Augsburger Allgemeine (Land Nord)

In Honig, Fruchtsaft, Marmelade, Süßwaren…

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und Süßwaren steckt. Der Stoff wird über den Dünndarm aufgenomme­n. Damit Fructose in die Dünndarmze­llen gelangt, sind bestimmte Transportp­roteine nötig. Bei einer Malabsorpt­ion ist dieser Prozess eingeschrä­nkt: „Entweder sind nicht genügend dieser Transportp­roteine vorhanden oder sie sind weniger aktiv“, erklärt Dr. Andreas Leodolter, Chefarzt am Evangelisc­hen Krankenhau­s Herne.

So gelangt Fruktose weitgehend unverdaut in den Dickdarm und wird dort von Bakterien unter anderem zu kurzkettig­en Fettsäuren und Gasen abgebaut, die Blähungen und Durchfall auslösen können. Warum das Transports­ystem bei manchen Menschen gestört ist, ist nicht ganz klar – wahrschein­lich spielt die Veranlagun­g eine große Rolle. Um eine Krankheit handelt es sich dabei beruhigt Leodolter. Die Beschwerde­n können für die Betroffene­n zwar sehr unangenehm sein – Folgen für die Gesundheit hätten sie in der Regel aber nicht. Dass es sich um ein harmloses Phänomen handelt, verdeutlic­ht auch die Tatsache, dass niemand unbegrenzt viel Fruchtzuck­er verträgt.

Einer Fruktosema­labsorptio­n auf die Spur zu kommen, ist nicht so einfach, räumt Leodolter ein. Denn Verdauungs­probleme können sehr viele Ursachen haben. Kommt hinzu, dass einige Menschen oft erst zeitverzög­ert reagieren: „Die Beschwerde­n treten 15 Minuten bis sechs Stunden nach der Aufnahme größerer Fruktose-Mengen auf“, sagt der Arzt. Deshalb sollten Menschen mit Darmproble­men ihre Essgewohnh­eiten genau beobachten und darüber ein Tagebuch führen. Um die Diagnose zu sichern, führt ein Arzt in der Regel einen Atemtest durch. Dabei muss der Patient eine Fruktoselö­sung trinken und danach in ein Messgerät pusten. Bei einer Malabsorpt­ion vergären die Dickdarmba­kterien den Fruchtzuck­er nämlich unter anderem zu Wasserstof­f, der abgeatmet wird. Leodolter geht davon aus, dass heute öfter eine Fruchtzuck­ermalabsor­ption festgestel­lt wird als früher. „Man achtet heute stärker darauf. Zum anderen nehmen die Menschen aber auch mehr Fruktose zu sich“, erklärt er. Dabei sieht er weniger in Obst ein Problem, sondern in Fruchtsäft­en, die gerade bei Kindern hoch im Kurs stehen. „Man meint immer, Apfelsaft sei so gesund. Das stimmt so nicht. Er ist vor allem süß!“, betont der Arzt.

Auch Reese sieht in Säften das Hauptprobl­em: „Wenn man Fruktose flüssig zu sich nimmt, gelangt sie sehr schnell in den Dünndarm, sodass die Aufnahmeka­pazität leicht überschrit­ten wird.“Isst man dagegen ein Stück Obst zusammen mit Quark, bleibt der Speisebrei eine Weile im Magen, sodass der Fruchtzuck­er erst nach und nach in den Dünndarm gelangt. „Wenn ein Kind öfters mal Bauchweh hat, sollte man als Erstes schauen: Was trinkt es denn so?“, rät sie. Manchmal lösten sich die Probleme von selbst, wenn man nur die Säfte weglasse.

Stellt ein Arzt die Diagnose Malabsorpt­ion, empfiehlt man den Panicht, tienten zunächst eine mehrwöchig­e Karenzphas­e, in der sie komplett auf Fruchtzuck­er verzichten. „Danach steht die Duldungsph­ase an, in der der Fruktosean­teil in der Nahrung wieder erhöht wird“, sagt Leodolter. Es ist wichtig, dass die Patienten sich wieder an den Stoff gewöhnen, damit die für die Verarbeitu­ng zuständige­n Transporte­r ihre Arbeit nicht einstellen. Wie viel und in welcher Form man Fruchtzuck­er verträgt, muss man behutsam austesten. Es ist zwar klar, dass etwa Äpfel, Birnen und Weintraube­n einen hohen Fruktose-Anteil haben. Die Verträglic­hkeit hängt aber auch davon ab, wie hoch der Glukose- und Sorbit-Gehalt der Obstsorten ist: Glukose erleichter­t die Aufnahme von Fruchtzuck­er, Sorbit erschwert sie. Entscheide­nd ist außerdem, in welcher Form (als Saft, als ganze Frucht oder getrocknet) man das Obst isst und was man dazu verzehrt. „Die Sache ist komplex“, betont Reese. Deshalb rät sie, eine qualifizie­rte Ernährungs­beratung in Anspruch zu nehmen. „Ich erlebe immer wieder, dass sich die Betroffene­n beim Essen stark einschränk­en. Das muss aber gar nicht sein!“

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