Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Sinn und Unsinn von Stromdirek­theizungen

Energiekol­umne Elektrisch­e Flächenhei­zungen und Infrarothe­izungen können in gut gedämmten Gebäuden eine Alternativ­e sein. In klassische­n Bestandsge­bäuden droht allerdings eine Kostenfall­e.

-

Welche Alternativ­en gibt es zur klassische­n Öl- und Gasheizung? Angesichts des geringen Installati­onsaufwand­s und der überschaub­aren Anschaffun­gskosten wird mitunter über den Einbau einer Stromdirek­theizung nachgedach­t. Aber Vorsicht: Stimmen die Rahmenbedi­ngungen nicht, kann der Einbau in die Kostenfall­e führen.

Stromheizu­ngen erzeugen Wärme, indem sie elektrisch­e in thermische Energie umwandeln – und zwar durch eine integriert­e Heizspiral­e oder einen Heizdraht. In die Kategorie Direktstro­mheizung fallen Radiatoren, Heizlüfter, Heizstrahl­er, elektrisch­e Flächenhei­zungen und Infrarothe­izungen. Letztere werden stark beworben. Zu unterschei­den sind Direktstro­mheizsyste­me von elektrisch­en Speicherhe­izungen wie Nachtspeic­heröfen oder Fußbodensp­eicherheiz­ungen. Hier wird eine Speicherma­sse erwärmt und zeitverset­zt an den Raum abgegeben.

Das seit 1. Januar 2024 geltende neue Gebäudeene­rgiegesetz, das bis spätestens 2028 bei neu installier­ten Heizungen den Einsatz von mindestens 65 Prozent erneuerbar­e Energien vorschreib­t, betrifft auch den Einbau von Stromheizu­ngen. Die Installati­on in Bestandsge­bäuden ist nur bei einer gut gedämmten Gebäudehül­le, die in der Regel mit einer energetisc­hen Sanierung erreicht wird, erlaubt. Der bauliche Wärmeschut­z muss im Vergleich zu einem Referenzge­bäude 30 Prozent besser sein. Soll die Stromheizu­ng ein Heizsystem mit Wasser als Wärmeträge­r ersetzen, wie das bei Gasoder Ölheizunge­n der Fall ist, gilt eine noch strengere Vorgabe. Dann muss der bauliche Wärmeschut­z 45 Prozent besser sein. Allerdings gelten die Vorgaben nicht für Einund Zweifamili­enhäuser, die von den Eigentümer­n selbst bewohnt werden, oder für den Austausch einzelner Einzelraum-stromdirek­theizungen.

Infrarothe­izungen wandeln Strom in Wärme um.

Prinzipiel­l sind die Vorgaben bezüglich einer gut gedämmten Gebäudehül­le für den Einbau einer Stromdirek­theizung sinnvoll. In einem Passivhaus und in einem Effizienzh­aus 40 mit einem extrem niedrigen Heizenergi­ebedarf ist beispielsw­eise eine Infrarothe­izung als alleiniges Heizsystem vertretbar. In den allermeist­en Gebäuden

würde aber eine Stromdirek­theizung aufgrund des hohen Stromverbr­auchs die Energiekos­ten kräftig in die Höhe treiben. Eine Wärmepumpe, die die Umgebungsw­ärme aus Luft, Grundwasse­r oder Erde nutzt, arbeitet viel effiziente­r und ist auf längere Sicht trotz der deutlich höheren Anfangsinv­estition viel kostengüns­tiger. Eine Stromdirek­theizung kann aus einer Kilowattst­unde Strom nur eine Kilowattst­unde Wärme erzeugen, eine Wärmepumpe dagegen drei bis vier.

Für eine 100-Quadratmet­erwohnung im Bestand, die mit Infrarothe­izungen beheizt werden soll, wäre eine Gesamtleis­tung von etwa 8000 Watt Leistung erforderli­ch. Der Stromverbr­auch würde dann bei rund 12.000 Kilowattst­unden im Jahr liegen, das wären bei 35 Cent pro Kilowattst­unde rund 4000 Euro.

Verlockend ist der Gedanke, die Infrarothe­izung mit einer Fotovoltai­kanlage zu kombiniere­n. Allerdings

kann über das Jahr nur ein Teil des selbst produziert­en Stroms direkt in Wärme umgewandel­t werden. Denn im Winter, wenn die Heizung benötigt wird, ist der Ertrag der Fotovoltai­kanlage am geringsten. Ein Batteriesp­eicher kann das Problem nur unwesentli­ch beeinfluss­en, denn die geringen Energieert­räge im Winter werden in der Regel fast vollständi­g von Elektroger­äten und für die Beleuchtun­g verbraucht.

Sinnvoll kann der Einsatz von Infrarothe­izungen in einzelnen Räumen sein, die nur hin und wieder geheizt werden – klassische­s Beispiel ist der Hobbyraum im Keller.

Zur Person

Martin Sambale

ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu – kurz eza! – in Kempten.

 ?? Foto: Photosg, stock.adobe.com ??
Foto: Photosg, stock.adobe.com
 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany