Augsburger Allgemeine (Land Nord)

Schäuble bleibt stur: Er will Schulden tilgen

Haushalt Die deutsche Wirtschaft brummt, die Steuern sprudeln. Bund, Länder, Kommunen und Sozialkass­en verzeichne­n einen Überschuss von über 19 Milliarden Euro. An Vorschläge­n, was mit dem Plus passieren sollte, mangelt es nicht

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Die Staatskass­en glänzen erneut mit hohen Übeschüsse­n. Nicht nur der Bund erwirtscha­ftete 2016 ein saftiges Plus – das zweite Mal in Folge. Geht es nach Kassenwart Wolfgang Schäuble (CDU), sollten die zusätzlich­en Milliarden zum Abbau alter Schulden genutzt werden.

Wie kam es zum imposanten Überschuss von 6,2 Milliarden Euro allein beim Bund?

Zunächst einmal lief die Wirtschaft gut, die Beschäftig­ung erreicht ein Rekordnive­au. Entspreche­nd höher fielen die Steuereinn­ahmen aus. Auch ein etwas höherer Bundesbank­gewinn als unterstell­t schlägt zu Buche. Zugleich profitiert Schäuble wie auch seine Länderkoll­egen von den Niedrigzin­sen, was Kosten für Altkredite drückt.

Steht nur der Bund so gut da?

Nein. Bund, Länder, Kommunen und Sozialkass­en insgesamt weisen für 2016 einen gesamtstaa­tlichen Überschuss von gut 19 Milliarden Euro aus – oder 0,6 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Allerdings rechnen die Statistike­r anders und kommen auf ein höheres Plus für den Bund. Länder und Kommunen haben auch von Entlastung­en durch den Bund bei Flüchtling­skosten in Höhe von fast 9,1 Milliarden Euro profitiert. Auch das dürfte dem ein oder anderen beim Etat-Plus geholfen haben.

Was wurde aus dem Überschuss des Bundes von 2015?

Die gut zwölf Milliarden packte Schäuble in eine Rücklage, um die Flüchtling­skosten finanziere­n zu können. Aus dieser Reserve von 12,8 Milliarden Euro sollten 2016 rund 6,1 Milliarden genutzt werden, in diesem Jahr 6,7 Milliarden. Das Polster musste bisher nicht angezapft werden. Es konnte sogar noch ein Nachtragse­tat auf den Weg gebracht werden mit zusätzlich­en Ausgaben von 3,5 Milliarden Euro für Investitio­nen in marode Schulen finanzschw­acher Kommunen.

Was schlägt Schäuble nun vor?

Nach den geltenden Regeln müsste auch der Überschuss von 2016 automatisc­h wieder in die Rücklage für die Flüchtling­skosten fließen. Geht es aber nach dem Bundesfina­nzminister und Haushaltse­xperten der Union, sollte das zusätzlich­e Geld zur Schuldenti­lgung genutzt werden. Schließlic­h steht allein der Bund immer noch mit gut 1270 Milliarden Euro in der Kreide. In den Beratungen über den Nachtragse­tat 2016 sollten daher die Vorgaben geändert werden – und letztlich frühere Regeln wieder gelten.

Welche Vorschläge zur Verwendung des Überschuss­es gibt es?

Daran mangelt es nicht. Obwohl es streng genommen nur darum geht, wie man den Nachtragse­tat 2016 nochmals ändert. Das begrenzt die Möglichkei­ten eigentlich. Die Rücklage ist zweckgebun­den, kann also nicht beliebig genutzt werden. Und mit dem Nachtragse­tat wurden Investitio­nen ja schon erhöht. Das Geld fließt oft nicht ab. Aber es verfällt nicht, die Summe könnte durchaus nochmals erhöht werden.

Wie sehen die Forderunge­n aus der schwarz-roten Koalition aus?

SPD-Haushälter pochen darauf, die Investitio­nen weiter aufzustock­en und Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen zu entlasten. Bayerns Finanzmini­ster Markus Söder (CDU) fordert in der Bild-Zeitung, der Staat sollte Bürgern etwas zurückgebe­n. Sein Parteikoll­ege Peter Ramsauer betont, der deutsche Steuerzahl­er müsse jetzt Vorrang vor den Flüchtling­skosten haben. Kommen solche Forderunge­n nur aus dem Koalitions­lager? Auch das Ifo-Institut plädiert dafür, die Bürger durch eine Senkung der Einkommens­teuer zu entlasten. Zumindest teilweise sollten Einbußen der Sparer durch die Niedrigzin­sen ausgeglich­en und Zinserspar­nisse des Staates zurückgege­ben werden. Aus Sicht des Steuerzahl­erbundes sollte der Solidaritä­tszuschlag schon jetzt abgebaut werden. Geht es nach den Linken, sollte Kinderarmu­t stärker bekämpft werden, die Grünen sind für zusätzlich­e Investitio­nen.

Ist der riesige Finanzpuff­er nicht auch eine Vorsorge?

Durchaus. Schließlic­h gibt es etliche Unwägbarke­iten. Auch muss 2018 noch ein Etat-Loch von immerhin etwa fünf Milliarden Euro im Bundesetat gestopft werden. Zudem sind nach der Bundestags­wahl Steuersenk­ungen geplant, die weitere Lücken reißen werden.

André Stahl, dpa

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