Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Eine Stadt wird aktiv
Neujahrsempfang Die Stadt will 2017 die Welt ein wenig gerechter machen. Wie das geht, erklärt Felix Finkbeiner
Gersthofen geht im Jahr 2017 den Klimawandel an. Was jeder Einzelne tun kann, erklärte Felix Finkbeiner auf dem Neujahrsempfang der Stadt.
Ein Rückblick und ein Ausblick, das sind die üblichen Themen für einen Neujahrsempfang. So war das auch beim Willkommensgruß für die Bürger von Gersthofen gestern in der Stadthalle. Bürgermeister Michael Wörle hat dabei vor mehreren Hundert Gästen die großen Themen des vergangenen Jahres sowie die Aufgaben für 2017 angesprochen. Allen voran steht dabei der Bürgerentscheid um den Erhalt oder Abriss der Strasser-Villa in gut einem Monat, am 12. Februar. Auch über soziale Medien will die Stadt Gersthofen jetzt informieren, welche Argumente für oder gegen den Erhalt des Bauwerks sprechen. Ein weiteres großes Thema war für Bürgermeister Wörle die Kinderbetreuung. In diesem Jahr und auch 2018 werden in der Stadt jeweils drei weitere Gruppen für Krippe und Kindergarten eröffnet werden.
Aber rund um den Jahreswechsel darf auch ein Bürgermeister nicht nur von Fakten, sondern auch einmal von Wünschen sprechen. Das hat Michael Wörle in Bezug auf die Flüchtlingskrise ebenso getan. „Tun wir wirklich alles, um dieses Drama zu beenden?“, so seine rhetorische Frage mit Blick nicht nur auf die syrische Stadt Aleppo. Und im Zusammenhang mit Gersthofen sagte er noch: „Mir wäre es lieber, die Schlagzeilen lauteten, dass jetzt 150 Humbaur-Anhänger nach Syrien geliefert würden statt 150 Panzer.“
Ein Jahr der Aktivitäten für den Klimaschutz soll es deshalb in der Stadt werden mit verschiedenen Aufklärungskampagnen und Aktio- nen unter anderem in den Schulen. Denn dass jeder Einzelne ein klein wenig zu einer gerechteren Welt beitragen kann, das hat bereits jetzt auf eindrucksvolle Weise ein 19-Jähriger bewiesen, der ein wenig auch ein Gersthofer ist. Der besondere Gast des Vormittags war Felix Finkbeiner, Gründer der Organisation Plant for the Planet. Er war vor zehn Jahren einer der ersten Schüler der Internationalen Schule Augsburg (ISA) in Gersthofen. Schon als Neunjähriger war er zu der Überzeugung gekommen, dass etwas gegen den Klimawandel getan werden müsse. Er hatte sich vorgenommen, zusammen mit anderen Kindern weltweit in jedem Land eine Million Bäume zu pflanzen. Diese Zahl hat seine Organisation inzwischen bei Weitem übertroffen: 14 Milliarden Bäume hat Plant for the Planet inzwischen finanzieren können. Aber das sei noch lange nicht genug. Auf der Erde sei noch Platz für weitere 1000 Milliarden Bäume. Damit könnte dann ein Viertel des Kohlendioxids, das von Menschen verursacht wird und zum Klimawandel beiträgt, wieder in Sauerstoff umgewandelt werden, rechnete Finkbeiner vor.
Er gab auch ein Beispiel, wie dieser Klimawandel schon heute politische Auswirkungen habe: Bis zum Jahr 2011 sei in Syrien die größte Dürre seit 900 Jahren verzeichnet worden, bei der etwa 80 Prozent der Herdentiere gestorben seien. Der darauf folgende Zuzug der Landbevölkerung in die Städte sei ein zusätzlicher Faktor für die aufgeheizte Stimmung in dem Land gewesen, der dem Bürgerkrieg den Weg geebnet habe. Einen süßen Weg zum Klimaschutz zeigte schließlich Bürgermeister Wörle: Auch Kakaopflanzen können CO2 wieder in Sauerstoff umwandeln. Jeder Besucher des Neujahrsempfangs konnte sich eine nachhaltig angebaute Tafel Schokolade mit nach Hause nehmen. Und der Bürgermeister hat damit so viel CO2 kompensiert, wie sein Dienstwagen jedes Jahr ausstößt.