Augsburger Allgemeine (Land Nord)
Mit Behinderung kochen und essen
Manchmal bin ich sauer. Ich bin sauer, weil ich eingeschränkt bin. Ich erkläre es euch einmal: Durch meine Behinderung kann ich nicht richtig sprechen und mich auch nicht verständlich ausdrücken. So habe ich oft Wünsche, die keiner kennt. Zum Beispiel beim Thema Essen: Was es bei den Eltern gibt, das gibt es eben. Aber am liebsten möchte ich mir ein leckeres Mahl selbst zubereiten. Seit ich in Gersthofen meine eigene Bude habe, entscheide ich schon über den Inhalt meines Kühlschrankes selber, aber es gibt dennoch Hindernisse. Meine Assistentinnen, die mich im Alltag unterstützen, sind fast alle Vegetarier. Ich hingegen liebe Fleischgerichte. Wäre ja nicht schlimm, aber eine Vegetarierin kann halt mal keinen Schweinebraten kochen, und ich möchte es ihr auch nicht zumuten.
Probleme lauern für mich auch im Supermarkt
Auch der Einkauf im Supermarkt hat so seine Tücken: Durch meine autistischen Züge bedingt, renne ich im Einkaufsladen immer zu den gleichen Produkten oder nehme einfach planlos irgendetwas, das mir gar nicht schmeckt. Könnt ihr das verstehen? Für euch mag das schwierig sein, zu verstehen: ein Mensch, der seine Wünsche nicht zum Ausdruck bringen kann. Seit ich über die sogenannte gestützte Kommunikation schreibe, geht es mir viel, viel besser. Langjährige Begleiterinnen wissen mir so gut zu helfen, dass ich mich zunehmend auch bei der Wahl der Speisen verwirklichen kann.
Essen ist etwas Schönes und sollte zelebriert werden in guter Atmosphäre. Gott sei Dank bin ich nicht im Heim und kann mir mein heimeliges Umfeld selbst schaffen. Ich liebe es, mit meinem Mitbewohner zusammen zu speisen. Meist sind wir dabei zu viert: er mit seiner Assistenz und ich mit meiner. Dabei entstehen oft wunderbare Gespräche, und ich fühle mich aufgehoben in einer guten sozialen Gemeinschaft mit lieb gewonnenen Menschen um mich herum. Meiner Meinung nach ist es ein Menschenrecht, zu entscheiden, was und mit wem man isst. So lautet mein Appell: Lasst euch das Essen nicht vermiesen, sondern genießt es mit Wonne, dann habt ihr nicht nur körperliche Kräfte, sondern seid auch seelisch gut genährt. Guten Appetit! O
ist 22 Jahre alt und seit ihrer Geburt schwerbehindert. Sie ist halbseitig gelähmt und kann nicht sprechen, sondern nur Laute von sich geben. Zusätzlich leidet sie an Dyspraxie, einer Koordinationsstörung, bei der ihr Gehirn nicht weiß, wo sich der Körper befindet. Ihr fällt es schwer, ihre Glied maßen zu steuern. In unserer Kolumne schreibt Franziska in unregelmäßigen Abständen über den Alltag mit Behinde rung. Mithilfe der sogenannten ge stützten Kommunikation kann Franziska sich ausdrücken. Dazu zeigt sie mit dem Finger Buchstaben auf einer Tafel, eine Assistentin setzt diese zu Worten zusammen. Wer mehr über Franziska erfahren will, schaut auf ihren Blog: www.franziskaottlik.wordpress.com