Augsburger Allgemeine (Ausgabe Stadt)
Christuskirche in Haunstetten wird 115 Jahre alt
Das Gotteshaus war die erste protestantische Kirche in dem Stadtteil. Sie entstand durch das Engagement der Textilarbeiter aus Haunstetten und Meringerau.
Kirchen entstehen nicht nur vonseiten der „Obrigkeit“, sondern oft auch auf dringendem Wunsch der Gläubigen. Im Fall der Christuskirche war es das Engagement von Textilarbeitern. Seit 1897 sammelten die evangelischen Christen in Haunstetten für eine eigene evangelischlutherische Kirche. 1899 wurde in der Hausmeisterei der Haunstetter Spinnerei und Weberei durch die Pfarrer Dittmar, Walter und Herbst der Verein „Bethaus für Haunstetten-meringerau“gegründet mit dem Zweck der „Erbauung und Erhaltung eines Bethauses für die Protestanten in Haunstetten und in der Meringerau“; Siebenbrunn hieß ja bis zur Eingemeindung nach Augsburg 1910 Meringerau.
Seit 1841 gehörten die Protestanten zur evangelischen Ulrichskirche in Augsburg und mussten zum Sonntagsgottesdienst dorthin laufen – eine Straßenbahn gab es ja noch nicht. Ab etwa 1876 feierten sie ihre Gottesdienste mit Rudolf Brendel, dem Pfarrer von St. Jakob, in der Baumwollspinnerei Albrecht Höppel (Unterdorf/meringerau) und seit 1890 im einzigen kleinen Saal der ersten evangelischen Schule in der Meringerau. Ab März 1903 traf sich die Gemeinde aus Platznot im Saal der 1899 erbauten Gaststätte „Jägerhaus“in der heutigen Bgm.-widmeier-straße. Um die Jahrhundertwende errichtete dann die evangelische Kirche Augsburgs für die Protestanten eine Hilfsgeistlichenstelle, angesiedelt an St. Ulrich.
Im Jahr 1905 lebten in Haunstetten mit seinen 2300 Einwohnern bereits rund 400 Protestanten. Es waren zumeist arme Fabrikarbeiter – vor allem Weber aus Sachsen und Oberfranken – mit ihren Familien; in der Meringerau waren es rund 150 Protestanten, ebenfalls vor allem Fabrikarbeiter, aber auch einige Landwirte. Da man von einem weiteren Zuzug von Arbeitskräften für die drei wichtigsten Industriebetriebe Haunstettens und der Meringerau (Haunstetter Spinnerei und Weberei, Martini, Siebenbrunner Weberei) ausgingen, wünschten sie sich
eine Kirche mit 400 bis 500 Sitzplätzen.
Den Großteil des Baugeländes am nördlichen Ortsrand erhielten die Protestanten von der Haunstetter Spinnerei und Weberei unter dem damaligen Geschäftsführer Josef Tausch geschenkt. Große finanzielle Unterstützung leistete auch der Gustav-adolf-verein.
Die elf im Rahmen einer Ausschreibung eingereichten Entwürfe stellte man im Juni 1906 eine Woche lang in der Gaststätte „Jägerhaus“zur Besichtigung aus. Es siegte der Plan des Leiters des königlichen Landbauamtes Kempten, Ferdinand Schildhauer, der bereits einige Kirchen in Schwaben errichtet hatte. Sein Plan wurde mit geringen Änderungen vom Haunstetter Baumeister Ludwig Hebeisen (1873 – 1957) umgesetzt.
Mit dem Bau begann man am 20. März 1909. Fast alle beteiligten Handwerker stammten aus Haunstetten, so der Glasermeister Carl Hüber, Malermeister Andreas Greß und Schlossermeister Ernst Lenke. Am 2. Mai 1909 legte man den Grundstein, am 27. Juni wurde der Dachstuhl errichtet und Ende Juli vollendete man den 32 m hohen Kirchturm. Im September 1909 goss die Augsburger Glockengießerei Fritz Hamm die drei Glocken, die von der Augsburger Gesamtkirchengemeinde gestiftet worden waren. Die Gesamtkosten der Kirche betrugen rund 88.000 Mark.
Am 12. Dezember 1909, dem dritten Adventssonntag zogen in einem Festzug die ev. Gemeindemitglieder mit dem Baumeister, den Bauleuten und den zwei Bürgermeistern vom Jägerhaus zur neuen Kirche, die Konsistorialrat Hofstätter aus Ansbach in einem Festgottesdienst weihte. Pfarrer Hermann Anthes von St. Ulrich hielt die Festpredigt. Zur Einweihung der 1910 installierten Steinmeyer-orgel veranstaltete die Gemeinde im Mai ein feierliches Orgelkonzert.
Kurze Zeit später wurde die Christuskirchen-gemeinde zur eigenständigen Pfarrei mit einem 1920 erstmals gewähltem Kirchenvorstand. Georg Stellwag, der bisher als Hilfsgeistlicher von St. Ulrich aus zuständig war, wurde so der erste offizielle Haunstetter Pfarrer.