Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Museumssonntag soll ausgeweitet werden
Seit gut einem Jahr ist der Eintritt in die städtischen Museen am Sonntag frei. Dies hat für mehr und neue Gäste gesorgt – aber auch für Herausforderungen.
Philipp Menzel nutzt das Angebot am Sonntag zum ersten Mal: Am späten Nachmittag streift er durchs Augsburger Schaezlerpalais, bezahlt hat der 41-Jährige nicht. Muss er auch nicht: Seit gut einem Jahr ist der Eintritt in die Dauerausstellungen der städtischen Museen jeden Sonntag frei, Besucher bis zu 27 Jahren dürfen seit Januar 2023 sogar jeden Tag kostenlos in die Ausstellungshäuser. Im Kulturausschuss des Stadtrats stellte Kunstsammlungsleiter Christof Trepesch am Montag eine erste Bilanz vor, und die fällt durchaus positiv aus: Im Vergleich zum Vorjahr seien allein an den Sonntagen knapp 9000 Besucher mehr gekommen. Die Stadt erwägt nun, das Angebot mittelfristig auch auf die Samstage auszuweiten und erhofft sich davon nicht nur einen Vorteil für die Museen.
Menzel geht so gut wie nie in Ausstellungen: „Ich bin an den meisten nicht so groß interessiert, dass ich dafür Geld ausgeben würde.“Sieben Euro müsste er bezahlen, würde der reguläre Eintritt in eines der städtischen Museen Augsburg fällig. Da er am Sonntag ohnehin in der Stadt war, nutzte er die kostenlose Gelegenheit eines Besuchs. „Ich wollte außerdem das Schaezlerpalais sehen.“Menzel ist damit ein typisches Beispiel für die Gäste, die die Kunstsammlungen mit dem neuen Angebot erreichen: „Es sind eher museumsferne Besucher, die bislang kaum in unsere Häuser kamen“, so Trepesch. Doch so erfreulich dieses Ergebnis sei, so viel Herausforderungen gebe es.
Denn viele der Besucher wüssten nicht so recht, welche Regeln in Museen gelten, zögen plötzlich Wasserflaschen oder Speisen aus der Jackentasche. „Wir mussten unser Aufsichtspersonal neu schulen, um auf solche Situationen reagieren zu können“, so Trepesch. Auch klassische Führungen, wie sie normalerweise sonntags um 15 Uhr angeboten werden, seien teils nicht mehr durchführbar, weil zu viele Besucher auf einmal kämen, man mit 60 Leuten aber nicht durch eine Ausstellung gehen könne. Die Kunstsammlungen haben deshalb auf sogenannte Cicerone umgestellt, also Aufsichten, die an verschiedenen Orten in den Museen postiert sind, um auf Fragen von Besuchern eingehen zu können. Doch das zusätzliche Personal koste Geld – ebenso wie die nun häufig notwendigere Reinigung der Museen.
Grundsätzlich könnten die Augsburger Kunstsammlungen mehr Besucher gut vertragen: Während der Coronapandemie waren die Häuser oft geschlossen, die Zahl der Gäste brach ein und pendelt sich auch in anderen Städten erst langsam wieder auf einem höheren Niveau ein: Im vergangenen Jahr kamen in Augsburg rund 240.000 Menschen in die städtischen Museen, zu denen unter anderem das Maximilianmuseum, das Schaezlerpalais, das H2 im Glaspalast und das Römerlager im Zeughaus gehören. Zum Vergleich: 2019, im letzten Jahr vor Corona, waren es noch über 300.000. Der
Stadtrat hatte die kostenlosen Angebote einerseits eingeführt, um die Ausstellungen für mehr Menschen zugänglich zu machen. Auch der Wunsch, neue Besucherschichten zu akquirieren und so die Zahlen zu stabilisieren, spielte eine Rolle. Weil eventuell auch Besucher auf einen freien Sonntag ausweichen könnten, die sonst bezahlt hätten, hatte man die erwarteten Einnahmen fürs Erste um 50.000 Euro nach unten kalkuliert.
Inwieweit sich das neue Angebot tatsächlich auf die Einnahmen der Museen ausgewirkt hat, ist bislang nicht klar: „Da wir nicht wissen, wie viele Gäste ohne das Angebot erst gar nicht gekommen wären, können wir auch nicht sagen, wie viele Einnahmen verloren gegangen sind“, betonte Kulturreferent Jürgen Enninger im Kulturausschuss
des Stadtrats. Genauere Ergebnisse soll eine Besucherumfrage ergeben, die demnächst gemeinsam mit der Uni durchgeführt wird. Stehen die Ergebnisse fest, will die Stadt entscheiden, ob sie das Kostenlos-angebot auf die Samstage ausweitet: „Dies könnte erheblich zur Belebung unserer Innenstadt beitragen“, glaubt Enninger. Denn auch hier ist die Besucherfrequenz seit Corona drastisch eingebrochen, der Einzelhandel könne dem allein nicht entgegenwirken. Was zähle, sei das Gesamtangebot, das eine Stadt biete. Dazu gehörten auch Freizeit- und gastronomische Angebote.
Kunstsammlungschef Trepesch hält die neuen Museumsangebote, die es teilweise auch in den Häusern des Freistaats gebe, grundsätzlich für sinnvoll, weil so neue Gäste an die Museen und damit die Stadtgeschichte, Kunst und Kultur herangeführt würden. Bevor man über die Samstage entscheide, sei es aber notwendig zu diskutieren, wie die zusätzlichen Kosten aufgefangen werden könnten.
Besucherumfrage soll genauere Ergebnisse liefern.