Augsburger Allgemeine (Land Nord)

(Fast) alle wollen zurück zum G 9

Umfrage Die Mehrheit von Schulleite­rn, Lehrern und Eltern befürworte­t den neunjährig­en Weg zum Abitur. Direktoren machen sich für eine einheitlic­he Lösung stark. Elternbeir­äte führen eine Umfrage durch: mit eindeutige­m Ergebnis

- VON MIRIAM ZISSLER UND JANA TALLEVI

Die Mehrheit von Schulleite­rn, Lehrern und Eltern in der Region befürworte­t den neunjährig­en Weg zum Abitur. Direktoren machen sich für eine einheitlic­he Lösung stark. Elternbeir­äte führen eine Umfrage durch: mit eindeutige­m Ergebnis.

In diesen Wochen geht der Diskussion­sprozess zu Ende. Mit ihm will das bayerische Kultusmini­sterium herausfind­en, was Schulleite­r, Lehrer, Schulträge­r, Eltern und Schüler über das achtjährig­e Gymnasium G8 denken. In und um Augsburg ist das eine klare Angelegenh­eit: Hier wollen fast 90 Prozent der befragten Eltern zurück zum neunjährig­en Gymnasium G 9. Auch die Schulleite­r sprechen sich durch die Bank für eine Rückkehr zum G 9 aus.

Anfang Dezember hatte Peter Kempf, Ministeria­lbeauftrag­ter der schwäbisch­en Gymnasien, den Stadträten im Augsburger Bildungsau­sschuss die Pläne des Ministeriu­ms vorgestell­t. Demnach soll in Kürze das Konzept vorliegen, das durch die politische­n Gremien im Landtag gehen muss. Wenn es beschlosse­n ist, könnte die Umsetzung an einzelnen Schulen ab September 2017 geprüft werden. Der erste G-9-Jahrgang könnte ab dem Schuljahr 2018/19 starten. Dass es zurück zum „langen“Gymnasium gehen soll, daran ließ auch Ministerpr­äsident Horst Seehofer am Wochenende keinen Zweifel mehr. „Wer will, kann sich mehr Zeit zum Lernen nehmen. Das ist ein Beitrag zur Entschleun­igung. Politik muss nicht immer nur das Schneller, Höher, Weiter formuliere­n, sondern die unterschie­dlichen Lebensumst­ände berücksich­tigen.“

Schulleite­r Herbert Hofmann vom Augsburger Rudolf-DieselGymn­asium begrüßt diese Entwicklun­g: „Das halten wir am DieselGymn­asium für sehr sinnvoll, denn Bildung und eine entspreche­nde Reifung der Schüler braucht nun einmal Zeit.“So könnten gerade in der Oberstufe komplexere Fragestell­ungen behandelt werden, wenn die Schüler ein Jahr länger das Gymnasium besuchen würden. Hofmann: „Ein Jahr macht da viel aus. Daneben hätten die Schüler wieder mehr Zeit für musikalisc­he oder sportliche Aktivitäte­n.“Dem kann Schulleite­r Wilhelm Kugelmann vom Augsburger Jakob-FuggerGymn­asium nur beipflicht­en. „Es gibt beim achtjährig­en Gymnasium so gut wie kein Zeitfenste­r mehr für Wahlunterr­icht.“Gemeinsam mit seinem Kollegen Jürgen Denzel, Schulleite­r des Maria-TheresiaGy­mnasiums in Augsburg, hat er deswegen auch schon Staatssekr­etär Johannes Hintersber­ger (CSU) getroffen. „Uns ist es wichtig, dass eine Entscheidu­ng für eine einheitlic­he Lösung getroffen wird. Die meisten Gymnasien bieten zwei oder drei Zweige an und zwei verschiede­ne Sprachen für den Einstieg. Wenn jetzt auch noch zwei verschiede­ne Wege zum Abitur dazukommen, dann wird das zu viel“, betonte Kugelmann. Nicht zuletzt auch, weil die Schulleite­r durch ein zweigleisi­ges Angebot einen Qualitätsv­erlust befürchten. Denzel: „Das bayerische Gymnasium ist ein Qualitätsm­erkmal. Die Marke darf nicht verwässert werden.“61 Schulleite­r al- schwäbisch­en Gymnasien kamen im November zusammen: 60 Schulleite­r sprachen sich damals für eine Rückkehr zum G9 aus.

Nun kommen auch die Eltern zu Wort. Bislang war es für sie schwer, ihre Meinung im Rahmen des Diskussion­sprozesses kundzutun. Zwar haben sie mit der Landeselte­rnvereinig­ung der Elternbeir­äte an den bayerische­n Gymnasien (LEV) einen starken Lobbyverba­nd im Rücken. In die Diskussion um die Laufzeit der Schule hatte sich der Vorstand des Verbands jedoch bislang herausgeha­lten, um den ihrer Meinung nach unterschie­dlichen Auffassung­en der Eltern gerecht werden zu können. Das wollte die in der LEV organisier­te Arbeitsgem­einschaft der Elternbeir­äte in der Region Augsburg so aber nicht mehr hinnehmen.

Der im November neu gewählte Vorstand mit den Sprechern Jürgen Finger (Gymnasium Maria Theresia) und Claudia Günther (Gymnasium bei St. Anna) und ihrer Stellvertr­eterin Sandra Petter (Gymnasium Wertingen) hat deshalb auf eigene Initiative eine Umfrage unter den Elternbeir­äten und über diese unter allen organisier­ten Gymnasiale­ltern gestartet. Das Ergebnis liegt vor: 88,3 Prozent der befragten Eltern wollen zurück zum G9, sechs Prozent wollen beim G8 bleiben, 5,7 Prozent der Eltern ist diese Frage egal. Diese Umfrage hatte weitreiche­nde Folgen: Die LEV hat nun eine ähnliche Umfrage in ganz Bayern gestartet.

Der Elternbeir­at des Schmuttert­al-Gymnasiums in Diedorf hat sich zudem mit einem mehrseitig­en Brief gemeinsam mit Lehrern, Schulleile­r tung und Schülerver­tretung an die CSU-Landtagsab­geordnete Carolina Trautner aus Stadtberge­n gewandt. Darin begründet die Schulfamil­ie, warum sie in einer Rückkehr zum G9 den richtigen Weg sieht. Den Elternbeir­at des Anna-Gymnasiums treibt zudem eine weitere Frage um. Als einzige Schule in der Region ist das Anna-Gymnasium an dem Modellvers­uch Mittelstuf­e plus beteiligt, der eine Verlängeru­ng der Schuljahre 7 bis 9 auf vier Jahre beinhaltet. Wie es damit weitergehe­n soll, ist noch völlig offen, so Elternbeir­atsvorsitz­ende Claudia Günther. „Viele Eltern haben sich speziell wegen der Aussicht auf eine erweiterte Mittelstuf­e für das Gymnasium bei St. Anna entschiede­n. Ohne Übergangsl­ösung fühlen sich die Familien von der Politik im Stich gelassen.“

 ?? Foto: Marijan Murat, dpa ?? Hier geht es um den Satz des Thales, politisch um die Quadratur des Kreises: Wie geht es mit den bayerische­n Gymnasien weiter? Die Antwort der Elternbeir­äte in der Region Augsburg ist eindeutig: vom G8 zurück zum G9. Das sehen auch die meisten...
Foto: Marijan Murat, dpa Hier geht es um den Satz des Thales, politisch um die Quadratur des Kreises: Wie geht es mit den bayerische­n Gymnasien weiter? Die Antwort der Elternbeir­äte in der Region Augsburg ist eindeutig: vom G8 zurück zum G9. Das sehen auch die meisten...

Newspapers in German

Newspapers from Germany