Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Dieser Mann hielt einen Raubmörder fest
Auszeichnung Polizei ehrt Markus Pölsterl, der vor zwei Jahren nach einem missglückten Handtaschenraub mutig zur Tat schritt. Dass der Dieb zuvor 20 Jahre lang im Gefängnis saß, konnte er nicht wissen
Der versuchte Handtaschenraub in Haunstetten passierte vor mehr als zwei Jahren in der Landsberger Straße: Der Täter, der mit dem Rad unterwegs war, wollte am 13. November 2014 einer Fußgängerin die Handtasche entreißen. Dies misslang, er kam zu Sturz und wollte fliehen. Das Vorhaben scheiterte. Zwei Zeugen hatten den versuchten Raub beobachtet und hielten den Täter fest, bis die Polizei kam. Später stellte sich heraus, dass der Täter auch ein Messer dabei hatte.
Einer der beiden ist der heute 54-jährige Markus Pölsterl, der am Tatort ein Bettenfachgeschäft betreibt. Für sein damaliges Eingreifen wurde Pölsterl jetzt nachträglich geehrt. Aus den Händen des Polizeipräsidenten Michael Schwald erhielt er die Medaille für Verdienste um die Innere Sicherheit („Courage bringt Sicherheit“). Sie wird an Bürger verliehen, die durch ihr Eingreifen eine Straftat oder deren Fortsetzung verhindert haben und außergewöhnliche Zivilcourage gezeigt haben.
Was sich im ersten Moment womöglich gar nicht mal so spektakulär anhört, hat jedoch eine brisante Vorgeschichte. Denn bei dem Handtaschenräuber handelte es um einen verurteilten Raubmörder, der zuvor eine langjährige Haftstrafe verbüßt hatte. Er war im März 2014 der Haft entlassen worden. Die Tat in Haunstetten passierte wenige Monate später. Die Vorgeschichte konnte Markus Pölsterl nicht wissen, als er eingriff.
„Das hätte mich auch nicht gestört, ich hätte immer eingegriffen“, sagte Pölsterl am Dienstag gegenüber unserer Zeitung, als er von den damaligen Geschehnissen berichtehierdurch te. Es war ein Donnerstag, an dem er normalerweise den Laden, das „Bettenfachgeschäft Herr Holle“, geschlossen habe. Er saß in seinem Transporter auf dem Parkplatz an der Landsberger Straße, als er von dem Trubel unweit seines Geschäftes etwas mitbekam. Ein Mann hielt einen anderen im Schwitzkasten. Pölsterl reagierte instinktiv und informierte über Handy die Polizei. Zugleich ging er ins Geschäft und holte Handschellen. Mit den Handschellen bewaffnet, gelang es ihm mithilfe des anderen Mannes, den Täter an einem Gartenzaun festzusetzen. Pölsterl macht auch jetzt kein Geheimnis daraus, warum er Handschellen im Geschäft habe: „Ich wurde selbst einmal Opfer eines Überfalls.“
Polizeipräsident Schwald dankte dem Geschäftsmann am Dienstag bei einer kleinen Feier für dessen mutiges Einschreiten: „Sie haben einen aktiven Beitrag zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit geleistet.“Ursprünglich sollte Bayerns Innenminister Joachim Herraus mann die Medaille überreichen. Doch an diesem Termin konnte Pölsterl nicht anwesend sein. Daher fand jetzt nachträglich im Polizeipräsidium Schwaben Nord in Augsburg die Ehrung statt. Der zweite mutige Zeuge war direkt vom Innenminister ausgezeichnet worden. Er hatte dem Täter damals mit dem Auto den Fluchtweg abgeschnitten und ihn anschließend zu Boden gebracht.
Vom Raubmörder, der später zum Handtaschenräuber werden sollte, ist bekannt, dass er im Juli 2015 wieder verurteilt wurde. Das Landgericht schickte ihn für viereinhalb Jahren hinter Gitter. Das Gericht ordnete zudem Sicherungsverwahrung an. Der Mann werde erst wieder freikommen, wenn ein Gutachter ihm bescheinigt, dass er nicht mehr gefährlich ist.
Der Raubmord hatte sich im Jahr 1994 ereignet. Der Mann war schuldig gesprochen worden, eine 51-jährige Kioskverkäuferin in Pfersee erstochen zu haben. Er erbeutete damals rund 6000 Mark.