Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Gespannter Blick in die Zukunft
Neujahrsempfang Die schwäbische Wirtschaft läuft gut. Es gibt aber viele Themen, die den Unternehmen Bauchschmerzen bereiten. Handlungsbedarf sieht auch Gastredner Alexander Graf Lambsdorff
Die Wirtschaft in der Region läuft gut, doch die Sorge bei den Unternehmen ist groß, dass sich dies ändern könnte. Das zeigte sich gestern Abend beim gemeinsamen Neujahrsempfang von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) und den bayerischen Metall- und Elektroarbeitgeberverbänden (bayme vbm). Etwa 500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft kamen ins Rathaus.
Die Liste der Probleme, die Schwabens vbw-Vorsitzender Philipp Erwein Prinz von der Leyen aufzählte, war lang. Angefangen bei den geopolitischen Krisen, dem Flüchtlingsthema über den „bedenklichen“Zustand der Europäischen Union bis hin zum Brexit. „Wir brauchen eine funktionsfähige EU. Die anderen europäischen Länder sind sehr wichtige Handelspartner“, so von der Leyen.
Der vbm-Vorsitzende Thomas Schwaninger betonte, dass „Vorsicht“geboten sei mit Blick auf die Zukunft. Der Brexit und die Wahl Trumps könnten weitreichende Folgen haben. Viele Unternehmen warten gespannt auf die weiteren Entwicklungen, so auch der Autozulieferer Sortimo aus Zusmarshausen. „Wir fahren auf Sicht und haben Pläne für mehrere Szenarien erarbeitet. Denkbar ist unter anderem, selber in Großbritannien oder den USA zu produzieren oder mit einem Partner zusammenzuarbeiten. Wir müssen schauen, was wirtschaftlich sinnvoll ist“, sagt Geschäftsführer Klaus Emler. Beides seien sehr wichtige Märkte für sein Unternehmen, so Emler.
Gastredner beim Empfang war der FDP-Europaabgeordnete Alexander Graf Lambsdorff. Als „Bedenklich oder desolat“würde er die Lage der EU nicht bezeichnen, sieht aber Handlungsbedarf, so der Liberale. Es gehe nicht um mehr oder weniger Europa, sondern darum es besser zu machen. Der Trend zurück zum Nationalstaat sei aber nicht die richtige Antwort. „Wir brauchen mehr Europa bei der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität und bei der Sicherung unserer Außengrenzen.“
Zentral ist für ihn zudem, das Vertrauen ins Wirtschaftssystem und die Politik zurückzubringen, da sei in der Bankenkrise viel verloren gegangen bei den Bürgern. Seine Vorschläge: marode Banken müssen entschlossener abgewickelt werden, Griechenland die Eurozone verlassen und Staaten zahlungsunfähig werden können. Für entscheidend hält er zudem, dass die Menschen verstehen, dass offene Märkte unseren Wohlstand und Jobs sicherten. Er kritisierte die „Kampagnen“gegen die Freihandelsabkommen mit den USA und Kanada. „Wachstum findet außerhalb der EU statt, da müssen wir dabei sein. Setzt sich die ablehnende Haltung fest, haben wir ein großes Problem.“