Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Weniger Bäder – mehr Nichtschwimmer
Hilfsaktion Immer mehr Kinder können schlecht oder gar nicht schwimmen. Ein Aktionstag will das ändern – aber wie?
Der 13-jährige Julian aus Fischach freut sich: Er ist am Samstag beim Aktionstag im Fischacher Hallenbad viele Bahnen geschwommen. Aber nicht nur zum Spaß. Sondern damit noch viele andere Kinder ebenfalls zu guten Schwimmern werden und es weniger Badeunfälle in Deutschland gibt. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ich nie gelernt hätte zu schwimmen. Ich bin froh, dass ich schwimmen kann, und bin hier, um das auch anderen Kindern zu ermöglichen.“
Neben Julian sind noch etwa 60 weitere Schwimmer aus jeder Altersklasse am Samstag ins Hallenbad gekommen, um bei der bundesweiten Benefizaktion mitzumachen. Schwimmen, damit andere, die das (noch) nicht können, die Gelegenheit bekommen, es zu lernen – darum ging es am Samstag in ganz Deutschland. Auch die Abteilung Schwimmen des Turnvereins Fischach beteiligte sich an der Aktion „Deutschland schwimmt“, die von Großsponsoren wie Rewe und Disney finanziert wird und von der Profischwimmerin Franziska von Almsick beworben wurde.
2. Abteilungsleiterin und Organisatorin des „Schwimm-Marathons“in Fischach, Sabine Eder-Miller, erklärt, worum es bei der Aktion geht: Ziel ist, einmal rund um Deutschland (3621 Kilometer) zu schwimmen. Sollten alle Schwimmer der teilnehmenden Hallenbäder das schaffen, spenden die Sponsoren 200000 Euro an die Organisationen Die Arche und ...für Kinder e.V. Laut Eder-Miller soll das Geld Schwimmkursen für Kinder, die nicht schwimmen können, zugutekommen. „Organisiert werden konnte dieses Event nur mithilfe der Gemeinde und des Turnvereins. Wären wir nicht ein so eingespieltes, gutes Team, gäbe es hier keinen Schwimmtag in Fischach“, meint die Schwimmlehrerin. Für die Nutzung des gesamten Hallenbades – nicht nur einer Schwimmbahn – verlangt etwa die Gemeinde keinerlei Gebühren.
Auch Vereinsvorsitzender Jörg Floegel lobt die Organisation, die Schwimmabteilung und die Gemeinde. „Dass immer weniger Kinder schwimmen können, ist ein bundesweites Thema, und es ist notwendig, dagegen etwas zu unternehmen.“Wie Eder-Miller erklärt, sind die Gründe unterschiedlich: „Zunächst gibt es immer weniger Hallenbäder. Immer mehr Bäder müssen schließen, und somit gibt es auch immer weniger Kursangebote.“ Auch der Kostenfaktor spiele in vielen Familien eine Rolle, da Kinderschwimmkurse einigen zu teuer sind. Dabei seien die Gefahren laut Eder-Miller für Nichtschwimmer enorm hoch: „Kleinkinder können schon in einer Pfütze ertrinken, da der Kopf in dem Alter noch der schwerste Körperpunkt ist und damit kaum mehr aus einer Wasserfläche herauszuhalten ist.“Es sei deshalb wichtig, so die Schwimmlehrerin, dass Kinder früh genug in Berührung mit Wasser kommen und die Möglichkeit haben, das Schwimmen zu erlernen. „Schaut man sich im Freibad um, erkennt man, wie viele Kinder tatsächlich Probleme mit Wasser und dem Schwimmen haben. Das ist erschütternd“, so die Organisatorin.
Doch nicht nur bei Kindern sieht sie Defizite, auch Erwachsene können Eder-Miller zufolge oft nur sehr schlecht schwimmen: „Erwachsene haben manchmal Angst vor Wasser, meistens aufgrund eines Traumas oder Ähnlichem.“Dem gilt es vorzubeugen, und damit sollte man so früh wie möglich anfangen.
Eine weitere, neue Herausforderung für die Schwimmlehrerin und ihre Kollegen sind die Flüchtlinge, von denen die meisten gar nicht oder nur sehr schlecht schwimmen können.
Das sieht auch Johannes Schnur, Schwimmlehrer des TSV Fischach: „Baden, wie wir es tun, ist in den Augen vieler Flüchtlinge etwas Freizügiges, Befremdliches. Außerdem haben viele Flüchtlinge ein Trauma oder Angst vor Wasser, da sie, etwa auf dem Weg über das Mittelmeer leider sehr schlechte Erfahrungen damit gemacht haben.“Dennoch sei hier Integration wichtig und natürlich auch, dass vor allem junge Flüchtlinge die Möglichkeit haben, das Schwimmen zu erlernen.
Jörg Floegel ist durchwegs zufrieden mit der Aktion: „Ich bin absolut begeistert, wie viele Leute hier sind und mitmachen.“Er habe damit gerechnet, dass einiges los sein wird, aber das übertreffe seine Vorstellungen. Am Abend wurde dann dass Ergebnis bekannt gegeben: „Insgesamt wurden in den 242 teilnehmenden Bädern sage und schreibe 27 597 Kilometer erschwommen und damit die Vorgabe gleich mehrfach übertroffen“, verkündet Organisatorin Eder-Miller.
Auch die Fischacher Bilanz kann sich mit 98 Kilometern bei etwa 60 Schwimmern sehen lassen. „Ich bin absolut begeistert und hoffe, dass das nicht die letzte Schwimm-Aktion in Fischach war“, so Eder Miller.