Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Als Privatmann lernte er Augsburg kennen

Nachruf Roman Herzog kam als Bundespräs­ident nie in die Stadt. Er hatte daher schon ein schlechtes Gewissen. Doch nach seiner Amtszeit holte er die Besuche nach

- VON MICHAEL HÖRMANN

Roman Herzog war von 1994 bis 1999 Bundespräs­ident. In diesen fünf Jahren schaffte er es nicht, Augsburg zu besuchen. Das bedauerte er sehr, wie er zu einem späteren Zeitpunkt verriet, als er dann doch in Augsburg war. Als Altbundesp­räsident kam er nicht nur einmal an den Lech. Vor Ort gefiel es immer sehr gut, verriet er bei einem privaten Abstecher. Denn mit dem Augsburger Raum verband der Altbundesp­räsident, der am Dienstag im Alter von 82 Jahren gestorben ist, eine familiäre Beziehung. Sein Großvater väterliche­rseits stammte aus Langenneuf­nach im Landkreis Augsburg.

Es war im November 2001, als der Weg den Altbundesp­räsidenten nach Augsburg führte. Der Behinderte­nbeirat hatte angefragt und eine positive Antwort bekommen: Zur Auszeichnu­ng des behinderte­nfreundlic­hsten Arbeitgebe­rs war Herzog nach Augsburg gekommen. Und da er in seiner Amtszeit nie in der Stadt war, trug er sich damals in das Goldene Buch ein. Es war zu Zeiten von Oberbürger­meister Peter Menacher (CSU).

Der Blick ins Zeitungsar­chiv schildert die damaligen Abläufe: „Ich habe ein schlechtes Gewissen“, sagt Herzog im Fürstenzim­mer des Rathauses. Immer wieder habe er wegen des knappen Terminkale­nders Einladunge­n an den Lech ablehnen müssen. Die Idee, einen Arbeitgebe­r mit Herz für Behinderte zu ehren, habe ihm aber so gut gefallen, dass er zugesagt habe. „Solche Auszeichnu­ng gibt es nirgendwo anders“, lobte der Altbundesp­räsident. Und dann verriet er im November 2001 zudem, dass ihn der Weg im nächsten Jahr wieder nach Augsburg führen wird.

Am 26. Mai 2002 war er im Thea- ter zu Gast. Bei dieser Gelegenhei­t lernte der CDU-Politiker dann auch den damals frisch gekürten Augsburger Oberbürger­meister kennen. Paul Wengert (SPD) hatte das Amt von Menacher übernommen. Bei der Veranstalt­ung „Reden über Frieden und Toleranz“, veranstalt­et von Kulturbüro und dem Forum Interkultu­relles Leben und Lernen (FILL), sprach Herzog vor 550 Besuchern über das Thema „Modelle der Friedenspo­litik“. Hansi Ruile, damaliger Leiter der Kresslesmü­hle, sagte danach: „Eine sehr gute Rede in einem guten Kontext“. Auch der heutige CSU-Stadtrat Max Weinkamm stimmte zu. „Ich habe mich köstlich amüsiert.“

Köstlich amüsiert und gut gespeist hatte der Altbundesp­räsident vor diesen beiden offizielle­n Anlässen schon bei einem ganz privaten Besuch in Augsburg, der von ihm eher still und leise gepflegt wurde. An einem Oktoberabe­nd im Jahr 2001 ließ sich Herzog im Gasthaus „Zum Weissen Hasen“in der Annastraße eine Ente mit Knödel schmecken. Fotografie­ren war erlaubt, aber nicht beim Essen. Grund für den Besuch: Zusammen mit seiner Ehefrau Alexandra Freifrau von Berliching­en, die er Anfang September 2001 geheiratet hatte, saß er am Tisch. Auch 80 Frauen und Männer aus Jagsthause­n warten auf Grießnocke­rlsuppe und auf Bauernente mit Blaukraut und Kartoffelk­nödel. Die Gäste aus der Nähe von Heilbronn machten ihren jährlichen Betriebsau­sflug. Die Laienschau­spieler waren bei Burgfestsp­ielen in Jagsthause­n aktiv. Die Baronin von Berliching­en war die Theaterlei­terin. Nach dem Essen wartete noch der Besuch in der Puppenkist­e auf die Jagsthause­ner. Der Altbundesp­räsident war dabei und lernte bei dieser Gelegenhei­t den Augsburger Kasperl kennen.

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Foto: Silvio Wyszengrad Oktober 2001: Das Ehepaar Herzog ganz privat im Wirtshaus „Zum Weissen Hasen“. Kurz zuvor hatte Roman Herzog die Baronin Alexandra Freifrau von Berliching­en geheiratet.
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Foto: Silvio Wyszengrad November 2001: Altbundesp­räsident Roman Herzog trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein, der damalige Oberbürger­meister Peter Menacher gibt eine leichte Hilfe stellung.
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Foto: Fred Schöllhorn Mai 2002: Der damalige OB Paul Wen gert und das Ehepaar Herzog vor dem Theater.

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