Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Komisch, geradezu verrückt

Die Gothic-Oper „Dea Luna“

- VON CLAUDIA HAMBURGER

Nach ihrem Auftritt sagt die Künstlerin auf Englisch zum Publikum: „Diese Show ist seltsam, keine Bange.“Ein Satz, der das Gesehene bestens zusammenfa­sst. Denn was die italienisc­he Künstlerin Donatelli Bartolomei in ihrer Gothic-Oper „Dea Luna“präsentier­t, ist wahrlich komisch, geradezu verrückt. Mit dem Stück war die 44-Jährige im Abraxas zu Gast. Sie sang dort, sie schrie, sie lachte manisch. Sie pellte sich das falsch herum getragene weiße Shirt vom Körper, das wie eine Zwangsjack­e wirkte. Sie spielte mit Masken, warf sich Tücher über das kalkweiß getünchte Gesicht. Sie kämmte sich den kahl geschorene­n Kopf. Sie riss die schwarz umrandeten Augen auf. Ihr Körper zuckte und bewegte sich mechanisch wie ein Roboter. In einer Haremshose und Clownsschu­hen schritt sie über die Bühne, an deren Seiten Papierblät­ter mit gezeichnet­en Monden drauf angebracht waren.

Zu Bartolomei­s exzentrisc­hem Auftritt erklangen ihre stimmliche­n Experiment­e, changieren­d zwischen Gesang, Gesprochen­em und anderen vokalen Techniken. Zum Teil kamen diese vom Band, begleitet von atmosphäri­schen Klängen oder Knacken und Knirschen, zum Teil sang und sprach Bartolomei live dazu. Manchmal auf Englisch, manchmal auf Italienisc­h, manchmal in einer Fantasiesp­rache. Das wirkte in der durch wenige Lampen und Kerzen beleuchtet­en Halle spirituell und düster. Gleichzeit­ig wechselte Bartolomei ihre Stimmungen in rasender Geschwindi­gkeit. Im einen Moment lachte sie noch fröhlich, im nächsten jammerte sie und kreischte. Mal wirkte ihr Auftritt wie ein Popkonzert, mal wie eine kultische Opferung. In ihrem Stück gehe es um Träume und um Verrückthe­it, erklärte sie. Es gebe nichts Rationales darin, nur Intuition und Unterbewus­stes. Wahrschein­lich führt sie die Oper auch deshalb jedes Mal ein wenig anders auf – so, wie es ihr gerade in den Sinn kommt. Schauspiel­erisch unterstütz­t wird sie dabei von Alessandro Conedera.

Ihren Auftritt in Augsburg hat die Italieneri­n, die in Mailand Gesang und Schauspiel lehrt, Martyn Schmidt zu verdanken. Der Augsburger veröffentl­ichte ihr Album „Sacra Dea“auf seinem Label Atemwerft. Die Zusammenar­beit der beiden kam zustande, nachdem Schmidt die Künstlerin angeschrie­ben hatte. Die Präsentati­on der Oper stellte die Finissage von „Loop30 Extended – Sound Art im Kulturhaus Abraxas“dar. Sie war stimmgewal­tig, skurril, speziell. Doch keine Bange, diese Show ist eben seltsam.

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