Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Als Privatmann lernte er Augsburg kennen
Nachruf Roman Herzog kam als Bundespräsident nie in die Stadt. Er hatte daher schon ein schlechtes Gewissen. Doch nach seiner Amtszeit holte er die Besuche nach
Roman Herzog war von 1994 bis 1999 Bundespräsident. In diesen fünf Jahren schaffte er es nicht, Augsburg zu besuchen. Das bedauerte er sehr, wie er zu einem späteren Zeitpunkt verriet, als er dann doch in Augsburg war. Als Altbundespräsident kam er nicht nur einmal an den Lech. Vor Ort gefiel es immer sehr gut, verriet er bei einem privaten Abstecher. Denn mit dem Augsburger Raum verband der Altbundespräsident, der am Dienstag im Alter von 82 Jahren gestorben ist, eine familiäre Beziehung. Sein Großvater väterlicherseits stammte aus Langenneufnach im Landkreis Augsburg.
Es war im November 2001, als der Weg den Altbundespräsidenten nach Augsburg führte. Der Behindertenbeirat hatte angefragt und eine positive Antwort bekommen: Zur Auszeichnung des behindertenfreundlichsten Arbeitgebers war Herzog nach Augsburg gekommen. Und da er in seiner Amtszeit nie in der Stadt war, trug er sich damals in das Goldene Buch ein. Es war zu Zeiten von Oberbürgermeister Peter Menacher (CSU).
Der Blick ins Zeitungsarchiv schildert die damaligen Abläufe: „Ich habe ein schlechtes Gewissen“, sagt Herzog im Fürstenzimmer des Rathauses. Immer wieder habe er wegen des knappen Terminkalenders Einladungen an den Lech ablehnen müssen. Die Idee, einen Arbeitgeber mit Herz für Behinderte zu ehren, habe ihm aber so gut gefallen, dass er zugesagt habe. „Solche Auszeichnung gibt es nirgendwo anders“, lobte der Altbundespräsident. Und dann verriet er im November 2001 zudem, dass ihn der Weg im nächsten Jahr wieder nach Augsburg führen wird.
Am 26. Mai 2002 war er im Thea- ter zu Gast. Bei dieser Gelegenheit lernte der CDU-Politiker dann auch den damals frisch gekürten Augsburger Oberbürgermeister kennen. Paul Wengert (SPD) hatte das Amt von Menacher übernommen. Bei der Veranstaltung „Reden über Frieden und Toleranz“, veranstaltet von Kulturbüro und dem Forum Interkulturelles Leben und Lernen (FILL), sprach Herzog vor 550 Besuchern über das Thema „Modelle der Friedenspolitik“. Hansi Ruile, damaliger Leiter der Kresslesmühle, sagte danach: „Eine sehr gute Rede in einem guten Kontext“. Auch der heutige CSU-Stadtrat Max Weinkamm stimmte zu. „Ich habe mich köstlich amüsiert.“
Köstlich amüsiert und gut gespeist hatte der Altbundespräsident vor diesen beiden offiziellen Anlässen schon bei einem ganz privaten Besuch in Augsburg, der von ihm eher still und leise gepflegt wurde. An einem Oktoberabend im Jahr 2001 ließ sich Herzog im Gasthaus „Zum Weissen Hasen“in der Annastraße eine Ente mit Knödel schmecken. Fotografieren war erlaubt, aber nicht beim Essen. Grund für den Besuch: Zusammen mit seiner Ehefrau Alexandra Freifrau von Berlichingen, die er Anfang September 2001 geheiratet hatte, saß er am Tisch. Auch 80 Frauen und Männer aus Jagsthausen warten auf Grießnockerlsuppe und auf Bauernente mit Blaukraut und Kartoffelknödel. Die Gäste aus der Nähe von Heilbronn machten ihren jährlichen Betriebsausflug. Die Laienschauspieler waren bei Burgfestspielen in Jagsthausen aktiv. Die Baronin von Berlichingen war die Theaterleiterin. Nach dem Essen wartete noch der Besuch in der Puppenkiste auf die Jagsthausener. Der Altbundespräsident war dabei und lernte bei dieser Gelegenheit den Augsburger Kasperl kennen.