Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Rettung, wenn das Eis bricht
Notfall Schlitten, Seil und Taucheranzüge: Helfer der Wasserwacht üben in Haunstetten den Winter-Einsatz. Sie warnen davor, Seen zu betreten, denn die Eisschicht ist noch dünner, als man denkt
Merkwürdige Szenen im Naturfreibad Haunstetten: Ein junger Mann springt in bester Laune in ein Eisloch, mitten auf dem See. Zum Glück handelt es sich nicht um gefährlichen Leichtsinn, sondern um eine Eisrettungsübung der Wasserwacht. Um das „Opfer“muss man sich also keine Sorgen machen, denn der 21-jährige Wasserwachtler Johannes Weindl friert dank eines Trockentauchanzugs nicht. Zudem ist er angeleint, um sicher zu gehen, dass die Lage nicht so ernst werden konnte, wie sie aussieht. Augenzeugen gibt es ohnehin keine, denn das Naturfreibad Haunstetten ist um diese Jahreszeit nicht öffentlich zugänglich. Genau deshalb hatte sich die Kreiswasserwacht AugsburgStadt für diesen Ort als Schauplatz des Einsatzszenarios entschieden. Hier besteht keine Gefahr, dass das künstlich geschaffene Eisloch später zu einer realen Gefahr für nichts ahnende Passanten werden könnte.
Die Wasserwacht arbeitet ausschließlich ehrenamtlich. Im Sommer achtet sie an den Seen auf die Badenden, im Winter ist sie als Eiswache im Einsatz. Darüber hinaus sind mit Funkmelder ausgestattete Schnelleinsatzgruppen ganzjährig bereit, Menschen in Not zu helfen. Damit alle Retter auf den Einsatz vorbereitet sind, findet mindestens einmal im Jahr eine solche Übung für Alle statt. Das Alter der Teilnehmer war entsprechend gemischt: Der jüngste Retter war 16, der älteste 52 Jahre alt. „Wir haben heute absichtlich auch die Jungen rangelassen, damit sie wirklich üben können“, erklärte Günter Eisenrith. Der 47-Jährige ist Leiter der Kreiswasserwacht Augsburg-Stadt. Im Naturfreibad wird der frostige Ernstfall mit diversen Eisrettungsschlitten aller erdenklichen Größen geübt – vom aufblasbaren Schlitten, der wie eine Luftmatratze aussieht bis zum großen Modell für zwei Retter. Besonders problematisch wird eine reale Rettungsaktion, wenn das Opfer mit dem Kopf unter die Eisdecke gerät, denn dann ist eine Orientierung nahezu unmöglich. Daher übten auch die Rettungstaucher ihren Einsatz.
Unter den Helfern sind auch einige, die zum ersten Mal aufs Glatteis geführt wurden. Wer sonst in Schwimmbädern auf die Badenden aufpasst, muss auf dem Eis erst einmal umlernen. Helfen können die Retter nur, wenn sie sich dabei nicht selbst unnötig in Gefahr begeben. Daher lernen die Männer und Frauen, sich dem Eisloch nur in liegen- der Position auf dem Rettungsschlitten zu nähern, um eine möglichst großflächige Verteilung des Körpergewichts zu gewährleisten. Das freiwillige „Opfer“wird wieder und wieder aus dem Eisloch gezogen, dann ziehen die Kollegen Schlitten mitsamt Retter und Gerettetem zurück ans Ufer.
Vier der fünf Einheiten der Wasserwacht waren an der Übung beteiligt, insgesamt rund 25 Einsatzkräfte. Lediglich eine Truppe verblieb am Kuhsee, um zu verhindern, dass dort geschehen könnte, was in