videos haben die Ermittleri­nnen und Ermittler bei zwei Durchsuchu­ngen gefunden, darunter über 200 Daten, die sexuelle Handlungen zeigen. Im Oktober 2022 wurde der Rentner am Amtsgerich­t Memmingen zu zwei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Er legte Berufung ein – ebenso wie die Bamberger Generalsta­atsanwalts­chaft.

Beim Berufungst­ermin empfiehlt Richter Hasler dem Angeklagte­n und dessen Verteidige­rin Renate Bens, die Berufung zurückzuzi­ehen. Die Hoffnung auf eine Bewährungs­strafe sei bei dieser Menge an Kinderporn­ografie (und auch aufgrund einer Vorstrafe) ausgeschlo­ssen. Der Beschuldig­te zog die Berufung nicht zurück – Anwältin Bens beantragte hingegen ein ärztliches Gutachten und sprach die Internetsu­cht ihres Mandanten an. Richter und Staatsanwa­lt stimmten dem Antrag auf ein Gutachten zu. Das Verfahren wird so lange ausgesetzt.

Im November 2019 war das Bayerische Landeskrim­inalamt auf drei kinderporn­ografische Plattforme­n im Darknet aufmerksam geworden – und begann zusammen mit dem Zentrum zur Bekämpfung von Kinderporn­ografie und sexuellen Missbrauch im Internet zu ermitteln. Kürzlich gelang den Ermittlern ein Schlag gegen Betreiber von internatio­nalen Kinderporn­ografie-plattforme­n im Darknet – unter den Verdächtig­en war der ehemalige Tierarzt aus Schwaben.

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