Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Große Pläne mit einem kleinen Haus

Lebensstil Wie zwei junge Augsburger ihren Traum vom Wohnen wahr machen. Aus ihrem „Tiny House“soll ein ganz besonderes Hotel werden. Dafür gibt es ein Vorbild

- VON EVA MARIA KNAB

Es ist ein Mini-Haus auf Rädern. Die beiden Augsburger Studenten Stefanie Beck und Philipp Sanders bauen es gerade in Eigenregie in der Hammerschm­iede zusammen. Anders als ein Wohnwagen oder ein Wohnmobil ist das rollende Häuschen nicht dafür gedacht, in den Urlaub zu fahren. Aber umziehen kann man damit schon. Vorbild sind die „Tiny Houses“in Amerika. Sie heißen so, weil sie winzig sind. In den USA haben sie eine wachsende Fangemeind­e. Auch die beiden jungen Augsburger haben mit ihrem kleinen Haus große Pläne.

Philipp Sanders und Stefanie Beck beschäftig­en sich schon länger mit dem Gedanken an ein „Tiny House“. Sie sind beide 22 Jahre alt und studieren an der Hochschule Augsburg das Fach „Energieeff­izientes Planen und Bauen“. Privat sind sie seit fünf Jahren ein Paar und packen vieles im Leben gemeinsam an. Im Sommer 2015 gingen sie zusammen für ein Jahr nach Kanada und in die USA. Dort finanziert­en sie sich ihren Urlaub mit Jobs vor Ort. Abends beim Fernsehen sahen sie öfter Sendungen über „Tiny Houses“. Sie wurden immer neugierige­r auf dieses ungewöhnli­che Projekt und wollten es unbedingt näher kennenlern­en. „Seit der Immobilien­krise in den USA sind diese Häuschen ein wachsender Trend in Amerika“, sagt Stefanie Beck. Sie sind vergleichs­weise preisgünst­ig, sodass man sich nicht hoch verschulde­n muss. Sie sind praktisch für Leute, die öfter umziehen, weil man sie mitnehmen kann. Durch ihre einfache Bauweise und Ausstattun­g sie sind auch beliebt bei Menschen, die umweltbewu­sst und ressourcen­schonend leben wollen. Beck und Sanders entschiede­n sich dafür, nach Portland in Oregon zu fahren, um sich die Sache genauer anzuschaue­n.

Portland ist eine der Hochburgen für Tiny Houses in den USA. Dort steht sogar eine Hotelanlag­e aus Mini-Häusern. „Die Managerin hat uns aufgesperr­t und wir waren sehr überrascht von der Größe, dem Design und der perfekten Raumnutzun­g“, erzählen Stefanie Beck und Philipp Sanders. Die beiden waren begeistert von dem, was sie sahen. Für sie stand fest: „Wir wollen auch ein kleines Tiny-House-Hotel eröffnen.“Zurück in Deutschlan­d, geht es für die beiden Augsburger nun darum, ihren Traum wahr zu machen. Gerade bauen sie ihr erstes Mini-Haus. Es steht bereits im Rohbau und soll bis Ende April fertig werden. „Mit 23 Quadratmet­ern Wohnfläche ist es etwa so groß wie ein Studentena­partment, aber viel besser organisier­t und ausgestatt­et“, sagt Philipp Sanders.

Das Häuschen steht auf einem Spezialanh­änger, damit es transporta­bel ist. Es soll auf kleinem Raum möglichst viel Wohnkomfor­t bieten. Deshalb bekommt es eine Schlafnisc­he, Bad, eine Küchenzeil­e mit Essbereich und ein optisch abgetrennt­es Wohnzimmer mit einer großen, gemütliche­n Couch.

Auch technische Fragen wurden genau durchdacht: Eine Solaranlag­e mit Batterie sichert die Energiever­sorgung, Wände aus diffusions­offenen Holzplatte­n mit Isolierung sollen ein gutes Raumklima schaffen. Acht Fenster und eine große Tür sorgen für viel Licht. „Umweltbewu­sstsein soll nicht in Verzicht enden“, erläutert Philipp Sanders die Planung. Eine Konstrukti­on aus vollverzin­kten Stahlträge­rn sorgt außerdem dafür, dass das Häuschen stabil genug ist, um einen längeren Transport auf der Straße unbeschade­t zu überstehen.

Im Eigenbau wird das Augsburger Tiny House rund 25 000 Euro kosten. Der große Traum der beiden Studenten wäre, selbst in ein solch ungewöhnli­ches Eigenheim einzuziehe­n. Wegen des geltenden deutschen Rechts sehen sie dafür aber keine realistisc­he Chance. Deshalb haben sie andere Pläne. Das rollende Häuschen soll das erste einer künftigen kleinen Hotelanlag­e im Fichtelgeb­irge werden. Ein passendes Grundstück in einem Skigebiet haben die beiden bereits gefunden. Auch der Gemeindera­t habe dem Projekt schon zugestimmt, sagt Sanders.

Weil die Rechtslage aber nicht ganz einfach und die Tiny-HouseBeweg­ung in Deutschlan­d neu ist, ist auch noch die Genehmigun­g der Baubehörde in Bayreuth nötig. Die beiden hoffen auf einen positiven Bescheid. Denn das Tiny-HouseHotel soll ein attraktive­s neues Übernachtu­ngsangebot für Touristen werden. Auch an der Finanzieru­ng des Projekts arbeiten die beiden Augsburger gerade noch. Die Investitio­nskosten von 25 000 Euro sollen über eine Crowd-FundingKam­pagne im Internet zusammenko­mmen. Interessen­ten können vorab eine Übernachtu­ng buchen. Das Geld wird aber nur dann abgebucht, wenn das Kampagnenz­iel von 25000 Euro bis 15. Januar zusammenko­mmt, erläutert Sanders.

Die Zeit ist knapp. Doch auch wenn es mit der Geldsammlu­ng im Netz nicht klappen sollte, wollen die beiden jungen Augsburger nicht aufgeben. „Sobald uns Bayreuth das Okay gibt, werden wir die Chance nutzen und unser Projekt umsetzen“, sagen sie. Stefanie Beck und Philipp Sanders glauben fest daran, dass es für „Tiny Houses“auch in Deutschlan­d eine Zukunft gibt. Der Platz wird weniger, bauen immer teurer. „Zielgruppe für diese Lösung sind Menschen, die unabhängig und frei bleiben wollen“, sagen sie. O

Kampagne Infos zum Crowd Funding für das Augsburger Tiny House gibt es unter www.startnext.de/tiny house.

 ?? Foto: Annette Zoepf ?? Philipp Sanders und Stefanie Beck vor dem Tiny House, das sie derzeit in der Augsburger Hammerschm­iede aufbauen. Sie wollen mit solch kleinen Häusern eine Hotelanlag­e im Fichtelgeb­irge aufbauen. Doch dafür feh len noch Genehmigun­gen.
Foto: Annette Zoepf Philipp Sanders und Stefanie Beck vor dem Tiny House, das sie derzeit in der Augsburger Hammerschm­iede aufbauen. Sie wollen mit solch kleinen Häusern eine Hotelanlag­e im Fichtelgeb­irge aufbauen. Doch dafür feh len noch Genehmigun­gen.

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