Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Hinter den Türen eines Lehrerzimmers
Serie Eines der Geheimnisse des Paul-Klee-Gymnasiums lauert im ersten Stock: Der Ort, den Schüler nicht betreten. Der Ort, an dem Lehrer ihre Pause verbringen. Was geschieht dort?
Gersthofen Der Ort, um den sich am Paul-Klee-Gymnasium wohl die meisten Legenden ranken, liegt im ersten Stock hinter einer grünen Tür: das Lehrerzimmer. Geklopft hat dort bestimmt jeder Schüler schon mal, doch nur die wenigsten sind je über die Türschwelle getreten.
Wer jedoch glaubt, dass die Lehrer in der Pause die Füße auf den Tisch legen, Musik hören oder mit ihren Smartphones Pokémon jagen, der liegt falsch. „Für uns ist die Pause reine Arbeitszeit“, sagt Eva Rebel, die Ethik, Sport und Sozialkunde unterrichtet. Ela Steiner, Latein- und Englischlehrerin, sagt: „Solange man hier ist, hat man keine Ruhe.“
Nach Ruhe und Entspannung sieht es während der 20-minütigen Pause wirklich nicht aus: Überall liegen Schulbücher, Zettel und Stifte herum. Mit jeder verstreichenden Pausenminute treffen weitere Lehrer ein. Fast 100 arbeiten am Paul-KleeGymnasium. Über die Tische hinweg rufen sie sich zu. Während Heinz Auernhamer, Lehrer für Englisch, Geschichte und Sozialkunde, sich ein Butterbrot in den Mund schiebt, sagt er: „Wir erledigen in der Pause viel Organisatorisches, führen dabei noch drei Gespräche gleichzeitig, und draußen wartet schon wieder ein Schüler.“
Für Privates reicht die Pause nicht. „Vielleicht mal für ein paar Satzfetzen, aber für tiefgründige Gespräche ist nicht genug Zeit“, sagt Lehrerin Steiner. Das komme dann in der Freizeit. Privat unternähmen sie viel gemeinsam, gingen Glühwein trinken, schwimmen, Mountainbike fahren, sagt Lehrerin Rebel und erzählt schmunzelnd: „Wir Lehrer sind für Schüler keine normalen Menschen, wir werden komplett mit unserer Rolle identifiziert. Wenn mich Schüler im Kino oder beim Konzert treffen, dann sind sie immer ganz erstaunt.“
Nach Entspannung klingt die Pause nicht, ganz im Gegenteil. Aber was ist anstrengender für Lehrer: Unterricht oder Pause? Christoph Steinbrecher, der Geografie und Physik unterrichtet, sagt: „Der Lehrer steht im Unterricht immer im Fokus. 30 Augenpaare mustern dich, das geht bei den Schuhen los und hört bei der Frisur auf.“Schüler hätten es leichter, die könnten da einfach abschalten.
Eine Pause im Lehrerzimmer scheint also gar nicht so aufregend zu sein, wie viele Schüler denken. Aber jetzt mal ehrlich, lästern Lehrer in der Pause über ihre Schüler? „Nein“, sagt Steinbrecher. „Wenn mich ein Schüler nervt, dann sage ich ihm das persönlich.“Über das Verhalten einer Klasse sprechen sie aber schon. Wenn sich eine Klasse in der vorherigen Stunde nicht gut benommen hat, weiß der nachfolgende Lehrer Bescheid. „Dann muss ich auf Zuruf strenger sein“, nennt Rebel das.
Wie ist das eigentlich mit Lieblingsschülern? Gibt es die oder ist das nur so ein Klischee? Eva Rebel sagt: „Ich glaube nicht. Man muss halt professionell genug sein, sich Sympathien nicht anmerken zu lassen.“Eine Extrawurst aus Wohlwollen gebe es also nicht bei ihr. Sie sagt: „Ich hoffe, die Schüler sehen das auch so. Ich frage jetzt direkt mal nach, ob die Schüler das Gefühl haben, dass ich jemanden bevorzuge.“O Ein Jahr am Paul Klee Gymnasium Was passiert in zwölf Monaten an ei nem Gymnasium? Das wollen wir wissen. Deswegen stellen wir euch in unserer Serie am Beispiel des Gersthofer Gymna siums in diesem Schuljahr jeden Monat Schüler, Lehrer und Mitarbeiter mit ihren Geschichten vor.