Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Bloß nicht zündeln

Der 4:2-Sieg in Wolfsburg beruhigt die Lage beim FC Bayern. Zumindest vorerst. Denn noch ist das Spiel der Münchner äußerst wackelig.

- Von Tilmann Mehl

Wolfsburg Der 4:2-Sieg gegen den VFL Wolfsburg war nicht dazu angetan, sämtliche Diskussion­en rund um den FC Bayern verstummen zu lassen. Natürlich war da das herrliche Volley-tor Kingsley Comans zum 2:0, und mit dem Treffer zum 4:1 hat sich Jamal Musiala nachträgli­ch als Slalomfahr­er für die SKI-WM in Courchevel ins Gespräch gebracht. Davor und danach aber zeigten sich die Münchner in ihrem Vortrag phasenweis­e so brüchig, dass tiefer gehende Gründe dafür nicht unwahrsche­inlich scheinen.

In Joao Cancelo stieß zuletzt ein Rechtsvert­eidiger von Weltformat zum FC Bayern dazu, Coman kommt rechtzeiti­g vor dem Duell mit Paris St. Germain in einer Woche in Form, Thomas Müller glänzte wieder als Vorbereite­r und Torschütze. Alles Indizien, die für eine Mannschaft im Aufwind sprechen. Dazu noch der Sieg gegen Wolfsburg, der den ersten Liga-erfolg im laufenden Jahr und die damit einhergehe­nde Verteidigu­ng der Tabellensp­itze bedeutet. Wären die Münchner aber in den ersten Minuten nicht derart beängstige­nd effektiv gewesen und die Wolfsburge­r stattdesse­n nur ein wenig mehr, hätte die Partie einen noch offeneren Verlauf genommen.

Denn auch so hatte die Mannschaft von Trainer Niko Kovac trotz aller Rückschläg­e die Chance, den Bayern ein Remis abzutrotze­n. Gleich mehrfach bot sich die Chance, zwischenze­itig auf 2:3 zu verkürzen. Da die Münchner weite Teile der zweiten Hälfte ohne Joshua Kimmich bestreiten mussten – der sich eine reichlich unnötige Gelb-rote Karte abgeholt hatte –, wäre die Partie wohl auf ein spannendes Ende zugelaufen. Fußball aber ist kein Konjunktiv. Und so haben die Leichtsinn­sfehler von Alphonso Davies und die allgemeine Scheunenha­ftigkeit im hinteren Drittel vorerst keine faktischen Auswirkung­en.

Für Ruhe aber sorgte der Sieg auch nur bedingt. Er war nicht dazu angetan, das Getöse um Manuel Neuers Interview verklingen zu lassen. „Ich muss alle zweieinhal­b Minuten eine Frage dazu beantworte­n“, stöhnte Nagelsmann nach der Partie. Das hängt allerdings auch unmittelba­r damit zusammen, dass der Trainer vom Nationalto­rhüter recht unverhohle­n kritisiert wurde. Die Trennung von Torwarttra­iner Toni Tapalovic betrieben die Münchner wohl hauptsächl­ich auf Anraten des Chefcoachs. Der wusste selbstrede­nd, dass diese Entscheidu­ng bei Neuer auf keinerlei Gegenliebe stoßen wird.

„Ich hätte das Interview nicht gegeben“, sagte der Trainer trotzdem. Er zeigte Verständni­s dafür, dass die Tapalovic-trennung Neuer „verletzt“habe. Nagelsmann verteidigt­e sie aber als normalen Prozess im Arbeitsleb­en: „Du bist als Führungspe­rson in einem Verein auch manchmal beauftragt, Entscheidu­ngen zu treffen, nicht aus persönlich­en Befindlich­keiten, sondern im Sinne der Sache.“Die Sache ist beim FC Bayern immer und ausschließ­lich: der Erfolg.

Der hat sich nun vorerst eingestell­t. Sieg im Pokal, Sieg in der Liga, am Samstag wartet Bochum, und dann geht es nach Paris. Es könnte eine jener Partien werden, die nicht nur über den weiteren Saisonverl­auf, sondern auch über die interne Wertschätz­ung von Nagelsmann bestimmen. Der würde in den kommenden Tagen gerne in Ruhe mit der Mannschaft arbeiten. „Ich zünde nix an“, beteuerte er in Wolfsburg. Das hat zuletzt ein anderer für ihn erledigt.

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Foto: Axel Heimken, dpa Thomas Müller scheint pünktlich für die wichtigen Spiele der Saison in Form zu sein.

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