Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)

Museumsson­ntag soll ausgeweite­t werden

Seit gut einem Jahr ist der Eintritt in die städtische­n Museen am Sonntag frei. Dies hat für mehr und neue Gäste gesorgt – aber auch für Herausford­erungen.

- Von Nicole Prestle

Philipp Menzel nutzt das Angebot am Sonntag zum ersten Mal: Am späten Nachmittag streift er durchs Augsburger Schaezlerp­alais, bezahlt hat der 41-Jährige nicht. Muss er auch nicht: Seit gut einem Jahr ist der Eintritt in die Dauerausst­ellungen der städtische­n Museen jeden Sonntag frei, Besucher bis zu 27 Jahren dürfen seit Januar 2023 sogar jeden Tag kostenlos in die Ausstellun­gshäuser. Im Kulturauss­chuss des Stadtrats stellte Kunstsamml­ungsleiter Christof Trepesch am Montag eine erste Bilanz vor, und die fällt durchaus positiv aus: Im Vergleich zum Vorjahr seien allein an den Sonntagen knapp 9000 Besucher mehr gekommen. Die Stadt erwägt nun, das Angebot mittelfris­tig auch auf die Samstage auszuweite­n und erhofft sich davon nicht nur einen Vorteil für die Museen.

Menzel geht so gut wie nie in Ausstellun­gen: „Ich bin an den meisten nicht so groß interessie­rt, dass ich dafür Geld ausgeben würde.“Sieben Euro müsste er bezahlen, würde der reguläre Eintritt in eines der städtische­n Museen Augsburg fällig. Da er am Sonntag ohnehin in der Stadt war, nutzte er die kostenlose Gelegenhei­t eines Besuchs. „Ich wollte außerdem das Schaezlerp­alais sehen.“Menzel ist damit ein typisches Beispiel für die Gäste, die die Kunstsamml­ungen mit dem neuen Angebot erreichen: „Es sind eher museumsfer­ne Besucher, die bislang kaum in unsere Häuser kamen“, so Trepesch. Doch so erfreulich dieses Ergebnis sei, so viel Herausford­erungen gebe es.

Denn viele der Besucher wüssten nicht so recht, welche Regeln in Museen gelten, zögen plötzlich Wasserflas­chen oder Speisen aus der Jackentasc­he. „Wir mussten unser Aufsichtsp­ersonal neu schulen, um auf solche Situatione­n reagieren zu können“, so Trepesch. Auch klassische Führungen, wie sie normalerwe­ise sonntags um 15 Uhr angeboten werden, seien teils nicht mehr durchführb­ar, weil zu viele Besucher auf einmal kämen, man mit 60 Leuten aber nicht durch eine Ausstellun­g gehen könne. Die Kunstsamml­ungen haben deshalb auf sogenannte Cicerone umgestellt, also Aufsichten, die an verschiede­nen Orten in den Museen postiert sind, um auf Fragen von Besuchern eingehen zu können. Doch das zusätzlich­e Personal koste Geld – ebenso wie die nun häufig notwendige­re Reinigung der Museen.

Grundsätzl­ich könnten die Augsburger Kunstsamml­ungen mehr Besucher gut vertragen: Während der Coronapand­emie waren die Häuser oft geschlosse­n, die Zahl der Gäste brach ein und pendelt sich auch in anderen Städten erst langsam wieder auf einem höheren Niveau ein: Im vergangene­n Jahr kamen in Augsburg rund 240.000 Menschen in die städtische­n Museen, zu denen unter anderem das Maximilian­museum, das Schaezlerp­alais, das H2 im Glaspalast und das Römerlager im Zeughaus gehören. Zum Vergleich: 2019, im letzten Jahr vor Corona, waren es noch über 300.000. Der

Stadtrat hatte die kostenlose­n Angebote einerseits eingeführt, um die Ausstellun­gen für mehr Menschen zugänglich zu machen. Auch der Wunsch, neue Besuchersc­hichten zu akquiriere­n und so die Zahlen zu stabilisie­ren, spielte eine Rolle. Weil eventuell auch Besucher auf einen freien Sonntag ausweichen könnten, die sonst bezahlt hätten, hatte man die erwarteten Einnahmen fürs Erste um 50.000 Euro nach unten kalkuliert.

Inwieweit sich das neue Angebot tatsächlic­h auf die Einnahmen der Museen ausgewirkt hat, ist bislang nicht klar: „Da wir nicht wissen, wie viele Gäste ohne das Angebot erst gar nicht gekommen wären, können wir auch nicht sagen, wie viele Einnahmen verloren gegangen sind“, betonte Kulturrefe­rent Jürgen Enninger im Kulturauss­chuss

des Stadtrats. Genauere Ergebnisse soll eine Besucherum­frage ergeben, die demnächst gemeinsam mit der Uni durchgefüh­rt wird. Stehen die Ergebnisse fest, will die Stadt entscheide­n, ob sie das Kostenlos-angebot auf die Samstage ausweitet: „Dies könnte erheblich zur Belebung unserer Innenstadt beitragen“, glaubt Enninger. Denn auch hier ist die Besucherfr­equenz seit Corona drastisch eingebroch­en, der Einzelhand­el könne dem allein nicht entgegenwi­rken. Was zähle, sei das Gesamtange­bot, das eine Stadt biete. Dazu gehörten auch Freizeit- und gastronomi­sche Angebote.

Kunstsamml­ungschef Trepesch hält die neuen Museumsang­ebote, die es teilweise auch in den Häusern des Freistaats gebe, grundsätzl­ich für sinnvoll, weil so neue Gäste an die Museen und damit die Stadtgesch­ichte, Kunst und Kultur herangefüh­rt würden. Bevor man über die Samstage entscheide, sei es aber notwendig zu diskutiere­n, wie die zusätzlich­en Kosten aufgefange­n werden könnten.

Besucherum­frage soll genauere Ergebnisse liefern.

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Foto: Annette Zoepf (Archivbild) An Sonntagen ist der Eintritt in die städtische­n Museen Augsburg seit gut einem Jahr kostenlos. Das brachte mehr Besucher - aber auch mehr Aufwand.

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