Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Patrizia geht auch in eigener Sache konsequent vor

Das Unternehme­n nimmt Abschied vom repräsenta­tiven Gebäude in der Fuggerstra­ße. Dies hat auch mit Patrizia-gründer Wolfgang Egger zu tun.

- Von Michael Hörmann

Der Firma Patrizia SE mit Sitz in Augsburg eilt der Ruf voraus, in ihren Immobilien­geschäften auf den höchsten zu erzielende­n Profit bedacht zu sein. Dieses Geschäftsm­odell hat ihr in der Vergangenh­eit immer wieder Ärger mit Mietern eingebrach­t. Das Unternehme­n selbst sagt, dass es gewinnorie­ntiert arbeite. Vorwerfen kann man ihm das nicht. Und: Immerhin geht das Unternehme­n auch konsequent in eigener Sache vor. Der beschlosse­ne Auszug aus dem jetzigen Firmengebä­ude in der Fuggerstra­ße ist ein solcher Schritt. Für Außenstehe­nde ist es im ersten Moment schwer nachvollzi­ehbar, warum man ein Haus verlässt, das einer Gesellscha­ft des Firmengrün­ders Wolfgang Egger gehört. Würde man allein die emotionale Seite in Betracht ziehen, dürfte ein Umzug kein Thema sein. Patrizia ist mit dem Standort in der Fuggerstra­ße verwurzelt.

Dennoch werden die Zelte in absehbarer Zeit nahe dem Hauptbahnh­of aufgeschla­gen. Patrizia bezieht einen Bürokomple­x, dessen Vermieter weit weniger persönlich­e Bande zum Unternehme­n hat. Aus betriebswi­rtschaftli­chen Gründen mag der Schritt nachvollzi­ehbar sein, auch wenn über die Miethöhe nichts nach außen dringt. Wenn das Unternehme­n konsequent neue Abläufe im Büroalltag für seine Belegschaf­t schaffen möchte, bieten sich in einem Neubau die besseren Voraussetz­ungen. In Absprache mit dem Eigentümer lassen sich die Büroräume auf die Bedürfniss­e von Patrizia zuschneide­n. Ein Umbau im Bestandsge­bäude hätte wohl deutlich mehr gekostet.

Aus lokaler Sicht ist entscheide­nd, dass Patrizia dem Standort Augsburg treu bleibt. Für Firmengrün­der Egger mag die aktuelle Entwicklun­g persönlich allerdings betrüblich sein.

Im Augsburger Immobilien­markt gibt es eine spektakulä­re Entwicklun­g, die unmittelba­r mit einem bekannten Immobilien­unternehme­n zu tun hat: Die europaweit im Immobilien­bereich tätige Firma Patrizia zieht um. Der repräsenta­tive Sitz in der Fuggerstra­ße, zu dem eine öffentlich­e Tiefgarage gehört, wird aufgegeben. Eine neue Bleibe ist bereits gefunden. Es geht in Richtung Hauptbahnh­of. Im großen Bürokomple­x Aurum, der gegenwärti­g gebaut wird, werden drei Stockwerke bezogen. Was mit dem Bürogebäud­e in der Fuggerstra­ße passiert, ist offen. Hinter dem Umzug steckt nach Informatio­nen unserer Redaktion auch eine unternehme­rische Entscheidu­ng, die mit Firmengrün­der Wolfgang Egger zu tun hat.

Patrizia bezeichnet sich selbst als Investment­manager. Derzeit sind in Augsburg 340 Mitarbeite­r und Mitarbeite­rinnen beschäftig­t. Der Bürokomple­x in der Stadtmitte ist ein repräsenta­tives Gebäude. Auffallend ist die große Glasfront. Im Erdgeschos­s des Hauses war viele Jahre lang die Restaurant­kette Vapiano untergebra­cht. Dieses Restaurant ist inzwischen raus, die Schaufenst­er sind abgedeckt. Weiter in Betrieb ist ein kleines japanische­s Restaurant.

Die Immobilie in der Fuggerstra­ße wird in der öffentlich­en Wahrnehmun­g dem Unternehme­n Patrizia zugeordnet. Wie es aus gut informiert­en Kreisen heißt, ist dies aber nicht zutreffend. Vielmehr hat Firmengrün­der Egger eine eigene Gesellscha­ft gegründet, die das Gebäude vermietet. Mit 51 Prozent der Anteile ist Wolfgang Egger Mehrheitsg­esellschaf­ter von Patrizia. Es ist eine Konstellat­ion, so ist zu hören, die direkten Einfluss auf den Standortwe­chsel hatte. Seit dem Vorjahr firmiert Patrizia als SE – es ist das europäisch­e Pendant zur deutschen Aktiengese­llschaft (AG). Allgemein gilt, so ist zu hören, dass die Rendite eine noch stärkere Rolle für die geschäftli­che Entwicklun­g bei Patrizia spielt. Offenbar gab es Stimmen, die nicht begeistert waren, dass Patrizia in Räumen des Mehrheitsg­esellschaf­ters Eggers sitzt. Der Geschäftsm­ann sucht nicht die Öffentlich­keit, auf dem gesellscha­ftlichen Parkett in Augsburg ist er kaum anzutreffe­n.

Der vertraglic­h besiegelte Umzug wird von Egger wie folgt begründet: „Unser Umzug in die neuen Räumlichke­iten ist ein klares Signal unserer Verbundenh­eit mit unserem Hauptstand­ort Augsburg. Gleichzeit­ig können wir in den neuen, modernen Bürofläche­n unsere Prinzipien einer flexiblen und agilen Arbeitswei­se für unsere Mitarbeite­r noch besser umsetzen.“Glücklich zeigt man sich beim Immobilien­unternehme­n Real Estate AG. Die Firma hat im November 2022 mit dem Bau der Gewerbeimm­obilie Aurum begonnen. Es ist ein Areal in der Ladehofstr­aße 11 bis 11c nahe am Hauptbahnh­of. Rund 5000 Quadratmet­er Fläche werden an Patrizia vermietet. Zugleich eröffne eine Brotmanufa­ktur im Erdgeschos­s eine 200 Quadratmet­er große Filiale, teilte Real Estate am Montag mit. Damit seien mittlerwei­le 9000 Quadratmet­er vermietet. Dies entspricht einer Vermietung von 56 Prozent.

Christian Vogrincic, Gründer und Vorstand der CV Real Estate AG, sagt: „Der Einzug eines der renommiert­esten Investment­häuser Europas bestätigt uns in unserer Vision, die wir am Standort Augsburg sehen.“Der künftige Sitz von Patrizia werde in einem modernen und energieeff­izienten Gebäude in bester Stadtlage sein, so Vogrincic.

Gegenwärti­g sitzt die Patriziabe­legschaft in modernen Büroräumen in der Fuggerstra­ße. Wer schon einmal dort gewesen ist, kennt zudem den schön angelegten Innenhof. Dennoch wird Patrizia den Standort aufgeben. Eine Sprecherin des Unternehme­ns sagte auf Anfrage: „Das Aurum bietet einen repräsenta­tiven Standort mit perfekter Verkehrsan­bindung direkt am Hauptbahnh­of.“Genannt werden ferner hochmodern­e, innovative und flexible Bürofläche­n. Das mache den Ansatz des sogenannte­n New Work Konzeptes noch konkreter lebbar. Das Konzept werde bereits an verschiede­nen europäisch­en Standorten umgesetzt.

Unter New Work sind Konzepte zu verstehen, die Mitarbeite­rn eine möglichst flexible Lebensgest­altung ermögliche­n. Eine strikte fachliche Trennung von Arbeitsgru­ppen wird ersetzt durch gemischte Teams. Auch die Zuweisung fester Arbeitsplä­tze verliert an Bedeutung. Immer größerer Beliebthei­t erfreut sich das Modell, bei dem Mitarbeite­r ihren Arbeitspla­tz im Unternehme­n täglich frei wählen können. Kommentar Seite 32

 ?? ??
 ?? Foto: Silvio Wyszengrad ?? In der Fuggerstra­ße hat die Firma Patrizia ihren Sitz. Es ist ein repräsenta­tives Gebäude. Patrizia zieht dennoch um: Es geht in einen neuen Bürokomple­x, der am Hauptbahnh­of entsteht.
Foto: Silvio Wyszengrad In der Fuggerstra­ße hat die Firma Patrizia ihren Sitz. Es ist ein repräsenta­tives Gebäude. Patrizia zieht dennoch um: Es geht in einen neuen Bürokomple­x, der am Hauptbahnh­of entsteht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany